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Ausgabe:

Juli/August/2001

Spalte:

833 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Ratzinger, Joseph Kardinal

Titel/Untertitel:

Der Geist der Liturgie. Eine Einführung.

Verlag:

Freiburg/Br.: Herder 2000. 208 S. gr. 8. DM 36,-. ISBN 3-451-27247-4.

Rezensent:

Karl-Friedrich Wiggermann

Der Titel des vorliegenden Werkes erinnert an Romano Guardinis Buch "Vom Geist der Liturgie", das zu Ostern 1918 als Eröffnungsband der von Abt Ildefons Herwegen im Benediktinerkloster Maria Laach herausgegebenen Reihe "Ecclesia Orans" erschienen war und seitdem viele Auflagen erlebt hat. Romano Guardinis schmales Erstlingsbuch hat den Aufbruch der Liturgischen Bewegung in der römisch- katholischen Kirche in Deutschland markiert.

Guardini zeigte Dynamik, Schönheit und theologische Größe - "Seelsorge vom Altare aus" - der katholischen Liturgie: Sie will Gottes gnadenreiche Zuwendung sein - in der Kirche. Ehrfurcht vor dem Leben der Liturgie: Das wollte Guardini und das will Ratzinger den Gliedern der katholischen Kirche einschärfen. Die liturgisch versammelte Gemeinde soll sich ihrer Größe vor der Gabe Gottes bewußt werden: Das ist eine große Auf-gabe - zumal in einer Zeit vielfach gebrochener Erfahrungen.

R. hat den eucharistischen Menschen im Blick. "Vom Wesen der Liturgie", so ist der erste Teil des Buches überschrieben. In ihm haben "Liturgie - Kosmos - Geschichte" ihren Platz. Es geht um Geschichte, aber in einer kosmischen Weite. Der eucharistische Mensch lebt - längst bevor dieses Schlagwort modern wurde - "global", wirklich welt-weit in einem umfassenden Sinn. "Die geschichtliche Liturgie des Christentums ist und bleibt - ungetrennt und unvermischt - kosmisch, und nur so steht sie in ihrer ganzen Größe. Es gibt die einmalige Neuheit des Christlichen, und doch stößt es das Suchen der Religionsgeschichte nicht von sich ab, sondern nimmt alle bestehenden Motive der Weltreligionen in sich auf und bleibt auf solche Weise mit ihnen verbunden." (29) Der Kosmos kann - durchaus im Sinne R.s - in seiner ganzen Weite vom "phos hilaron" der Liturgie erleuchtet werden. Zur christlichen Liturgie gehört Universalität. Sie ist "der Kult des offenen Himmels" (42). Hier erscheint der Logos, der Sohn.

Der zweite Teil des Buches umfaßt "Zeit und Raum in der Liturgie". Vorgestellte werden heilige Orte und Zeichen, der Altar und die Aufbewahrung des Sakraments. Es folgen im dritten Teil die Fragen nach Bildern und nach der Musik. "Die Künstler, die sich diesem Auftrag unterwerfen, brauchen sich wahrhaftig nicht als Nachhut der Kultur zu verstehen: Die leere Freiheit, aus der sie heraustreten, wird ihrer selbst überdrüssig. Die demütige Unterwerfung unter das, was uns vorangeht, setzt die wirkliche Freiheit aus sich heraus und führt uns zu der wahren Höhe unserer Berufung als Menschen". (134) Ratzinger stellt also neben die dienende Theologie die dienende Kunst.

Im vierten Teil werden unter "liturgischer Gestalt" "der Leib und die Liturgie" beschrieben: das Kreuzzeichen und das Knien, das Stehen und das Sitzen, das liturgische Kleid und die Materie. "Die katholische Liturgie ist Liturgie des fleischgewordenen Wortes - fleischgeworden auf Auferstehung hin." (189)

R. stellt in ausgreifender Weite die katholische Liturgie dar. Das Buch hat auch ökumenische Bedeutung, obwohl der Autor die ökumenischen Fragen als neue Fragen nicht ausdrücklich stellt. In der Liturgie aber gilt es, in der Ökumene die Fragen nach theologischer Qualität und Hermeneutik des Neuen neu zu stellen, damit die gesamte Kirche bei ihrer Sache bleibt.