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Ausgabe:

März/2001

Spalte:

333–335

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Marian Studies, 49/1998. The Virgin Mary in Art.

Verlag:

Dayton: The Marian Library 1999. 193 S. m. Abb. 8.

Rezensent:

Horst J. Eduard Beintker

Im Wunderland Amerika für politische, gesellschaftliche und positive ökonomische Entwicklung nimmt auch in der religiösen Stimmung für Maria bei den römisch-katholischen Ordensleuten nach den Berichten im neuesten Jahrbuch die innovatorische Absicht den ersten Platz ein. Das 49. Jahrestreffen der amerikanischen Gesellschaft für Mariologie beschäftigte sich so erstmals mit Marias Darstellung in der Kunst. Über 70 Exponate - "icons, paintings, and sculptures" - wurden während des Treffens ausgestellt. Die sechs inhaltlichen Beiträge dienten sämtlich dem gestellten Thema, auch das Vorwort des Herausgebers und Sekretärs Thomas A. Thompson, S. M. Seinen Namen findet man diesmal unter den sehr informativen Berichten zur Tagung und über drei Sitzungen (Leitung; 2 Mitgliederversammlungen zur Vorstandswahl und Zuwahl neuer Mitglieder) nicht. Man erfährt u. a., wohin die genannte Ausstellung noch gelangen will und welches Thema zukünftig behandelt wird. Sein Vorwort (Editors Preface) verweist schon zurück auf "the permanent collection of modern religious art" in 60 Räumen des Vatikanischen Museums und auf päpstliche Voten von Paul VI. (1973 bei der Eröffnung der Ansammlung moderner religiöser Kunst in Rom) und Johannes Paul II. in Duodecimum saeculum über die Sprache der Schönheit, die religiöse Kunst benutze.

Paul VI. betonte, dass die Kirche "as the lover and teacher of the arts" bekannt sei und fragte, ob die Museen religiöser Kunst als ein erhabener Friedhof nur von Kunstwerken der Vergangenheit gesehen werden dürften. Moderne Kunst, räumte er ein, sei subjektiver im Ausdruck als die klassische, aber deshalb könne sie als menschlicher wahrgenommen werden. Er bemerkte, dass moderne Kunst auf die säkularisierte Welt "a prodigious capacity ... for expressing ... the religious, the divine, the Christian" habe (The Pope speaks 18,2 [1973]: 141-144).

Thompson, auf Johannes Paul II. gestützt, stellt dem Programm der Tagung - innovative in many ways (6) - prinzipiell voran, dass religiöse Kunst nicht um der Kunst willen (it is not art for art's sake), sondern mit besonderer Absicht entstehe: It is to remind us of God; it directs our gaze to the divine beauty present within creation. Da religiöse Kunst die "language of beauty" (Pope John Paul II.) spreche, sei sie fähig, die Herzen zu erreichen und eine Botschaft zu übermitteln, welche das nur gesprochene Wort nicht mitteilen könne (also cannot communicate). "Because it contains 'a certain resemplance to the truth' [Catechism of the Catholic Church], religious art affirms that the creation mirrors divine truth and beauty." - Dieser fast ideologischen amerikanischen Vorliebe und mit hohen Preisen verherrlichten Schönheit göttlicher Schöpfung in Natur und in Menschen entgegen darf für unser Urteil Jes 53,2 über den Gottesknecht bedacht werden: Er hatte keine Gestalt noch Schöne. Den Schönheitsidealen gegenüber, auch in den marianischen Huldigungen vom Mittelalter bis heute, ist das ein überzeugender biblisch-theologischer Einwand gegen die unkritische Übernahme der antik-humanistischen Trias vom Zusammenklang des Schönen, Wahren und Guten.

Sehen wir etwas näher auf die übrigen z. T. mit reichen Bildbeigaben versehenen eigentlichen Beiträge des Jahrbuchs zum Sachthema: George F. Kirwin O. M. nimmt in seiner presidential address "Art, Religion, Mary" die Herausforderung von 1975 beim Internationalen Mariologisch-Marianischen Kongress in Rom auf, die Paul VI. als pastoralen Hinweis formulierte: "We wish to offer an answer to a question that is very important both for pastoral action and for doctrine: In what new and suitable manner is Mary to be brought to the attention of the Christian people so that they will be stirred to renewed zeal in their devotion to her?" Paul VI. ließ diese Frage beantwortend das Ideal der Schönheit gelten: "We shall call it the way of beauty"; denn Maria sei vollständig schön und ein fleckenloser Spiegel (a spotless mirror). Das sei sie, weil "full of grace", erfüllt vom Hl. Geist, dessen übernatürliches Licht in ihr mit incomparable splendor scheint; sie ist die Frau "clothed with the sun, the supreme model of perfection", welche die Künstler aller Zeiten in ihrem Werk zu erfassen versucht hätten (8; in: The Pope Speaks 20, 1975, 202).

Kirwin bekennt, dass er wenig oder nichts von Kunstwissenschaft und Theorie zur Vorbereitung seiner Präsidiumsrede wusste und deshalb dafür begann, etwa zehn Bücher darüber zu lesen. Barbara B. Baumgartens "Visual Art as Theology" (1994) gibt ihm den Schlüsselbegriff, wenn es um Verstehen von religiöser Kunst geht: "Engagiertes Mit- und Einleben" (Comitted Indwelling), was er jedoch als zu kompliziert zurückweist. Mit G. van der Leeuw und T. Dunne (Lonergan and Spirituality) meint er eher mit den Augen der Liebe, wie letzterer den Glauben definiert, religiöse Kunst wahrnehmen zu können. Seinen ebenfalls auf Hoffnung sich beziehenden Grund aller Erfahrungen trotz vorhandener Übel wendet er aufs Wirken der Kunst an. "The artist can help the theologian convey to a world in need of imagery something of that pull of the transcendent which underlies the experience of all who are called to intimacy with God" (18).- Die Argumentationen K.s sind lesenswert; sie gipfeln darin, die Kunst zur ancilla theologiae zu erwählen. Dem haben Meister wie Dürer, Rembrandt, van Gogh und Rouault nicht entsprochen. Man darf Kunst nicht zum Reklamedienst der römischen Kirche entwürdigen.

J. G. Roten S.M., "Mary and the way of beauty" (109-127), erschließt in seinem Vortrag Paul VI. genauer in dem Punkt seiner Rede 1975 über Marias Beziehung zum Hl. Geist. "The Holy Spirit produced the one who is allbeautyful, the one who most perfectly reflects the divine beauty", wie Kirwin es zusammenfasst. Roten steigert es mit der via pulchritudinis.

Man entnimmt es schon aus den Themen seiner Untertitel Mary as Aesthetic Reality, Mary as God's Masterpiece, Mary as God's Dwelling Place, Mary as Seat of Wisdom, Mother-Child Image as Aesthetic Synthesis usw., fragt sich aber, ob Gott in Christus in uns anderen weniger wohnt und wie er in Maria greifbar gleichsam dank des "Schönheitsweges" Gottes Meisterstück, Sitz der Weisheit und Vollkommenheit für unsere Augen ist, obgleich er doch wohnt, wo niemand Zugang hat und keiner ihn sehen kann (vgl. 1Tim 6,16), wohl aber durch den Glauben in unseren Herzen (Eph 3,17).

M. T. Morris O.P., "Some Protestant and Catholic Images of Mary in Nineteenth-Twentieth-Century Art" (41-67), interpretiert eine Auswahl nach seiner Meinung womöglich repräsentativer Darstellungen Marias von F. Overbecks "Triumph der Religion" (1840) bis Matisses's Kapellenwandbild "Madonna and Child" (1950). Zu insgesamt 27 Abbildungen findet man informative Mitteilungen über die 19 Personen, aus deren Schaffen, auch in Photographie, Bronze (vom jüdischen Künstler J. Lipchitz), Mosaik und Film gewählt wurde, u. a. von den Nazarenern, dann den Prä-Raphaeliten in England und der Schule Couturiers in Frankreich. Weiter darüber mit acht Abb. zum Marienbild im 20. Jh. hört man von T. Dempsey S.J. (68-83). N. Glisson (84-108; 12. Abb.) mit einer Auswahlbibliographie gibt Darstellungen von Marienerscheinungen auf Medaillons, Statuen und Bildern. Der Reihe nach behandelt er die Erscheinungen in Paris, 1830; La Salette, 1846; Lourdes, 1858; Fatima, 1917; Medjugorje, 1981; Guadalupe/Mexiko, 1531. Er trennt Visionen und Bilder dazu und gibt zum Schluss eine "Analysis of the Images from Marian Apparitions" (98 ff.), denen er einen bezeichnenden Platz zuweist "in popular Catholicism" (102); sie dienen kirchlicher Mission.

Barbe Awalt u. Paul Rhetts, "The Images of Nuestra SeÒora in New Mexican Devotinal Art" (19-40; 4 Anhänge, 20 Abb.), geben als Begründer des Journals für zeitgenössische und traditionelle spanische Kolonialkunst und Kultur eine zuverlässige Darstellung der Nachbildungen von Heiligen darin, hier auf Maria konzentriert. "In New Mexico, the tradition of making santos, images of the saints, has long been revered for its simple yet intensive expression of the faith." Diese Form von Glaubenszeugnissen, sowohl in Gestalten (bultos genannt) wie in Bildern auf Holztafeln (retablos), gibt es seit 400 Jahren. Hier lernt man etwas über die Entwicklung und speziell über historische Bildgeschichten mittels santos. Mexikanische Künstler benutzten ca. 12 der biblisch dokumentierten Ereignisse in Marias Leben: Beziehungen zu Jesu Kindheit; Ankündigung seiner Geburt und Besuch bei Elisabeth (Lk 1,26.35.36-56); Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-23); die Hl. Familie usw. Nützlich sind die Hinweise auf die Künstler (santeros), meist in Familientradition, und die Anhänge: 1. Bibliographie; 2. Frequenz von Marienbildern; 3. Liste der Bilder und Feste bei ihnen; 4. Besuchsplätze, um die mexikanische religiöse Kunst zu sehen.

Am Ende wird das offene Schlussforum wiedergegeben, bei dem Künstler und Theologen von der Beziehung zwischen Spiritualität und Kunst bis zu ökonomischen Fragen der Weltkunst sprachen (Awalt, Rhetts, Dempsey, Morris) (128-140) sowie die von E. R. Caroll seit 30 Jahren zusammengestellten Überblicke jährlicher Bibliographien zur Mariologie, diesmal 1998 (umfangreich und gegliedert: 141-166).