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Ausgabe:

Juli/August/2001

Spalte:

771 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Calvin-Studienausgabe. Hrsg. von E. Busch, A. Heron, Ch. Link, P. Opitz, E. Saxer, u. H. Scholl.

Verlag:

Bd. 1: Reformatorische Anfänge (1533-1541). Teilbd. 1 u. 2: VIII, 526 S. 1994. Kart. je DM 34,-. ISBN 3-7887-1483-2 u. 3-7887-1484-0; Bd. 2: Gestalt und Ordnung der Kirche. X, 310 S. 1997. Kart. DM 34,-. ISBN 3-7887-1554-5. Bd. 3: Reformatorische Kontroversen. XI, 378 S. 1999. Kart. DM 38,-. ISBN 3-7887-1698-3. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag. 8.

Rezensent:

Helmut Feld

Bei den hier vorzustellenden Büchern handelt es sich um die ersten drei einer auf insgesamt ca. acht Bände geplanten Calvin-Studienausgabe. Die Herausgeber haben sich zum Ziel gesetzt, eine repräsentative Auswahl von Calvins Schriften zu bieten, um Studierenden und einem weiteren Kreis theologisch interessierter Leser den Zugang zum Denken des Genfer Reformators zu erleichtern.

Von den dabei zu überwindenden Barrieren ist die erste die der Sprache: sowohl die in einem klaren, an klassischen Texten geschulten Latein wie die im Französisch des 16. Jh.s niedergeschriebenen Werke sind dem heutigen Leser nicht mehr ohne weiteres zugänglich. Dementsprechend werden auf der linken Seite die lateinischen und französischen Originaltexte, auf der rechten Seite eine deutsche Übersetzung gegenübergestellt.

Als Auswahlkriterium für die in die Ausgabe aufgenommenen Schriften geben die Herausgeber die Themenbereiche an, "die für den Theologen Calvin, für das Werden und Wachstum der Genfer Reformation und für das Verständnis der von Calvin geprägten Kirchen in besonderer Weise charakteristisch und wichtig sind". Eine Aufnahme der Institutio ist nicht beabsichtigt, da von ihr greifbare Übersetzungen in Nachdrucken vorliegen. Die beiden ersten Teilbände enthalten kleinere systematische und polemische Schriften aus dem ersten Jahrzehnt der Wirksamkeit des Reformators, darunter die Pariser Rektoratsrede Nikolaus Cops (1533), Calvins Vorrede zur Olivetanbibel (1535), das Widmungsschreiben der Institutio (1536), den Genfer Katechismus (1537), das Antwortschreiben an Kardinal Sadolet (1539), den Kleinen Abendmahlstraktat (1541) und das Epinicion (1541). Bei der Antwort an Sadoleto wäre es sinnvoll gewesen, auch das Schreiben des Kardinals an die Genfer mit Übersetzung aufzunehmen. Im zweiten Band finden sich u. a. der Genfer Katechismus von 1545, die Gottesdienstordnung von 1542 und Calvins Abschiedsreden (1564). Der dritte Band enthält die Streitschriften gegen die Artikel der Sorbonne (1544), gegen die Akten des Trienter Konzils (1547), gegen die "Nikodemiten" (1544) und gegen die Anabaptisten (1544). Allen Editionen sind ausführliche Einleitungen in den historischen und theologischen Kontext vorangestellt. Die edierten Texte selbst sind mit Anmerkungen versehen, wo es erforderlich ist. Durch Anführung der wichtigsten Sekundärliteratur wird das ausführlichere Studium der betreffenden Schriften erleichtert.

Nach Auskunft des Vorworts soll noch ein weiterer Band mit kleineren Schriften Calvins folgen, danach sind zwei Bände mit Texten aus dem Kommentarwerk und eine Auswahl aus den Predigten Calvins geplant. Der Nutzen einer solchen handlichen Ausgabe nicht nur für Studierende der Theologie steht außer Frage. Sie setzt allerdings bei den Herausgebern einen gewissen Mut zur Unvollkommenheit voraus, die der sachverständige Benutzer gern in Kauf nimmt.

Trotzdem würde man sich bei den Übersetzungen ins Deutsche generell eine größere Genauigkeit und Nähe zu der originalen (juristisch präzisen) Diktion Calvins wünschen, ganz zu schweigen von den nicht wenigen direkten Übersetzungsfehlern, die ins Auge fallen; um nur einige Beispiele zu nennen: Mit "Tolosana curia" (Bd. 1/2, 504) ist die bischöfliche Kurie, nicht der Rat von Toulouse gemeint. "humanae vitae praecipuus finis" am Anfang des Genfer Katechismus (Bd. 2, 16) ist nicht einfach "der Sinn menschlichen Lebens", sondern "der hauptsächliche Sinn (oder Zweck) des menschlichen Lebens". "descensus ad inferos" wird vom Übersetzer mit der heute üblichen (fragwürdigen!) Formulierung: "hinabgestiegen in das Reich des Todes" wiedergegeben (Bd. 2, 35). "à noz treshonorés seigneurs sindiques et conseil" (Bd. 2, 288) heißt: "an unsere hochverehrten (vier!) Bürgermeister und den Rat", nicht: "an uns hochverehrte Ratsherren und an den Rat".

Ungeachtet solcher Beanstandungen ist die neue Calvin-Studienausgabe ein wertvolles Arbeits- und Informationsinstrument, dessen Erscheinen und weiterer Fortgang zu begrüßen ist.