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Ausgabe:

März/2001

Spalte:

283 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Harnisch, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Die Zumutung der Liebe. Gesammelte Aufsätze, hrsg.v. U. Schoenborn.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999. 237 S. gr.8 = Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, 187. Lw. DM 98,-. ISBN 3-525-53871-5.

Rezensent:

Christoph Demke

W. Harnisch hat diese Sammlung von 13 bereits an anderen Stellen veröffentlichten Aufsätzen und Vorträgen aus dem Anfang der 70er und den 90er Jahren selbst zusammengestellt und sachlich geordnet (Gleichnistheorie, Thema der Nachfolge, gerade auch im Johannesevangelium, Grundeinsichten paulinischer Theologie). U. Schoenborn, dessen Initiative die Herausgabe der Sammlung aus Anlass des 65. Geburtstages von W. Harnisch zu danken ist, hat mit einem Stellen- und Namensregister den Band erschlossen.

Die ersten beiden der sechs Aufsätze zur Gleichnis- und Metaphernauslegung machen die Suche Harnischs nach einer angemessenen Gleichnistheorie, wie er sie dann 1984 in dem Band der Uni-Taschenbücher "Die Gleichniserzählungen Jesu" vorgelegt hat, nachvollziehbar. Auch wer sich nicht für überzeugt halten kann, dass die Parabel in der Verkündigung Jesu "als eine selbständige Redeform aufgefaßt sein will" (93) und "von Haus aus ein autonomes Kunstwerk ist" (90), findet in den subtilen Beobachtungen und Erwägungen zu den Texten ein hervorragendes Instrument kritischer Selbstkontrolle. Allerdings sah ich mich bei der neuerlichen Lektüre in dem Urteil bestärkt, dass die Gegenüberstellung von Rhetorik und Poetik, so ehrwürdig ihre Tradition sein mag, zwar einige heuristisch leistungsfähige Fragestellungen abwirft, aber für den Umgang mit der Verkündigung Jesu, die nun einmal durch und durch ,Gebrauchstext' ist, nicht die grundlegende Orientierung sein kann.

Der Name Wolfgang Harnisch wird verständlicherweise oft zuerst und mitunter ausschließlich mit seinen Beiträgen zur Gleichnisforschung verknüpft. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass in dem hier anzuzeigenden Sammelband auch Aufsätze zu den Paulusbriefen aufgenommen sind. Zwei Dinge seien daraus hervorgehoben, die als Anregungen bzw. Beiträge zu einer breiteren Erörterung Beachtung finden sollten.

Das eine ist eine Interpretation der sachlichen Ermöglichung und Bedeutung der Tatsache, dass Paulus Briefe schrieb, was ja keineswegs eine Selbstverständlichkeit war, wie im Rahmen der Auseinandersetzungen, die im Material des jetzigen 2. Korintherbriefes sich niedergeschlagen haben, erkennbar wird und wie es die urchristliche Literaturgeschichte bezeugt (s. bes. 195 ff.).

Das andere ist die Frage nach Notwendigkeit und Möglichkeit von Sachkritik in einer hermeneutisch reflektierten Exegese. Im letzten, 1999 entstandenen Beitrag wird das direkt thematisiert: "Christusbezug oder Weltbezug? Sachkritische Erwägungen zur paulinischen Argumentation in 1. Korinther 7" (206 ff.). Aber auch in anderen Beiträgen (s. bes. 203 f.) ist das Problem präsent und wird es angesprochen.