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Ausgabe:

März/2001

Spalte:

330 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

(1) [Hertzsch, Klaus-Peter:] (2) [Möller, Christian:] (3) [Steck, Wolfgang:]

Titel/Untertitel:

(1) Vertraut den neuen Wegen. Praktische Theologie zwischen Ost und West. Festschrift für Klaus-Peter Hertzsch zum 70. Geburtstag. Hrsg. von K. Petzold und K. Raschzok.
(2) Auf dem Weg zu einer seelsorglichen Kirche. Theologische Bausteine. Christian Möller zum 60. Geburtstag. Hrsg. von M. Josuttis, H. Schmidt u. St. Scholpp.
(3) Praktische Theologie als Topographie des Christentums. Eine phänomenologische Wissenschaft und ihre hermeneutische Dimension. Hrsg. von E. Hauschildt, M. Laube u. U. Roth.

Verlag:

(1) Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2000. 487 S. 1 Porträt. 8. Kart. DM 44,-. ISBN 3-374-01833-5.
(2) Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2000. 295 S. gr.8. Kart. DM 58,-. ISBN 3-525-60403-3.
(3) Rheinbach: CMZ-Verlag 2000. 383 S. 8 = Hermeneutica, 10. Kart. DM 55,-. ISBN 3-87062-038-2.

Rezensent:

Christian Grethlein

Die hier anzuzeigenden, fast gleichzeitig erschienenen Festschriften, zum 70. Geburtstag von K.-P. Hertzsch und jeweils zum 60. Geburtstag von Chr. Möller und W. Steck, repräsentieren - neben den üblichen Beiträgen von persönlichen Bekannten und Fakultätskollegen der Jubilare - verschiedene Formen Praktischer Theologie an der Schwelle der Jahrhundertwende. Bezeichnenderweise sind von den insgesamt 70 Beiträgerinnen und Beiträgern nur zwei in mehr als einer Festschrift vertreten.

Die Festschrift für den langjährigen Praktischen Theologen in Jena, Klaus-Peter Hertzsch, unterscheidet sich von den beiden anderen durch den deutlichen Bezug von insgesamt etwa der Hälfte der 27 Beiträge auf ostdeutsche und osteuropäische Problemlagen. Besonders hervorzuheben sind dabei im ersten "Spurensicherung" überschriebenen Teil die pastoraltheologischen Überlegungen von Eberhard Winkler (Gegenüber und Miteinander. Zum Verhältnis von Pfarramt und Gemeinde im Wandel der Zeit, 153-169), die sich durch klare Bestandsaufnahme und den Versuch von "Visionen" auszeichnen, in denen auch schmerzliche Lernerfahrungen aus DDR-Zeiten nicht ausgeblendet, sondern konstruktiv aufgenommen werden. Im zweiten "Bestandsaufnahme" genannten Teil kommt in unterschiedlicher Weise vor allem der Gottesdienst in den Blick, wobei interessanterweise spezifisch ostdeutsche Perspektiven zurücktreten. Im abschließenden Teil "Zukunftsperspektiven" werden vornehmlich Fragen der zukünftigen Gestalt von Kirche bedacht, wobei besonders auf die Überlegungen "Kommende Herausforderungen für die Seelsorge" (453-463) des vor Drucklegung verstorbenen Klaus Winkler verwiesen sei. Hier werden knapp, aber eindrücklich aus pastoralpsychologischer Sicht Bedingungen für realitätsgemäßes Handeln von Kirche skizziert.

In der Festschrift für den Heidelberger Praktischen Theologen Christian Möller steht die "Seelsorge" im Mittelpunkt, allerdings nur teilweise als eigenes Thema, öfter als Perspektive für praktisch-theologisch relevante Handlungsfelder und Fragen. Im ersten Teil "Seelsorge im Gottesdienst" werden sowohl homiletische als auch liturgische und hier vor allem hymnologische Fragen bedacht. Besonders interessant erscheint dabei die Interpretation von Bachs Kreuzstabkantate unter der Perspektive "Klangrede als Seelsorge" durch Martin Nicol (72-84).

Im zweiten Teil geht es um "Seelsorge in Gemeinde und Gesellschaft". Dabei begegnen verschiedene Ansätze, in denen jeweils das Bemühen um theologische bzw. religiöse Qualifikation der Seelsorge hervortritt. Den Band schließen Beiträge zu "Seelsorge in der Theologie" ab.

Standen in den beiden genannten Festschriften konkrete kirchliche Handlungsfelder im Vordergrund, fehlen diese in der dem Münchener Praktischen Theologen Wolfgang Steck zugeeigneten zwar nicht, sie treten aber deutlich hinter wissenschaftstheoretischen und kulturhermeneutischen Überlegungen zurück. Im ersten Teil thematisieren die Beiträge - nach der Auskunft des Inhaltsverzeichnisses - die "Kunst des Lesens". Hier stellt z. B. Wilhelm Gräb "Praktische Theologie als religiöse Kulturhermeneutik. Eine deutende Theorie gegenwärtig gelebter Religion" (86-110) vor. Es folgen Aufsätze zu "Kunstwerke des Lesens", worunter teilweise die traditionellen pastoralen Handlungsfelder wie Amtshandlungen, Predigt, Seelsorge und Unterricht, aber auch "Medien", "Stadt beschreiben" (M. Flothow) und ",Geschlecht' wahrnehmen" (U. Pohl-Patalong) gehören. Der Band wird abgeschlossen durch zwei Beiträge zu "Wiedergelesenes", also zur Geschichte der Praktischen Theologie.

Alle drei Festschriften enthalten viel Lesenswertes (wobei in den Gaben für Hertzsch und Steck sich erfreulicherweise Bibliographien der Geehrten finden). Ihre Unterschiedlichkeit entspricht weithin den Beiträgen, die die Jubilare jeweils für die Praktische Theologie leisteten, und zeigt hier einen erfreulichen Reichtum gegenwärtiger praktisch-theologischer Arbeit, für den den drei Jubilaren Dank und Achtung gebührt. Es bleibt für zukünftige praktisch-theologische Theoriebildung die Aufgabe, gleichermaßen die Erkenntnisse aus West- und Ostdeutschland unter Berücksichtigung der konkreten Praxisfelder wie auch der kulturhermeneutischen Reflexion aufzunehmen und zu einer differenzierten, aber praxistauglichen Theorie zu verarbeiten

Ob man dabei - wie in allen drei Festschriften - auf den Beitrag katholischer Pastoraltheologen verzichten kann, erscheint dem Rezensenten zweifelhaft.