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Ausgabe:

Dezember/2001

Spalte:

1244 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Lehtonen, Tommi

Titel/Untertitel:

Punishment, Atonement and Merit in Modern Philosophy of Religion.

Verlag:

Helsinki: Luther-Agricola-Society 1999. 292 S. 8 = Schriften der Luther-Agricola-Gesellschaft, 44. ISBN 951-9047-50-6.

Rezensent:

Andreas Großmann

Von Heidegger stammt die süffisante Bemerkung, wer ein Interesse für die Philosophie zeige, bezeuge keineswegs schon eine Bereitschaft zum Denken. "Selbst die Tatsache", schreibt Heidegger, "daß wir uns Jahre hindurch mit den Abhandlungen und Schriften der großen Denker eindringlich abgeben, leistet noch nicht die Gewähr, dass wir denken oder auch nur bereit sind, das Denken zu lernen. Die Beschäftigung mit der Philosophie kann uns sogar am hartnäckigsten den Anschein vorgaukeln, daß wir denken, weil wir doch ,philosophieren'".

Tommi Lehtonen hat sich in der vorliegenden, in Helsinki entstandenen Dissertation mit Abhandlungen und Schriften von Denkern, wenn vielleicht auch wohl nicht "großen", eindringlich abgegeben. Herausgekommen ist eine redliche und informierte Arbeit, der die jahrelange Beschäftigung mit der Philosophie durchaus anzumerken ist. Ist hier aber auch gedacht worden?

Beschäftigt hat sich der Vf. mit der angelsächsischen, analytisch geprägten Religionsphilosophie der vergangenen zwanzig Jahre, und zwar im Blick auf die Fragestellung, wie deren Beschäftigung mit Lehrgehalten der Weltreligionen - konkret: denen der Hölle, Versöhnung und des Karma - moralisch-juridische Annahmen zu Grunde liegen. Ergebnis der Beschäftigung mit solcher Beschäftigung ist, kurz gefasst, die Erkenntnis der Relevanz der Begriffe Strafe, Sühne und Verdienst, in deren Licht die jeweiligen Philosophen jene Lehren kommentiert oder, meistens, kritisiert hätten und überdies zu neuen Interpretationen gelangt seien.

Diese Interpretationen werden denn auch, Position für Position, vorgeführt. Deutlich wird wohl, wer alles sich auf was und wen bezieht, kritisch oder affirmativ. Dabei lässt der enzyklopädische Sammeleifer des Autors indessen zuweilen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Vor allem aber vermisst man eine These, die mehr besagt, als dass die dargestellten Ansätze sich von moralisch-juridischen Prämissen leiten lassen - was dem Leser vom einleitenden "Abstract" bis hin zum abschließenden "Summary" wiederholt erläutert wird. L. belässt es durchgängig, in gleichsam buchhalterischer Manier, bei einer Bestandsaufnahme der ihn interessierenden Debatte. Das zeugt fürwahr von eingehender Beschäftigung, der es in ihrer allzu ermüdenden Darbietung jedoch vermutlich kaum gelingen wird, die Philosophen- und Theologenherzen für die hierzulande wenig bekannte angelsächsische Religionsphilosophie höher schlagen zu lassen.