Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

März/2001

Spalte:

329 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Gräb, Wilhelm, Rau, Gerhard, Schmidt, Heinz, u. Johannes A. van der Veen [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Christentum und Spätmoderne. Ein internationaler Diskurs über Praktische Theologie und Ethik.

Verlag:

Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 2000. 219 S. gr.8. Kart. DM 48,90. ISBN 3-17-16098-2.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Band präsentiert Vorträge, die "auf einem Symposion im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität" - vermutlich der Heidelberger Universität - vorgetragen wurden (leider ohne Datumsangabe). Ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ist - nach dem Vorwort: "Christentum zeigt sich zunehmend in einer Vielfalt von Formen, d. h. Überzeugungen wie Lebensstilen, weil die institutionsgebundenen traditionellen Muster ihre bindende Kraft eingebüßt haben." (7) Daraus folge die Konsequenz, dass der Gegenstandsbereich der Praktischen Theologie sich ausweite und: "Damit stößt Praktische Theologie zwangsläufig auf Diskurse zum Handeln und zur Lebensführung in offenen pluralistischen Gesellschaften, wie sie in der philosophischen und der theologischen Ethik schon seit längerem geführt werden." (7)

In einem einleitenden Teil stehen "Theologisch-ethische Diskurse unter pluralistischen Bedingungen" im Zentrum: Michael Welker thematisiert die Bedeutung christlicher Theologie in pluralistischen Gesellschaften, Wilfried Härle skizziert Probleme, die für Ethik und Praktische Theologie aus der Rezeption von Human- und Sozialwissenschaften erwachsen, Karl Ernst Nipkow weist auf Überschneidungsfelder zwischen Praktischer Theologie und Theologischer Ethik hin. Bei Don Browning fallen dann beide Disziplinen von der gemeinsamen hermeneutischen Aufgabe her in einer "praktisch-theologischen Ethik" zusammen.

Im Weiteren folgen zwölf Beiträge, die ein weites Feld umspannen, ohne dass die jeweiligen Zusammenhänge immer klar erkennbar wären. Auffällig ist ein deutliches Hervortreten von traditionell der Religionspädagogik zugewiesenen Themen (F. Schweitzer, K. Wegenast, teilweise auch J. van der Veen). Dabei werden "die Kontinuität und der Zusammenhang zwischen Praktischer Theologie und Ethik" (so Schweitzer, 80) stark betont, Unterscheidungen treten dahinter zurück. Allein Wilhelm Gräb ("Wahrnehmung gelebter Religion - oder wie Theologische Ethik und Praktische Theologie zusammenspielen", 114-126) gelingt - bei aller sachlichen Nähe - eine überzeugende Distinktion durch entschiedenen Verweis der Praktischen Theologie auf die Gestaltungsfragen kirchlichen Handelns, die allerdings nicht durch bloße Anwendung von etwa in der Ethik Erarbeitetem, sondern durch "die im Grunde paradoxe Aufgabe einer Methodenlehre der Freiheit" (125) zu bearbeiten sind. Weiter finden sich noch Beiträge zu praktisch-theologischen bzw. ethischen Entwicklungen in Frankreich ( B. Kaempf), Japan (Th. Hastings), Südafrika (D. Ackermann, D. Louw), sowie ein sehr interessanter Versuch, von einem konstruktivistischen Kommunikationsverständnis her, Praktische Theologie als einheitliche Disziplin zu begreifen (H. Schmidt), und Hinweise zur modernen (evangelischen) Kirchlichkeit in Deutschland (G. Rau). Schließlich sind ein an Melanchthons Gesetzes-Lehre erinnernder Artikel (H. Scheible) und ein feministischer Beitrag (R. Bons-Storm) aufgenommen.

Insgesamt führt dieser Sammelband die verwirrende Mannigfaltigkeit der Diskurse im Umfeld von "Christentum und Spätmoderne" vor; hinsichtlich des Verhältnisses von Praktischer Theologie und Ethik leistet er nur eine - wichtige - Problemanzeige.