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Ausgabe:

September/2001

Spalte:

966–971

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Fauth, Dieter

Titel/Untertitel:

Religion als Bildungsgut. Religionspädagogik im bildungspolitischen Diskurs um das Schulfach Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde (LER) im Bundesland Brandenburg. 1: Sichtweisen in Staat und evangelischer Kirche. 2: Sichtweisen weltanschaulicher und religiöser Minderheiten.

Verlag:

Würzburg: Religion & Kultur Verlag 1999/2000. 582 S. u. 706 S. gr.8. Geb. DM 69,90 u. 54,90. ISBN 3-933891-02-7 u. 3-933891-03-5 (Gesamtausgabe: 3-933891-01-9).

Rezensent:

Michael Domsgen

An LER scheiden sich die Geister. Für die einen wird mit diesem Fach ein modernes religionspädagogisches Konzept vorgelegt, das die Herausforderungen der Gegenwart konsequent aufnimmt. Für die anderen ist LER keineswegs die richtige Antwort auf die veränderten Bedingungen religiöser und ethischer Bildung und Erziehung im schulischen Kontext. Die Diskussion um das neue Unterrichtsfach LER im Land Brandenburg wird deshalb nach wie vor emotionsgeladen und kontrovers geführt.

In dieser Situation ist es sehr hilfreich, dass F. mit seiner umfänglichen Habilitationsschrift im Fach Evangelische Theologie/Religionspädagogik eine gründliche und differenzierte Analyse zu dieser Thematik vorgelegt hat. In zwei Bänden untersucht er die Vorgänge um LER aus der Sicht der daran Beteiligten (Band I: Landesregierung Brandenburg und Evangelische Kirche; Band II: Konfessionsfreie, katholische Kirche, Islamische Vereinigungen, Jüdische Gemeinde Land Brandenburg, Freikirchen und die Bahai).

Wie er im Vorwort vermerkt, will er "eine von Redlichkeit und Fairness geprägte Abhandlung" bieten, "ohne zum Parteigänger irgend einer Option zu werden" (I, 7). Ersteres ist ihm zweifelsohne gelungen. Bezüglich Letzterem wird schnell deutlich, dass er starke Sympathien für LER hegt, was er auch mehrfach betont. So versteht er LER als "kulturprotestantische Bildungsoption" (I, 612), durch die "das Christentum zu einer Gestalt von allgemeiner Bedeutung finden könnte, weil es auf Alltagssituationen angewandt und in allgemein verstehbarer Sprache mitgeteilt werden muss" (I, 617). Das integrative Konzept von LER beinhaltet für ihn die zukunftsweisende Form evangelischer Bildungsmitverantwortung. Die theologische Religionspädagogik stehe deshalb vor der Aufgabe, "eine in Ansätzen entwickelte Didaktik der eingebundenen Bildungsmitverantwortung, die im Vergleich zur Didaktik des RUs spezifisch konturiert ist, weiter zu entwickeln", wobei für die Bewertung entscheidend sei, "ob sich die theologische Religionspädagogik mit ihr wirksam in die Säkularität einzubringen vermag oder aber marginalisiert wird" (I, 618). Trotz dieser deutlichen Positionierung gelingt es F., seine eigenen Wertungen so weit zurückzunehmen, dass die ursprünglichen Intentionen der Beteiligten nicht verdeckt werden, sondern deutlich zum Ausdruck kommen können. Hier wirkt sich positiv aus, dass er versucht, "die Themen distanziert reflexiv" zu beleuchten "und nicht primär die Streitlinien" nachzeichnen will, "die sich im historischen Prozess ergeben haben" (18).

Methodisch bietet F. zeitgeschichtlich-politologische Analysen, aus denen er religionspädagogisch-systematische Schlüsse zieht. Der Problematik hinsichtlich dieser Methode ist er sich bewusst. Er versucht ihr zu begegnen, indem er "immer wieder wissenschaftlich-systematisch strukturierte Reflexionen zu den historisch nahe gelegten religionspädagogischen Themen" (I, 633) bietet.

Im ersten Teil des ersten Bandes untersucht F. die religionsbezogene Politik im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) sowie in weiteren Regierungsstellen des Landes Brandenburg, um den "religionspädagogisch-systematischen Ertrag zu erheben, den die bildungspolitischen Bemühungen um LER gebracht haben" (I, 20). Dabei analysiert er die staatliche Option auf Religionskunde, die anfänglich durchaus heterogen debattiert wurde. Durchgesetzt hat sich schließlich ein Ansatz, bei dem Religionskunde und Wertorientierung verbunden werden sollten. Die Brandenburger Landesregierung "vertrat eine Religionspädagogik, in der Religion als Dimension einer Lebensgestaltungspädagogik mit einer so genannten integrativen Didaktik und primär religionswissenschaftlichen Fachbezügen vorkam" (I, 122). Das hatte eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Bildungsgut Religion in der Erziehungswissenschaft, der Psychologie, der Philosophie und der Religionswissenschaft zur Folge. Verschiedene religionspädagogische Konzepte wurden entworfen. Aus dem Bereich der Theologie wurde im MBJS "die ostdeutsche Gemeindepädagogik und die westdeutsche Konzeption eines ,RUs für alle' rezipiert" (I, 226). Insgesamt jedoch wird deutlich, "wie Religionspädagogik weniger aufgrund von Wissenschaftskonzepten als vielmehr aufgrund von politischen Erfordernissen entwickelt wurde" (I, 123).

Die Einrichtung von LER hat während des Untersuchungszeitraums "erhebliche Entwicklungen" (I, 230) erfahren. Bezüglich des religionsbezogenen Bildungsprofils konstatiert F., dass es sich "von einem anfangs konfessionellen, über einen religionsübergreifenden zu einem religionswissenschaftlichen Lernansatz hinwandte" (ebd.). Diese Entwicklung "entsprach den Sozialisationsprofilen der wechselnden BildungsministerInnen mit zunächst kirchlich-katechetischer Erfahrung, dann kirchlich-kritischer Katholizität und schließlich atheistischen Humanismus" (I, 232).

Welche Bedeutung die evangelische Kirche, insbesondere die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (EKiBB), sowie die evangelische Hochschultheologie bei der Einrichtung von LER hatten, untersucht F. im zweiten Teil des ersten Bandes. Dabei geht es ihm letztlich darum, "den religionspädagogischen Stand der ev. Bildungsmitverantwortung für die Schule in der deutschen Gesellschaft zu reflektieren, der im ersten Jahrzehnt nach der Einigung Deutschlands erreicht wurde" (I, 235).

Zuerst untersucht F. die Diskussion um den Religionsunterricht (RU) und um LER in den Leitungsgremien der EKiBB, in denen der RU als Thema einen hohen Stellenwert hatte. Er sieht die Berlin-Brandenburgische Kirche deshalb als "Kirche im religionspädagogischen Aufbruch" (I, 295). Die ab April 1995 von Landessynode, Bischof und Konsistorium vertretene neue bildungspolitische Leitlinie einer Fächergruppe wurde bereits 1991 vom damaligen Oberkirchenrat Reiher "als kirchliche Antwort auf die Politik der Landesregierung Brandenburg für das Fach LER kreiert" (I, 296). Den entscheidenden Beitrag des RUs sah die EKiBB darin, bei Schülerinnen und Schülern eine religiöse Identität auszubilden. "Damit wurde im Namen von Kooperation und Dialog ein Primat der Differenzierung vor der Integration des ev. RUs mit weltanschaulich anders orientierten Bildungsansätzen vertreten" (I, 297 f.). Dem korrespondierte eine grundsätzliche Kritik an der nicht auf Religion bezogenen Wertepädagogik in LER. Insbesondere "mangelnde Neutralität, Normentransparenz und ein fehlendes fachsystematisches Profil" (I, 312) wurden problematisiert. In den Auseinandersetzungen der Kirche mit dem Land ging es im Kern um die Frage, ob ein Unterricht in Sachen Religion von nicht bekennender Warte aus möglich sei und wenn ja, wie er gestaltet werden müsse. Die EKiBB bezweifelte, dass in LER "seriöse Religionskunde" (I, 333) stattfinde. Nach F. fehlte es "der kirchlichen Kritik" jedoch "an allgemein nachvollziehbaren Begründungen dafür, dass das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften die wesentliche Orientierung für eine obligatorische Religionskunde in der gesellschaftlichen Pluralität sein soll" (ebd.). Die EKiBB sah im RU keine Ergänzung, sondern eine Alternative zu LER. Damit ergab sich eine grundlegende Differenz: "Die Landesregierung Brandenburg meinte, dass der säkulare Mensch mit Religion als Bildungsgut nur noch auf dem Weg der Integration bekannt gemacht werden könne. Die EKiBB sprach dagegen einer nichttheologischen Religionspädagogik mit nur randständiger Beachtung gelebten Glaubens keine bildende Kraft zu und vertrat, die säkulare Ethikdidaktik habe mit der ev. Religionspädagogik als gleichwertiger Alternative zu kooperieren, da sonst dem Abbruch nichtkirchlicher Menschen mit den christlichen Traditionen des Abendlandes als unentbehrlichem Schlüssel zur Kultur nicht zu begegnen sei" (I, 362).

In der Analyse von EKD und evangelischer Hochschultheologie gelangt F. zu dem Fazit, dass die ursprünglich im Bund der evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) vertretene Idee, Religion als Dimension vieler Bildungsbereiche zu lehren, "in der EKD mit jenen Argumenten abgewehrt" wurde, "wie sie später auch gegen LER vorgebracht wurden" (I, 541). Im Vorschlag des BEK zur Einführung eines Pflichtfachs Ethik mit religionskundlichem Anteil, sieht F. ein wichtiges Signal, weil "mit ,Ethik' und nicht mit ,Konfession' als der primären Leitkategorie religionsbezogenen Lernens ein Dialog über Religion befördert" werde, "der weltanschauliche Gruppen" (I, 542) übergreife.

In dieser Linie beurteilt F. auch die Ansätze innerhalb der evangelischen Hochschultheologie (vor allem Karl Ernst Nipkow und Gert Otto). In Aufnahme von Anmerkungen Reihers und Schwerins übt er Kritik an Nipkows kulturhistorischer Einordnung von LER sowie seinem Plädoyer für einen konfessionell kooperativen RU als ordentlichem Lehrfach. Bezüglich Ottos Rolle bei der Einführung von LER betont F., dass er die damalige Bildungsministerin Birthler "auf ihrem Weg zu LER ermutigte" (I, 593, Anm. 2003), allerdings stimme es nicht, dass ohne ihn LER "nicht denkbar" (I, 565, Anm. 1942) sei.

Angesichts des pluralen Spektrums an Einschätzungen von LER plädiert F. dafür, "die Optionen nicht wie Alternativen zu behandeln, die sich wechselseitig ausschließen, sondern die Pluralität der Konzepte, die innerhalb der eigenen Wissenschaftsdisziplin gepflegt wird, auch für die Schulebene fruchtbar zu machen" (I, 605).

Diese Zielsetzung, den zukunftsweisenden Gehalt und die religionspädagogische Bedeutung unterschiedlicher Bildungsoptionen zu reflektieren, verfolgt F. auch im zweiten Band, in dem die Sichtweisen weltanschaulicher und religiöser Minderheiten zu Sprache gebracht werden. Zudem will er zeigen, "welche bildungspolitischen Chancen diesen Optionen zukommt" (II, 12). In drei Teilen widmet er sich zuerst den Konfessionsfreien, dann der katholischen Kirche (die er aufgrund der Unterscheidung zwischen institutionengeschichtlicher und religionsdemographischer Minderheit hier behandelt) sowie kleinen religiösen Gemeinschaften.

Bezüglich der Konfessionsfreien betont F., "dass offenbar zwischen Menschen, die sich ausdrücklich als konfessionsfrei erklären und stillschweigend konfessionell nicht festgelegten Menschen differenziert werden" (II, 21) müsse, was auch das zur Unterstützung eigener Bildungsforderungen Konfessionsfreier vorgebrachte demographische Argument relativiert, im Land Brandenburg gebe es etwa 70 % Konfessionslose. Insgesamt wurde aus "konfessionsfreier Perspektive" innerhalb der Bevölkerung "entweder für eine kritisch-religionskundliche Bildungsstruktur plädiert oder für eine Gleichstellung konfessioneller und weltanschaulicher Konzepte" (II,23). Kritische Religionskunde oder LER erfuhren breite Akzeptanz.

Unter den Konfessionslosenverbänden "wurde sowohl das integrative Konzept religionsbezogenen Lernens in einem Fach LER bildungspolitisch unterstützt als auch die dazu konkurrierende Option weltanschaulich getrennten Fächerunterrichts in verbandseigener Lebenskunde neben dem RU oder in einem Lernbereich LER mit den Differenzierungsfächern Lebenskunde, Ethik und RU" (II, 83). Eine Differenzierung ergibt sich im Vergleich ostdeutscher und primär westdeutscher Verbände. "Ostdeutsch tradierte Verbände wollten die Möglichkeiten der Kirchen beschränken und den bescheidenen Gegebenheiten für Konfessionslosenverbände anpassen. Westlich orientierte Verbände wollten ihre Möglichkeiten ausgebaut und den Kirchen angeglichen haben" (II, 84). Religionspädagogisch war man an der "sozialethischen Funktion von Religion" (II, 85) interessiert. Die Frage nach der Existenz Gottes sollte nicht verneint, sondern offen gelassen werden.

Die katholische Kirche kritisierte an LER anfänglich "die didaktische Struktur" und "die politisch-gesellschaftliche Funktion des Lernbereichs" (II, 210). Da in LER "das Ideal eines überparteilichen, überreligiösen Standpunktes angestrebt" wird, bestehe die "Gefahr, eine (zudem noch staatlich verordnete) ,civil religion' zu vermitteln, die über die konkreten Religionen zu Gericht sitze" (II, 211). Doch nicht lediglich als Religionskunde, sondern "zugleich auch als Moralunterricht" (ebd.) wurde LER kritisiert. Schließlich gebe es "keine Religion ohne Konfession und keine Ethik ohne Religion" (II, 213). Ab Ende 1995 wurde vor allem die Verbindung von Religionskunde und Werteorientierung für unmöglich erachtet. Als dann die Teilnahmebefreiung von LER ermöglicht wurde, begrüßte die katholische Kirche dies grundsätzlich, betonte jedoch, dass damit "eine ,innere Widersprüchlichkeit' zur behaupteten Bekenntnisneutralität des Faches" (II, 215) offenbar werde.

Ein "Grundaxiom katholischer Religionspädagogik betraf die konfessionelle Ausrichtung der religiösen Bildung", die "nur in der Gebundenheit und Positivität einer konkreten Konfession möglich" (II, 218) sei. Deshalb komme nur ein katholischer RU als Beitrag zur Bildungsmitverantwortung in Frage. Ende Juni 1995 schloss sich die Berliner Kirchenleitung der Position der EKiBB an und plädierte für einen RU in der Fächergruppe. Ab April 1996 orientierte die Kirchenpolitik religionspädagogisch darauf, "einen schuldidaktisch begründeten RU in der Kirche als dritten Weg zwischen Gemeindekatechese und schulischem RU zu etablieren" (II, 229), an dem die von LER befreiten Schüler teilnehmen. Nach F. hat damit die katholische Kirche, "pragmatisch gesehen, im Land Brandenburg mehr erreicht als sie ursprünglich wollte" (II, 237). Die Entwicklung zeige, dass "die Gegensteuerung das Hauptkonzept beim Umgang mit der Pluralität" (II, 304) gewesen sei. "Mit dem Grad an Säkularisierung wuchs die Forderung nach (katholischer) Normativität der religionsbezogenen Schulbildung. Dadurch hat der RU im Vergleich zum Synodenbeschluss von 1974 an humanwissenschaftlicher Begründung verloren" (ebd.), betont F.

In der Aufnahme der Bildungsvorstellungen religiöser Minderheiten sieht F. "ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der religionsbezogenen Bildungsstrukturen in der Gesellschaft insgesamt und in diesem Sinn gewissermaßen eine ,Nagelprobe' für die Demokratie", weil dabei "implizit die Güte der ganzen religionsbezogenen Bildungslandschaft" (II, 397) mit bedacht werde. F. beobachtet bei den islamischen Vereinigungen - "rein bildungspolitisch-konzeptionell gesehen"(II, 435) - eine Hochschätzung der integrativen Religionskunde. "Allerdings waren die Bestrebungen für eine integrative islambezogene Bildung im Vergleich zu den Bestrebungen für ordentlichen RU auch bei den Muslimen gesamtdeutsch gesehen gering" (II, 424). In Brandenburg gehörte "eine islambezogene Bildung" weder zum Startideal von LER noch wurde diese Lerndimension während der Einrichtungs- und frühen Regelzeit von LER systematisch integriert (II, 435 f.).

Die Jüdische Gemeinde Land Brandenburg hatte 1992 LER noch begrüßt, wandelte dann aber ihre Einstellung und warf 1995 "LER Indifferenz gegenüber religiös begründetem Unrecht" (II, 447) vor. Es bestand die Angst, "die durch LER gebildete ,multikulturelle interkonfessionelle Persönlichkeit' könnte sich über die einzelne Religion mit ,überheblichem Selbstbewusstsein' stellen" (ebd.). Damit korrespondierten die Auffassungen von Jüdischer Gemeinde und katholischer Kirche in der grundsätzlichen Ablehnung von LER.

F.s Untersuchung dreier Freikirchen (Ev.-methodistische Kirche, Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten und Selbständige Ev.-luth. Kirche) zeigt in bildungspolitischer Hinsicht eine große Offenheit für den Lernbereich LER. "Die Freikirchen wollten wie die Regierungsstellen eine religionsbezogene Schulbildung, die nur locker kirchlich-institutionell und dogmatisch rückgebunden sein sollte. Zu Widerspruch kam es erst, als bei der Landesregierung der überkonfessionelle gegenüber einem phänomenologisch-vergleichenden Lernansatz in den Hintergrund trat" (II, 476).

Die Bahaí standen dem religionspädagogischen Konzept von LER "uneingeschränkt positiv" (II, 495) gegenüber. Allerdings erfolgte eine "gleichwertige, kreative Einbindung" "letztlich kaum" (II, 479).

Zusammenfassend fällt auf, dass "der Dialog von Minderheiten im Kontext von LER insgesamt gering ausgebildet" (II, 502) war. LER sollte ein Forum dafür sein, "die Vielfalt der Zugehörigkeiten mithilfe des Dialogs zu gestalten" (ebd.). Das wurde von den Minderheiten kaum angenommen, was auch daran lag, dass der Staat mit diesem Schulfach "auf eine(r) Integration von Minderheiten" bestand, die "von bestimmten Minderheiten selbst gar nicht gewünscht war" (II, 503). Deutlich wird, "wie wenig die Landesregierung Brandenburg kritische Selbstverständigung darüber betrieb, inwiefern sie mit LER dem Gebot der Religionsfreiheit in der Demokratie diente oder aber auf Kosten der Religionsfreiheit und zugleich in deren Namen eigennützige Machtinteressen verfolgte" (II, 503 f.). F. plädiert deshalb dafür, "die Gleichheit für alle" "in der individuellen Behandlung des Einzelnen" (II, 505) zu verwirklichen. "Im Umgang mit Religion" könnte das "zum Beispiel konkretisiert werden, indem universalistisch denkenden Denominationen eher integrative Mitwirkungsmöglichkeiten im öffentlichen Bildungswesen eingeräumt werden, während eher partikularistisch ansetzende Denominationen Raum für abgegrenzte Bildungsangebote erhalten. Entsprechend wäre eine doppelgleisige Bildungspolitologie und Religionspädagogik zu entwickeln" (ebd.). In diesem Sinn plädiert F. abschließend für einen integrativen Ansatz in der religionsbezogenen Bildung, der "nicht zur Vereinheitlichung der religiösen Vielfalt, sondern zu einer ,Vielfalt in der Einheit'" (II, 507) führen soll.

Insgesamt gesehen liefert F. eine detaillierte und materialreiche Darstellung der Vorgänge um LER. Hier liegt die große Stärke dieser beiden Bände. Über seine religionspädagogischen Schlüsse, die er daraus zieht, lässt sich streiten. Insofern bieten die Bücher gute Impulse in der Diskussion um eine zukunftsfähige Religionspädagogik.