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Ausgabe:

Juni/2001

Spalte:

634–639

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Gruber, M. Margareta

Titel/Untertitel:

Herrlichkeit in Schwachheit. Eine Auslegung der Apologie des Zweiten Korintherbriefs 2Kor 2,14-6,13.

Verlag:

Würzburg: Echter 1998. 493 S. gr.8 = Forschung zur Bibel, 89. Kart. DM 56,-. ISBN 3-429-02041-7.

Rezensent:

Oda Wischmeyer

Die Studie zum 2. Korintherbrief entstand als Dissertation an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen bei Norbert Baumann SJ.

1. Die Dissertation bewegt sich im Textbereich von 2Kor 2,14-7,4. Dieser Textteil wird seit Johannes Weiß und Rudolf Bultmann als Teil des sog. Tränenbriefes interpretiert, während G. Bornkamm die Apologie von 2,14-7,4 vor den Tränenbrief setzt und sie als ersten der Briefe im Rahmen des heutigen 2. Korintherbriefes versteht. Eine Arbeit aus dem Textbereich von 2Kor 2,14-7,4 hat es also zunächst stets mit der Frage zu tun, wieweit ihr Referenztext als selbständiger Text und ursprünglich eigener Brief oder eigenes Brieffragment zu verstehen sei. Damit ist die Text-Kontext-Frage gestellt. Die zweite Frage betrifft die Textpassage 6,14-7,1, die von der Mehrzahl der Exegeten als Glosse verstanden wird. Hier stellt sich die Frage nach der Authentizität, zusätzlich die nach einer späteren Glossierung des Briefes (oder der korinthischen Korrespondenz).

2. Die eigentliche Fragestellung, die der Untersuchung zu Grunde liegt, bezieht sich nicht auf die Textstruktur. Sie ist vielmehr eine theologische: es ist die nach dem paulinischen Verständnis von ,Doxa' und nach ihrer in 2Kor 3,18 vermuteten gemeinschaftlichen Erfahrung (21). Die Autorin stellt ihre vermutete Interpretation von 3,18 f. daher als Fragehorizont voran: War es denkbar, daß der Spiegel, in dem der Gottesglanz aufleuchtet, in 2Kor 3,18 nicht das Gesicht Jesu Christi selbst meint, sondern dass diese Unmittelbarkeit der Gottesausstrahlung auch dann noch erfahren wird, wenn die Christen einander ins Gesicht schauen? (15). - Wie will die Vfn. ihre Frage bearbeiten? Die Untersuchung geht in drei Schritten mit jeweils unterschiedlichem methodischen Ansatz vor (21).

Teil A heißt: Der Text und seine sprachliche Gestalt (23). Des Näheren nimmt Teil A die sprachliche Gestalt des Textes als formal strukturierte Größe in den Blick. Die synchrone Betrachtungsweise steht im Vordergrund, verbunden mit textlinguistischen Methoden wie der Analyse von Gliederung und Kohärenz ... Der diachrone Aspekt wird relevant durch die literarkritische Frage (21). Es folgen Textsemantik und Textpragmatik.

Teil B heißt: Herrlichkeit. 2Kor 2,14-4,6 (97). Dieser Text gilt den großen Metaphern in 2,14a (Triumphzug), 2,14-16c (Duft), 3,3 (Herztafelmetapher), 3,1-3 (Empfehlungsmetapher), 3,18 (Glanzmetapher) und 4,6 (Apostelmetapher) sowie den Typologien (3,1-6 Vorbereitung der Typologie und 3,7-18 eigentliche Typologie).

Teil C heißt: Herrlichkeit in Schwachheit. 2Kor 2,14-4,1 im Kontext von 2Kor 2,14-6,13 (320). Teil C arbeitet textsemantisch und textpragmatisch. Die Vfn. stellt den Text als ein ... Netz ... von semantischen Beziehungen, in dem jedes Element mit jedem in Verbindung steht (22), dar. Ziel ist, die innere Einheit der drei thematischen Schwerpunkte der Apologie sichtbar zu machen: Herrlichkeit in Schwachheit zur Versöhnung (22). Gerahmt wird die Studie von ihrem Referenztext, der zunächst in einer Arbeitsübersetzung und abschließend in einer Neuübersetzung geboten wird, in der gewissermaßen das Ergebnis der Untersuchung zu sehen ist (22). Es handelt sich also um eine direkte exegetische Studie, die - bei großer exegetischer Methodenvielfalt - fast kommentarartig textbezogen arbeitet und von einer Übersetzung zur anderen führt, um in paulinischer Diktion zu formulieren.

3. Eine primär textbezogene Arbeit ist in der ntl. Wissenschaft immer willkommen, da diese es mit den Texten des NT als ihrem eigensten und vornehmsten Gegenstand zu tun hat. Die Exegese des 2Kor von den Fragen nach Kohärenz, Oppositionen, Dialog und kommunikativer Situation, Metaphorik, Typologie, Textsemantik und Textpragmatik her durchzuführen, erweckt Neugier und die Hoffnung, der schwierige Text - die Vfn. spricht selbst in der Einführung öfter von Rätseln (18.19)- möge einem deutlicheren Verstehen zugeführt werden.

Exegetische Studien lesen sich nicht leicht. Sie erfordern detaillierte Einarbeitung. Dabei hilft eine gute Gliederung. Meine Rezension beschränkt sich auf eine Einführung in das umfangreiche Buch, dessen Beiträge hier keineswegs im Einzelnen gewürdigt oder diskutiert werden können. Anhand der Kapitelgliederung der Vfn. erschließt sich tatsächlich das sehr umfangreiche Werk (ca. 450 Seiten Text) leichter, als man zunächst vermutet.

Teil A (Sprachliche Gestalt) führt in die sprachliche Gestalt der drei Textteile ein: erster Textteil (2,14-4,6), zweiter (4,7-5,10), dritter Teil (5,11-6,13+6,14-7,4). Zunächst bestimmt die Vfn. die Gliederung des Textes:

1. Hauptteil 2,14-4,6 (Dienst in Herrlichkeit)

2. Hauptteil 4,7-5,10 (Dienst in Schwachheit)

3. Hauptteil 5,11-6,13 (Dienst zur Versöhnung) (81).

Das Thema der Apologie ist der apostolische Dienst (ebd). Des Näheren fungieren 2,14-17 als Proömium und 6,11-13 als Schlussappell. Dabei versteht die Vfn. 2Kor 2,14-6,13 als den Kontext von 2Kor 2,14-4,6 im engeren Sinn, weil sie in 2,14-4,6 das Kernstück des Textes sieht, das sie als Apologie bezeichnet (80). Sehr hilfreich ist die Darstellung der Oppositionen, mit denen die Vfn. die textsemantische Struktur erschließen lässt. Sie lassen sich auf die Kernopposition von tötendem Gramma und lebendigmachendem Pneuma in 2Kor 3,6 zurückführen (86).

Die Textpragmatik erschließt die Vfn. von der kommunikativen Struktur des Briefes her. Dabei versucht sie, die narrative Analyse auf die Briefgattung anzuwenden (87 Anm. 2). Sie versteht die Briefsituation als die Handlung und erschließt die Handlungsträger und ihre Beziehungen untereinander aus dem Brief (ebd.). Dabei gibt der Text nur die Autorenperspektive wieder. Es ergibt sich ein instruktives Beziehungsdiagramm, das das Kommunikationsgeschehen als vierfachen Dialog darstellt (94). Paulus befindet sich im Dialog mit Gott (1.), dem Wort Gottes in der Schrift (2.), der Gemeinde (3.) und der urchristlichen Überlieferung (4.).

Teil B (Herrlichkeit) ist dementsprechend der Apologie 2,14-4,6 gewidmet. Er bildet mit ca. 220 Seiten gleichsam das Corpus der Arbeit. Typologie und in sie eingezeichnete Metaphorik bilden die wesentlichen Elemente dieses Textteils. Die Vfn. kommt in Verfolgung ihrer leitenden Fragestellung in diesem Teil zu einer dezidierten Darstellung der Glanzmetapher (2Kor 3,18) als Höhepunkt der Typologie (266 ff.) und der Apostelmetapher 2Kor 4,6 als Zusammenfassung der Typologie (298ff.).

Zunächst zeichne ich ihre Interpretation der übrigen Metaphern und der Typologie nach. 2,14a wird Paulus im Triumphzug Gottes geführt. Nach der Vfn. handelt es sich um eine militärische Todesmetapher (112). Die damit zusammenhängende Duftmetapher möchte die Vfn. nicht vom Opferduft, sondern von Ex 30,22-38 im Spiegel von Sir 24,15 her verstehen (125), d. h. von einer Weisheitsmetapher her (Wohlgeruch und Weisheit), die kultische Konnotationen hat. Die Frage, wie diese Deutung der Metapher mit der ersten Metapher des Triumphzugs zusammenpassen könnte, beantwortet sie so: Durch die Duftmetapher wird der Todesakzent, der die apostolische Selbstdarstellung im Proömium infolge der Triumphmetapher trägt, durch den Lebensakzent ergänzt. Die Leiden des Apostels sind der Ort der heilbringenden, versöhnenden Offenbarung Gottes in Christus: Lebensvermittlung und Todesexistenz (140). Diese Deutung ist möglich. Der Zusammenhang der beiden Metaphern wird antithetisch statt korrespondierend verstanden. Die Herztafelmetapher in 2Kor 3,3 wird sehr differenziert erläutert. Die Vfn. macht deutlich, dass die beiden Vergleichspaare von 2Kor 3,3d nicht kongruent sind (169). Das zweite Paar (steinerne - fleischerne Tafeln) dient der Differenzierung vom Geist des lebendigen Gottes (ebd.). Gott hat beide Tafeln beschriftet. Es geht um den Vergleich von Gottes Heilshandeln in Paulus (,Neuer Bund') und in Mose (,Alter Bund') (ebd.). Dabei geht es des Näheren um eine Überbietung, nicht einen Gegensatz (170). Damit beginnt die typologische Argumentationsstruktur des steigernden Vergleichs (ebd.).

Die folgende Empfehlungsmetapher hat drei Aspekte: Selbstempfehlung (2Kor 3,1) (171), Herzensempfehlung (2Kor 3,2) (174), Christusempfehlung (2Kor 3,3) (176). In 3,2 versteht die Vfn. epistole als (vorbriefliche) schriftliche Empfehlung, denn Paulus will nicht die Empfehlungsbriefe in einer Brief-Metapher ausfalten, sondern die Empfehlungmetapher weiterführen und bleibt dabei innerhalb seines gewählten Sprachspiels mit der Sinnlinie ,Schreiben'. Das Bild der Gemeinde als Brief wird nicht weiter vertieft (175). In 3,3 liegt nach Meinung der Vfn. folgende Aussage vor: Paulus zeigt seine beiden Herzenstafeln wie Mose seine Bundestafeln. Die Herzenstafeln sind Zeichen des Neuen Bundes (178). Der Gegensatz von Fleisch und Geist stellt die Kernopposition der Typologie: 2Kor 3,6 (184) dar. Dabei bemüht sich die Vfn. besonders um die Klärung der Frage, was der Satz Der Buchstabe tötet bedeute. Ihre Antwort lautet: Nicht das Gesetz also wird durch die Vergebung außer Kraft gesetzt, sondern die Basis seiner tötenden Wirkung wird aufgehoben, wo der Mensch die Vergebung empfängt. Das ,Prinzip Nomos' wird überschritten durch ein anderes Prinzip: durch den Geist. Dies wird ermöglicht durch den Tod Jesu (202).

Die ausführliche Typologie 2Kor 3,7-18 (205) liest die Vfn. vor dem Hintergrund Ex 32-34. Sie versteht diese Typologie als ein Beispiel christlicher Schrifthermeneutik, denn Paulus erklärt seinen Dienst des Neuen Bundes im Rückgriff auf den alten Bund des Mose (248). Sehr instruktiv ist die Differenzierung von theologisch-typologischer und pragmatischer Ebene der Typologie in 3,16 (255). Der zentrale Satz 3,17 (Der Herr aber ist der Geist) lässt sich pneumatologisch, christologisch oder theologisch verstehen. Die Vfn. versucht, hinter diese dogmatische trinitätstheologische Differenzierung zurückzugehen, wenn sie erläutert: Der (soeben genannte Jahwe-)Kyrios ist das (oben, 2Kor 3,3-8, genannte und uns allen bekannte) Pneuma, ist Gott, der sich uns jetzt, im Neuen Bund, im Geist mitteilt (3,17a) (261 f.). Die Kopula eotin ... hat explikative Funktion (ebd.). Damit gilt insgesamt: Der Kyrios ist Gott, der jetzt, im Neuen Bund, im lebendigmachenden Pneuma wirkt und nicht mehr, wie bei Mose, im tötenden Gramma (ebd.).

Vers 3,18 ist für die Vfn. der Gipfel der typologischen Gegenüberstellung zwischen Paulus und Mose (266). In der Interpretation der Glanzmetapher liegt das eigentliche Interesse ihrer Untersuchung. Sie stellt ihre eigene These, die das wirkliche Novum der Arbeit bildet, voran. Die These lautet: Der Ort, wo die Doxa von allen wie im Spiegel gesehen werden kann, ist das Gesicht des anderen, des Bruders und der Schwester (,wir alle'). 2Kor 3,18 ist demnach keine Metapher für eine Christus-Erfahrung der einzelnen Gläubigen, sondern für eine Geist-Erfahrung, die den Gläubigen in der Begegnung miteinander zuteil wird. Nicht die christologische, sondern die pneumatologische Linie ist für die Interpretation der Metapher in 2Kor 3,18 maßgebend, entsprechend der Pneuma-Doxa-Linie von 2Kor 3,3 (267).

Daher übersetzt die Vfn.: Da wir nun alle mit enthülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn (ineinander) im Spiegel schauen als dasselbe Spiegelbild, werden wir von Herrlichkeit in Herrlichkeit umgeformt, so, wie es dem Wirken des Geist-Herrn entspricht (440). Die Vfn. verbindet also ten auten eikona mit katoptrizomenoi zu einer einheitlichen plerophoren Phrase im Spiegel schauen als dasselbe Spiegelbild. Statt der Möglichkeit, ten auten eikona als Akk. der Sache zu metamorphumetha zu ziehen (BDR 159), wird also ten doxan als doppelter Akkusativ zu katoptrizomenoi verstanden. Die Vfn. weist darauf hin, dass sich in den Lexika kein Beleg für metamorphueikon im Passiv als verwandeln in etwas ohne eis findet (269); eikon übersetzt sie im Rahmen ihrer pneumatologische[n] Hermeneutik (279) als Spiegelbild (271) oder als denselben Spiegelreflex (278). Ihre Übersetzung bietet den Vorteil, dass der Hauptsatz mit metamorphumetha aufgenommen und mit einer eindeutigen Aussage abgeschlossen wird: Wir ... werden ... umgeformt von Herrlichkeit in Herrlichkeit (271). Die Beziehung von ten auten eikona als doppelter Akkusativ scheint mir dagegen das Verständnis nicht zu erleichtern. Das klassische Verständnis der Phrase als werden wir in dasselbe Bild ... verwandelt (Chr. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, THKNT 8, 1989, 69) leidet unter dem fehlenden eis Hier hat die Vfn. recht. Ihr Lösungsvorschlag vermag aber das nachgestellte ten auten eikona nicht mit Sinn zu füllen. eikon ist bei Paulus stets und ausschließlich Bild im Sinne von repräsentatives Bild bzw. Gestalt, die das Urbild vollständig abbildet und vertritt. Will man das fehlende Âå nicht ergänzen, so wäre eine Übersetzung vorzuschlagen, die ungefähr lauten könnte: Wir alle sehen ... (im Spiegel) die Herrlichkeit des Herrn, sein Bild selbst, und werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verwandelt. Zum Verständnis der Phrase ist auch nachdrücklich auf Röm 8,29 zu verweisen: symmorphus tes eikonos tu hyn autu. Hier sind die Zugehörigkeit von eikon zu morph- und die Bedeutung von eikon als Bild/Abbild deutlich. Mir scheint Röm 8,29 eine Hilfe für das Verständnis von 2Kor 3,18 zu sein. Die Akkusativproblematik stellt sich allerdings in Röm 8,29 nicht. Das Verdienst der Vfn. ist auf jeden Fall, auf die bleibende Übersetzungsproblematik von 2Kor 3,18 hinzuweisen und nach einer neuen Lösung zu suchen.

Schließlich untersucht die Vfn. ausführlich die Apostelmetapher 2Kor 4,6 als Zusammenfassung der Typologie (298). Sie sieht hier eine kühne, d. h. innovatorische ... und sprachschöpferische ... Metapher (313). Das ,Gesicht Jesu Christi' in 2Kor 4,6 ist eine Apostelmetapher. Es ist das Gesicht des Apostels Paulus, in dem ,(als) in einem Gesicht Jesu Christi' die Doxa Gottes für die Gemeinde aufstrahlt. Der ganze Satz ... ist die Metapher (314). Die metaphorische Prädikation ist also: Mein Gesicht ist (ein) Gesicht Jesu Christi. 2Kor 4,6 ist eine Identifikationsmetapher. Prosopon, Gesicht, steht ... synekdochisch für die ganze Person (314). Die Vfn. stellt sich die Bedeutung dieser Metapher so vor: Gott ist im Herzen des Apostels aufgestrahlt, damit Christus in ihm von neuem ein Gesicht bekommt, das leuchtet; durch die Doxa Gottes in ihm soll der Apostel ,ein Gesicht Jesu Christi' werden, sein personaler Repräsentant [im Text Druckfehler: Prepräsentant] in der Aposteldiakonia (315). Daraus ergibt sich die Identifikation: Paulus ist (ein) Jesus Christus (314). Hier wird deutlich, dass die Vfn. konsequent darauf besteht, großen paulinischen Sätzen deutlichen Sinn abzugewinnen. Aber bei einem Satz wie 4,6 fragt sich die Rezn., ob hier nicht eine sich theologisch verselbständigende und von der Metapher Licht/Erleuchtung für apostolische Predigt ablösende Begriffssprache bei Paulus entwickelt wird, die eigens nachgezeichnet werden müsste.

Teil C gilt dem Kontext von 2Kor 2,14-4,6; 2Kor 4,7-5,10 und 5,11-6,13. Die Analyse will Struktur, Gedankengang und Theologie der Apologie 2Kor 2,14-6,13 erarbeiten (320). Allerdings verfährt die Vfn. in diesem Teil wesentlich kürzer als in Teil B. Sie arbeitet in zwei Kapiteln Aspekte der Textsemantik von 2Kor 2,14-6,13 (350) und Aspekte der Textpragmatik (401) aus. Die Textsemantik stellt sich unter der Überschrift Durch Tod zum Leben (350) von den Oppositionsstrukturen im Text (355) her dar: Gramma und Pneuma (3,1-4,6), Tod und Leben (4,7-5,10), Sünde und Gerechtigkeit (5,11-6,13), Vergehende und Gerettetwerdende (2,14-17). Dabei arbeitet sie mit dem semiotischen Viereck oder elementaren Bedeutungsviereck der konträren und kontradiktorischen Opposition (349-354). Dementsprechend stellt sie die Textsemantik der Apologie 2Kor 2,14-6,13 in zwölf Oppositionsgruppen dar (355). Ihr Grundschema lautet: Tod - Leben/ Nicht-Leben - Nicht-Tod. Dies Grundschema lässt sich in der Tat in modifizierter Form auf die verschiedenen Texteinheiten anwenden und erschließt die grundlegende Oppositionsstruktur dieses durchgehend antithetisch gebauten Textes.

Die Textpragmatik schließt die Vfn. unter dem Titel Dynamik der Versöhnung auf (401). Sie versteht diese Dynamik als den Versuch des Paulus, die Korinther auf den Weg der Versöhnung zu bringen, weist aber darauf hin, dass Paulus textpragmatisch nur begrenzten Erfolg gehabt habe. Daher gilt: Was für den heutigen Leser von dem Konflikt erhalten blieb, ist ein Text, der die älteste uns erhaltene christliche Versöhnungstheologie enthält (430).

Die Arbeit endet mit einer schematischen Darstellung der Gesamtstruktur der Apologie des Aposteldienstes 2Kor 2,14-6,13 (435). Fazit: Paulus will mit seiner Versöhnungstheologie deutlich machen, dass Gottes Doxa auf der versöhnten Gemeinde liegt und ,Doxa' ... somit im Neuen Bund auch eine gemeinschaftliche Erfahrung im Geist ist. So entsteht unter den Gläubigen sozusagen eine christusförmige ,Communio-Doxa' (438). Eine wichtige Verstehenshilfe stellen abschließend die Schemata 1-15 (447 f.) dar.

4. Es handelt sich um eine mit großem Respekt vor dem Paulustext und mit intensivem methodischen Einsatz verfasste exegetische Arbeit, der man als Leser ebenfalls Respekt entgegenbringen muss, auch wenn man gerade im Bereich der Metapherinterpretation selbst zu anderen Ergebnissen kommen mag. Eines hat die Rezn. vermisst: eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Margaret E. Thralls magistralem Kommentar (The Second Epistle to the Corinthians I, ICC, Edinburgh 1994). M. E. Thralls Kommentar (Band II erschien kürzlich) ist von solch philologischer und begrifflicher Klarheit und stellt die Problematik der schwierigen Passagen gerade der Kapitel 2-6 so gut strukturiert dar (z. B. Erklärung zu 3,18 S. 282 ff. mit Exkurs IV S. 290 ff.), dass die Vfn. mit ihrer textlinguistisch und textpragmatisch orientierten Methode hier eine dauernde philologische Gesprächspartnerin gehabt hätte.

Der Studie sind aufmerksame Leser zu wünschen. Die Dissertation bereichert die Forschung zum 2. Korintherbrief.