Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juli/August/2001

Spalte:

838 f

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Huber, Christian

Titel/Untertitel:

Papst Paul VI. und das Kirchenrecht.

Verlag:

Essen: Ludgerus 1999. V, 268 S. 8 = Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Beihefte. Geb. DM 68,-. ISBN 3-874-97227-5.

Rezensent:

Friedemann Merkel

Auf den ersten Blick will mir relativ wenig zum Thema einfallen. Pius VI. ist vor allem durch seine Enzykliken bekannt, angefangen von "Ecclesiam suam" (1964) über "Mysterium fidei" (1965) und "Populorum progressio" (1967) sowie besonders "Humanae vitae", die im allgemeinen Bewusstsein von Katholiken und Nichtkatholiken geblieben ist. Paul VI. ist erkennbar ein Papst der Ethik und der Theologie, nicht zuletzt durch die Promulgation der Konstitutionen des 2. Vatikanischen Konzils, die in sein Pontifikat fallen. Natürlich hat dies alles auch kirchenrechtliche Implikationen.

Immerhin hat dieser Papst wichtige rechtliche Bestimmungen getroffen, so z. B. die Festlegung der Altersgrenze für kuriale Ämter und die Altersbegrenzung der Kardinäle bei der Papstwahl. Wie die Arbeit, eine Eichstätter Dissertation, trefflich zu zeigen vermag, ist der Beitrag zum Kirchenrecht Pauls VI. vor allem auf dem Gebiet der theologischen Grundlegung des Kanonischen Rechts zu suchen. Der Vf. referiert, zitiert und kommentiert zuverlässig und überzeugend zahlreiche Verlautbarungen in Ansprachen und Veröffentlichungen dieses Papstes. Hierauf liegt das Hauptgewicht der Untersuchung, die sehr verdienstvoll in eine systematische Zusammenfassung nach einzelnen Topoi mündet (z. B. Kirche als Gesellschaft, Hierarchie und Recht, Schutz des depositum fidei, der Heilige Geist im Kirchenrecht). Dadurch wird die RechtsTheologie des Papstes besonders eindrücklich.

Bevor der Vf. zu seinem eigentlichen Gegenstand kommt, beschäftigt er sich in einer historisch ausgerichteten Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Kirchenrechts in der Geschichte der Kanonistik. Bemerkenswerterweise beginnt er diesen knappen Überblick mit Rudolf Sohm, der für ihn der Wendepunkt der Geschichte des Kirchenrechts zu sein scheint: Entwicklung der Fragestellung der Kanonistik bis Rudolf Sohm, um dann dessen Fundamentalkritik nachzuzeichnen. Es ist erstaunlich, wie dieser Name auch bei katholischen Autoren immer noch präsent ist, obwohl er doch längst widerlegt erscheint.

Totgesagte leben auch in der Wissenschaft bisweilen lang. Der Vf. trauert offenkundig den vergangenen Zeiten nach, wenn er schreibt: "Während nämlich in den siebzigern und frühen achtziger Jahren die Bemühung um die Theologie des kanonischen Rechts eine wahre Blüte erlebt hat [Giovanni Montini ist 196378 Papst Paul VI. F. M.], scheint seither eine gewisse Müdigkeit an diesem Thema eingekehrt zu sein, verbunden mit dem Trend zu einer Beschäftigung mit dem Kirchenrecht bei der die joviale Norm, ihre Auslegung und ihre praktische Anwendung im Mittelpunkt stehen" (230). Dieser Tendenz gegenüber sieht der Vf. Paul VI. stehen, der zur Sache der Theologie gerufen hat.

Ich habe von diesem Buch manches gelernt.