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Ausgabe:

Januar/2002

Spalte:

44 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Frey, Jörg

Titel/Untertitel:

Die johanneische Eschatologie. III: Die eschatologische Verkündigung in den johanneischen Texten.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2000. XVII, 600 S. gr.8 = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 117. Lw. ¬ 99,00. ISBN 3-16-147088-5.

Rezensent:

Klaus Wengst

Nachdem ich die ersten beiden Bände dieses - von F. selbst so genannten (Bd. 3, VII) - opus magnum relativ ausführlich besprochen habe (ThLZ 125, 2000, 751-756), kann ich mich jetzt mit einer recensio parva begnügen. Dieser dritte Band will "die exegetische ,Summe', die historische und theologische Interpretation der eschatologischen Aussagen in den johanneischen Schriften" bieten (VII). Man kann F.s Arbeitsweise als "integrativ" bezeichnen. Wie schon in den vorigen Bänden wendet er sich begründet gegen Literarkritik. Das bedeutet jedoch keinen grundsätzlichen Verzicht auf Diachronie (32). Er will "je im Rahmen begrenzter Texteinheiten nach den vom Evangelisten rezipierten und bei seinen Adressaten vorausgesetzten Traditionen oder Textstücken" fragen (33). Wie schnell man selbst dabei im Bereich von Mutmaßungen ist, zeigen immer wieder die auf S. 35-42 gebrauchten Formulierungen. F.s Exegesen jedoch bestehen m. E. die Probe, dass die vorliegenden Texte als so komponierte und gewollte Einheiten verstanden werden können und müssen.

Integrativ ist auch F.s Sicht hinsichtlich des Verhältnisses von Evangelium und Briefen. Er nimmt zwar die in Joh 21,24 f. vorliegende Unterscheidung vom Autor des Evangeliums ernst (7f.), beeilt sich aber mit der Versicherung, dass "man Joh 21 auch nicht weit von dem Werk des ,eigentlichen' Evangelisten, des Autors von Joh 1,1-20,30 [sic], abrücken" dürfe (8). So dient ihm vor allem Joh 21 dazu, die Johannesbriefe vor dem Evangelium anzusetzen (53-60; dass Joh 6,60 ff. dieselbe Situation widerspiegele wie 1Joh 2,18 f., ist keineswegs ausgemacht). Indem er Evangelium und Briefe eng zusammen sieht, muss er für sie auch dieselbe Situation annehmen. Angesichts der wiederholt betonten Wichtigkeit, "die ursprüngliche Kommunikation zwischen dem Autor und seinen Adressaten [zu] rekonstruieren" (10 u. ö.), erscheint mir deren Beschreibung (z. B. 235) als reichlich blass und so auch wenig ergiebig für die Interpretation.

Gegenüber den ersten beiden Bänden bietet der dritte sachlich kaum Neues. Die einschlägigen Texte im zweiten und ersten Brief und vor allem im Evangelium werden äußerst gründlich und solide, dazu mit großer Belesenheit besprochen. "Zwischenbilanzen" und Zusammenfassungen geben gute Orientierung. Wiederholungen sind bei der Gesamtanlage des Werks unvermeidlich. Zur Vergrößerung des Umfangs tragen aber auch ein ausladender Stil und die Breite in der Verwendung der Sekundärliteratur bei.

Für Letzteres ein Beispiel: Die drei 1998 erschienenen deutschsprachigen Kommentare zum Evangelium wurden in den dritten Band noch eingearbeitet. Eingearbeitet? Es findet sich keine einzige Auseinandersetzung mit ihnen, noch haben sie irgendwo F.s Position verändert oder profiliert. Aber sie werden gebracht - als bloß quantitativer "Füllstoff". Das gilt nicht nur für sie. Warum muss das eigentlich sein?

Möglicherweise ist alles richtig, was F. sagt. Aber je länger je mehr hat mich die Frage beschlichen, ob er denn überhaupt mehr als "Richtiges" sagen will, ja, was überhaupt er sagt. Wo schlägt hier theologisch das Herz? Was will er vermitteln, wenn er wiederholt darauf pocht, dass es bei den Aussagen über das Verhältnis Jesu zu Gott um Wesensaussagen gehe (348-351.364f. 486 f.)? Ist er so völlig unberührt von den in den letzten Jahrzehnten angestoßenen Fragen nach einem veränderten Verhältnis der Kirche zum Judentum, wie es etwa seine Auslegung zu Joh 5,23b (354 f.) zu zeigen scheint?

Schließlich noch: Die drei Bände summieren sich auf über anderthalbtausend Seiten und kosten zusammen 564,- DM. Wer kauft das? Und wichtiger: Wer liest das?