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Ausgabe:

Dezember/2001

Spalte:

1331–1333

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Kim, Sang-Koo

Titel/Untertitel:

Die Predigt als Bestandteil des Gottesdienstes. Überlegungen zur liturgischen Gestaltung des Gottesdienstes in Korea, angeregt durch P. Brunners und E. Langes Konzept.

Verlag:

Münster-Hamburg-London: LIT 2000. IX, S. 10-267. 8 = Ökumenische Studien, 13. Kart. DM 49,80. ISBN 3-8258-4717-9.

Rezensent:

Christian Hellmann

Die Dissertation von Sang-Koo Kim wirft einen interessanten Blick auf die Situation des Gottesdienstes und der Predigt in einem Land, in welchem das Christentum vor allem durch eine presbyterianische Missionstradition geprägt ist. Die Möglichkeiten der Neugestaltung des Gottesdienstes unter dem Schwerpunkt der liturgischen Gestaltung bilden hier den Zielpunkt der Untersuchung.

Erneuerte Konzepte werden nötig, wenn gesellschaftliche und theologische Umbruchsituationen eine Revision der traditionellen Form erfordern und diese zu verbessern suchen. Diese Revision und Verbesserung des Gottesdienstes wird bei Kim unter dem Rückgriff auf zwei Predigt- bzw. Gottesdienstkonzepte unternommen, die das Verständnis des Gottesdienstes in Deutschland entscheidend geprägt haben: die traditionell geprägte theologische Gottesdienstlehre von Peter Brunner und der praktisch-theologische Neuansatz Ernst Langes, der die "Chancen des Alltags" in die Homiletik hineinnimmt.

Der Aufbau der Untersuchung K.s spiegelt sein Anliegen deutlich wider: Im ersten Teil wird der Gottesdienst in der protestantischen Kirche Koreas heute unter dem Aspekt der Geschichte der presbyterianischen Mission vorgestellt. K. kommt hier zu dem Ergebnis, dass der Gottesdienst in seiner Konzentration auf die Predigt und die Rolle des Pastors immer noch einer alten Missionssituation verhaftet ist, die den Anforderungen der heutigen Lebenswirklichkeit nicht mehr entspricht. Die Hauptproblematik der Gottesdienstgestaltung sieht K. darin, dass zur Zeit in Korea der Gottesdienst einseitig durch die Predigt dominiert und insbesondere die Feier des Abendmahls vernachlässigt wird. Es herrsche ein Mangel an ansprechenden Gestaltungsformen des Gottesdienstes.

Besonders informativ sind in diesem Kontext die jeweiligen Bezüge auf die anderen in Korea lebendigen religiösen Traditionen, wie etwa den Schamanismus, der das Verständnis des christlichen Gottesdienstes als "Empfang von Segen" mitgeprägt hat. Auf der anderen Seite ist hier bemerkenswert, dass gerade die Abgrenzung von schamanistischen Traditionen auch Auswirkungen auf die liturgische Gestaltung des Gottesdienstes hat, so in der Unterlassung der Verwendung von Kerzen und anderen Elementen, die an diese Traditionen erinnern.

Im zweiten Teil der Studie unternimmt K. eine ausführliche Betrachtung des Gottesdienstkonzeptes von Peter Brunner. Sein Anliegen in der Auswahl dieses Konzeptes wird im Blick auf die koreanische Situation deutlich: Es geht um den Aufweis der engen theologischen Verzahnung von Liturgie, Abendmahl und Predigt im Gottesdienst gegen ein Gottesdienstverständnis, in welchem die Predigt eine hervorgehobene Rolle spielt und die Liturgie marginalisiert wird. Neben der Kritik an der Traditionsgebundenheit Brunners wird deutlich, dass die liturgische Praxis des Gottesdienstes eine nicht zu reduzierende theologische Basis hat, die heute im Blick auf neue Gottesdienstformen weiterentwickelt werden muss.

Als Gegengewicht zu Brunners Ansatz erscheint im 3. Teil eine Abhandlung über die Homiletik Ernst Langes. Neben der von Lange herausgearbeiteten Bedeutung der Predigt für den Gottesdienst im Blick auf ihre Verständlichkeit für den Hörer und die Hörerin sowie in ihrer Aufnahme der Alltagssituation wird in der Untersuchung K.s deutlich, wie sehr die ausführliche Predigtvorbereitung Einfluss auf das Gottesdienstgeschehen hat. Auf dem Hintergrund der koreanischen Situation wird dies besonders relevant, da in einer Gemeinde sonntags oft mehrere Gottesdienste gefeiert werden und daher dem Pastor wenig Zeit für intensive Vorbereitung bleibt.

Im 4. Teil versucht K. eine Balance zu finden zwischen den Ansätzen von Brunner und Lange, um sie fruchtbar zu machen für die Erneuerung des Gottesdienstes. Das eine Gewicht legt er auf eine Stärkung und intensivere Wahrnehmung der Liturgie, die über das bisherige missionarisch geprägte Gottesdienstverständnis hinausgeht. Dazu gehören etwa im Blick auf die Taufe eine ausführliche Taufvorbereitungszeit und im Blick auf das Abendmahl eine Stärkung innerhalb des Gemeindeverständnisses. Chancen für die Gestaltung eines "inkulturellen Gottesdienstes" sieht K. z. B. in der Neuentdeckung des liturgischen Tanzes, auch wenn wegen der Nähe zu schamanistischen Zeremonien Widerstände entstehen könnten.

Die Predigt und die Predigtvorbereitung bedarf nach K. gerade wegen ihrer Dominanz im Gottesdienst und wegen der hohen Belastung der Prediger neuer Beachtung. Die Erstellung von Perikopenordnungen, das Predigt- bzw. Gottesdienstgespräch und die mitverantwortliche Gestaltung durch Laien werden hier als einige Schritte auf dem Weg genannt. - Die Untersuchung K.s gibt durch ihre ausgleichende Betrachtung und durch ihre konkrete Bezogenheit auf die Gottesdienstsituation in Korea neue Impulse vor allem für die Betrachtung des eigenen Gottesdiensterlebens und des eigenen Gottesdienstverständnisses. Liturgie und Predigt nicht gegeneinander auszuspielen, sondern ihre konkreten Stärken und Schwächen miteinander zu verknüpfen ist sicherlich eine wegweisende und notwendige Aufgabe, die an die Gottesdienstgestaltung in einer sich immer schneller ändernden Lebenswelt gestellt wird.