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Ausgabe:

März/2001

Spalte:

292–294

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Frenz, Thomas, u. Peter Herde [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Das Brief- und Memorialbuch des Albert Behaim.

Verlag:

München: Monumenta Germaniae Historica 2000. XVI, 655 S. m. Abb. 6 Ktn. 4 = Monumenta Germaniae Historica: Briefe des späteren Mittelalters, I. Lw. DM 180,-. ISBN 3-88612-091-0.

Rezensent:

Gert Haendler

Im Vorwort informiert Peter Herde über die Geschichte der Edition: Der nur in einem Exemplar überlieferte Text wurde bis 1945 in der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek bearbeitet, man dachte auch an eine Edition in den "Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte". 1965 übernahm Herde die Aufgabe für eine Edition in den MGH, 1985 trat Thomas Frenz hinzu als Mitherausgeber, der den Text durch die Herstellung von Mikrofilmen und Hochglanzabzügen vorbereitet hat (VI).

Über Albert Behaim gibt es wenige Quellen, seine "Biographie gibt viele Rätsel auf. Nur eine verhältnismäßig kurze Spanne seines Lebens - weniger als anderthalb Jahrzente - liegt im Hellen" (5). Die Deutung "Behaim" als "der Böhme" wird abgelehnt, vermutlich stammt er aus dem bayerischen Niederaltaich. Als Geburtszeit nimmt man die Jahre 1180/1190 an, da er noch zur Zeit Papst Innonzenz III. in Rom war. Albert gehörte zur Begleitung eines Bischofs, der das 4. Laterankozil (1215/ 16) besuchte. Dies könnte noch in Alberts "jugendlichem Alter geschehen sein, so daß ein Geburtsdatum um 1200 nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann" (8). Albert hat eine solide Ausbildung erhalten, "über den Kanon der artes liberales hinaus befaßte er sich vor allem mit Medizin und Naturkunde" (10). Er soll 1212 Kanoniker der Passauer Domkirche geworden sein, viele Pfründen werden ihm zugeschrieben (12 f.).

1238 kam Albert im päpstlichen Auftrag nach Bayern, unsicher sind die Zusammenhänge vorher. "Sicher datierbare Quellen nennen ihn erstmals 1239 Archidiakon" (13). Jetzt wirkte er in größeren Zusammenhängen: Albert erhielt 1239 in Rom den Auftrag, "den Widerstand der päpstlichen Partei gegen Friedrich II. in Deutschland, speziell in Bayern, zu organisieren" (15). Man hat freilich keine Erklärung dafür, "warum der Papst mit Albert einen in der kirchlichen Hierarchie so niedrig angesiedelten zu seinem politischen Agitator bestellt hat" (16). Albert erklärte 1240 den Erzbischof von Salzburg für abgesetzt, doch der beschwerte sich beim Herzog von Bayern und bezeichnete Albert als "turbator totius Bojoariae" (17). 1241 befindet sich Albert auf der Flucht, er fand jedoch in Bayern und Böhmen an mehreren Orten Zuflucht. 1241 war der päpstliche Stuhl vakant. 1244 erlebte Albert an der Kurie in Lyon jenes Konzil mit, das den Kaiser Friedrich II. für abgesetzt erklärte. Aber Alberts "finanzielle Lage in Lyon war offenbar ungünstig; wovon er gelebt hat, wissen wir nicht" (19). Albert empfahl sich bei Papst Innonzenz IV. als Vermittler und erhielt die Würde eines Domdekans von Passau. Als er jedoch 1247 nach Passau kam, ließ man ihn nicht ein. Der Papst konnte nicht helfen, er war selbst als Flüchtling in Lyon. Der Herzog von Bayern hatte sich aber mit dem Stauferkaiser Friedrich II. verbündet. Später erreichte Albert beim Papst die Absetzung des Passauer Bischofs, wahrscheinlich war Albert dazu 1250 erneut nach Lyon gekommen. Albert erwirkte die Einsetzung des neuen Bischofs Berthold in Passau, mit dem er am 1.10.1250 in die Stadt einziehen konnte.

Bald darauf musste Albert vor der Bevölkerung fliehen. Urkunden von 1253 und 1256 zeigen freilich, dass er in Passau lebte. Sein Einfluss war gering, mit dem Tod des Papstes Innozenz IV. hatte Albert 1254 seinen Rückhalt in der Kurie verloren. Albert war zeitweise in Haft, Papst Alexander IV. forderte 1258 seine Freilassung "in durchaus moderater Form" (25). Albert verstarb vermutlich im März 1260. Eine Zeittafel gibt einen Überblick über Alberts Leben, dessen Bewegtheit noch heute beeindruckt (26/28).

Albert hinterließ mehrere Werke: Von Aventin stammen Auszüge aus politischen Aufzeichnungen Alberts, deren Text nicht erhalten ist. Weitere historische Schriften werden nach Aventins Zeugnis Albert zugeschrieben, aber "ein positiver Beweis dafür fehlt" (30). Das Brief- und Memorialbuch ist der einzig sicher überlieferte Text von Albert Behaim. "Die datierten Eintragungen umfassen den Zeitraum von Mai 1241 bis zum 25.8.1256" (34). Vermutlich hat Albert den Band im Spätsommer 1246 begonnen zu dem "Zeitpunkt, zu dem er hoffen konnte, in Ehren nach Passau zurückzukehren" (35). Die Handschrift kam im Zuge der Säkularisierung in die Münchener Staatsbibliothek, 1847 erschien eine Teiledition von Constantin Höfler mit Briefen und Urkunden; die an Zahl und Umfang weit größeren medizinischen, theologischen und naturwissenschaftlichen Texte blieben als "historisch wertlos" weg (36 f.).

Die neu vorgelegte erste kritische Edition bietet 191 Texte, deren Vielfalt nur angedeutet werden kann. Mehrere Exzerpte stammen aus der historia scholastica des Petrus Comestor (1187), Lehrer an der Kathedralschule von Paris: Nr. 8, 14, 19, 20, 21, 24, 26, 72, 158, 167 und 169. Von Interesse ist Text 43 mit einem lateinischen Text der Offenbarungen des Pseudo-Methodius aus dem späteren 7. Jh., über deren Problematik man gründlich Auskunft erhält. "Der unmittelbare Anlaß für Albert Behaim, diese und andere eschatologische Texte in seine Sammlung aufzunehmen, war der Einfall der Mongolen in Osteuropa, besonders 1241/42, den er aus ziemlicher Nähe beobachten konnte" (139). Die Offenbarungen des Pseudo-Methodius fanden als Trostschrift Anklang. Leider ist der Text in Alberts Sammlung "bis zur Unkenntlichkeit entstellt, so als sei er umso tiefgründiger, je unverständlicher er ist" (139). Politische Rundschreiben stehen in Nr. 30-39 und 51-53, über die Einsetzung des Bischofs Berthold in Passau geben Nr. 66-70 Auskunft. Albert bringt Briefe von Papst Innozenz IV. aus den Jahren 1245-1250 als Nr. 50, 84, 163 und 191 A. Korrespondenzen mit Passau 1246-1248 bieten Nr. 85-96, Gedichte auf die Niederlage des Kaisers Friedrichs II. vor Parma 1248 folgen als Nr. 97-100, Briefwechsel Alberts mit Salzburg 1246 als Nr. 101-109. Die Nummern 143-159 enthalten medizinische und naturwissenschaftliche Texte.

Die Herausgeber des Textes haben gründlich die verschiedenen Probleme aufgearbeitet, die sich im Zusammenhang mit den Texten Albert Behaims ergeben. Register und Karten beschließen den informativen Band (621-664).