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Ausgabe:

September/2001

Spalte:

900 f

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Evans, Craig A., and James A. Sanders [Eds.]

Titel/Untertitel:

Early Christian Interpretation of the Scriptures of Israel. Investigations and Proposals.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Academic Press 1997. 476 S. gr.8 = Journal for the Study of the New Testament, Suppl. Series 148; Studies in Scripture in Early Judaism and Christianity, 5. Lw. £ 55.-. ISBN 1-85075-679-1.

Rezensent:

Magne Sæbø

Die Beiträge des gegenwärtigen Sammelbandes wurzeln in dem Studienprogramm "Scripture in Early Judaism and Christianity" der amerikanischen Society of Biblical Literature, und die meisten Beiträge sind als Vorträge an den 'Annual meetings' dieser Gesellschaft gehalten worden. Zugleich bilden sie den fünften Band einer Bücherserie des erwähnten Programms aus der Reihe "Studies in Scripture in Early Judaism and Christianity". Die Hgg. haben selbst keine Beiträge beigesteuert, auch nicht eine "Einführung" zur besseren Einordnung der Beiträge, was doch wünschenswert gewesen wäre; das kurze "Preface" kann dies nicht ersetzen. Der Band wird durch zwei Register abgeschlossen.

Wie die übrigen Bände der Serie beschäftigen sich die Beiträge dieses Bandes mit Aspekten und Problemen der Rezeptionsgeschichte der heiligen Schriften Israels im frühen Judentum und Christentum. Dem Band, der drei Hauptteile hat, ist aber eigen, dass hier nicht nur Einzelfragen oder spezielle Probleme, sondern auch - und nicht am wenigsten - grundlegende Methodenfragen erörtert werden. Das geschieht vor allem im I. Teil ("Methods and Canons", 17-96), aber darüber hinaus auch in den Erörterungen vieler Sonderfragen der Teile II ("The Gospels", 98-264) und III ("Acts, Epistles and Revelation", 266-446). Die meisten der Beiträge behandeln den unterschiedlichen Gebrauch des Alten Testaments im Neuen, wobei sie im besonderen dem Wie und Warum der vielfachen Bezugnahmen auf das Alte Testament nachgehen. Eben dies macht den Band für das sachgemäße Verständnis der ältesten Interpretationsgeschichte des Alten Testaments so wichtig.

Im ersten, methodischen Teil wendet sich C. D. Stanley in zwei Beiträgen den Fragen nach dem "social environment of 'free' biblical Quotations" (18-27) und dem "Rhetoric of Quotations" (44-58) zu und folgert, dass die bisherige Erforschung der biblischen Zitate ihr Auge zu einseitig auf "the interpretative process that lies behind the present text" gerichtet hat, und dass "the rhetorical dimension of the quotation process has been largely overlooked"; demgegenüber gilt ihm als wichtiges Ergebnis: "Quotations are typically embedded into an argumentative discourse in which the author's prior interpretative activity is largely hidden from view" (58).

Am Ende des ersten Hauptteils (79-96) erörtert S. E. Porter methodisch und terminologisch den Gebrauch des Alten Testaments im Neuen, den er als "an active area of contemporary New Testament research" bezeichnet.

Er wirft dabei zwei grundlegende Fragen auf, und zwar zunächst die terminologische Frage, wie man die vielen Bezeichnungen und Kategorien des verwendeten Gebrauchs (etwa "Zitate", "Allusionen", "Paraphrasen", "Exegesen" [auch "inner-biblical exegesis"] verschiedener Art, "Intertextualität" etc.) näher definiert, wobei er noch den aktuellen Gebrauch einiger Termini, und zwar besonders 'direct quotation' und 'allusion', einer kritischen Prüfung unterzieht. Seine zweite methodische Frage bezieht sich auf das Verhältnis von "direkten Zitaten" und anderen Arten des Gebrauchs des Alten Testaments im Neuen, wobei er Mangel an genügender Präzision beim Gebrauch einiger Bezeichnungen aufdeckt und zudem dies im Hinblick auf Phil1,19 exemplifiziert. Sonst erörtern J. S. Rogers "Scripture as a Human Activity in the Qumran Scrolls" unter dem Haupttitel "Scripture Is as Scripturalists Do" (28-43) und W. Roth "The Pharisaic Canon in the Gospels" unter dem Haupttitel "To Invert or Not to Invert" (d. h. 'the Law and the Prophets'; 59-78).

In Teil II ("The Gospels", 98-264) werden Einzelstellen bzw. Perikopen aus den Evangelien unter Verweis auf alttestamentliche Texte, die diesen in irgendwelchem Sinn "entsprechend" sind, abgehandelt. So erörtern W. R. Stegner Mt 4,1-11 und Mk 9,2-8 (98-120), C. Fonrobert Mk 5,24-34 (mit dem Untertitel: "Menstrual Laws and Jewish Culture in Christian Feminist Hermeneutics"; 121-140), D. Krause Mk 11,1-10 ("as a Midrash on Genesis 49.11, Zechariah 9.9, and Psalm 118.25-26"; 141-150), J. Ross Wagner "Psalm 118 in Luke-Acts" (154-178), W. S. Kurz den Johannes-Prolog (179-190), M. R. Huie-Jolly Joh 5, 17-29 (und Ps 2 und Dan 7; 191-217), D. M. Swancutt Joh 6,22-71 (und Jes 55 und Ps 78[77)]; 218-251) sowie M. K. Deeley "Ezekiel's Shepherd and John's Jesus" (252-264).

In Teil III wird sodann die Diskussion von Einzelstellen bzw. Perikopen oder auch Themen fortgesetzt - nun in Bezug auf die Apostelgeschichte, die Briefliteratur und die Offenbarung ("Acts, Epistles and Revelation", 266-446). Hier behandeln H. A. Brehm "Stephen's Speech as a Critique of the Jewish Leaders" (266-299), S. C. Keesmaat "Exodus and Tradition in Galatians" (300-333), J. T. Willis die Komposition Jes 22,15-25 und ihre Funktion im NT (334-351), P. Enns Hebr 3,1-4,13 (und Ps 95; 352-363), C. A. Gieschen die Melchizedek-Traditionen in 2Henoch und Hebräerbrief (364-379), P. Eisenbaum "Heroes and History in Hebrews 11" (380-396), V. Limberis "The Provenance of the Caliphate Church: James 2.17-26 and Galatians 3 Reconsidered" (397-420), und G. K. Beale analysiert Offb 1-22 unter dem Titel: "Solecisms in the Apocalypse as Signals for the Presence of Old Testament Allusions" (421-446) und schließt damit den inhaltsreichen Band ab.