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Ausgabe:

Februar/2001

Spalte:

182–184

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Luther, Martin

Titel/Untertitel:

Studienausgabe. Im Auftrag der Evangelischen Kirche der Union in Zusammenarb. mit M. Beyer, H. Junghans u. J. Rogge hrsg. von H.-U. Delius. Bde. 5 und 6.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 1992/99. 638 S. u. 404 S. gr.8. Kart. DM 66,50 u. 52,80. ISBN: 3-374-01388-0 u. 3-374-01632-4.

Rezensent:

Volker Gummelt

Seit dem Beginn ihres Erscheinens im Jahre 1979 hat die Luther-Studienausgabe (StA) in der internationalen Forschung das Ansehen einer vorzüglichen Auswahl-Edition erlangt.1 Auch der 5. Band, der letzte der Text-Bände dieser Ausgabe, entspricht durchweg dem hohen wissenschaftlichen Niveau seiner Vorgänger.2 Entsprechend dem chronologischen Aufbau der StA werden in diesem Band Werke Luthers aus den Jahren 1533 bis 1545 wiedergegeben.

Zu Anfang ([13]23-102) steht die große Streitschrift gegen das Papsttum "Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe" von 1533, die der federführende Herausgeber Hans-Ulrich Delius edierte. Hilfreich für das bessere Verständnis dieser zum Teil recht kompliziert aufgebauten Schrift ist die in der Einleitung gegebene detaillierte Inhaltsgliederung, welche von Michael Beyer stammt. Bezüglich des Anmerkungskommentares verdienen die ausführlichen Zitate aus der Gegenschrift des Johannes Cochläus hervorgehoben zu werden, da mit deren Hilfe ein bequemer Einblick in die damaligen Auseinandersetzungen ermöglicht wird. Ebenfalls von H.-U. Delius wurde in diesem Band ([448]456-617) die vor allem für Luthers Ekklesiologie bedeutende Schrift "Von den Konziliis und Kirchen" aus dem Jahre 1539 herausgegeben. Der dazu erstellte, mit 2048 Anmerkungsnummern sehr umfängliche Kommentar erweist sich bei der Lektüre dieser Schrift als äußerst nützlich.

Im Gegensatz zu anderen Auswahl-Editionen der Werke Luthers entschied man sich bei der StA erfreulicherweise auch für die Wiedergabe ausgewählter Disputationsthesen und -mitschriften aus den Jahren 1535 bis 1537. Rudolf Mau hat diese mühevolle Editionsarbeit übernommen. Von der "Disputatio pro licentia de fide et de lege" vom 11. September 1535 wurde neben den beiden Thesenreihen auch die fragmentarische, heute in Wolfenbüttel aufbewahrte Disputationsnachschrift publiziert ([103]107-125). Dabei konnte Mau gegenüber der Ausgabe in WA 39I eine ganze Reihe von Falschlesungen berichtigen. Von der "Disputatio de homine" vom 14. Januar 1536 sind bedauerlicherweise lediglich die 40 Thesen abgedruckt worden ([126]129-133). Eine völlige Neukollation des Textes legte Mau für die Edition der Disputation "De iustificatione" vom 10. Oktober 1536 ([134]148-219) und der 1. Antinomerdisputation vom 18. Dezember 1537 ([220]236-325) vor. Der entscheidende Anlass dafür war die einige Jahre zuvor von Ernst Koch gemachte Entdeckung von Manuskripten jener Disputationen in der Anhaltischen Landesbücherei Dessau. Mau unternahm akribische Vergleiche zwischen den einzelnen, heute bekannten Textzeugen (bei der "Disputatio de iustificatione" sind es neun, bei der Antinomerdisputation sogar zehn verschiedene Handschriften), von denen er genauestens in den Einleitungen und Kommentaren Rechenschaft ablegt. Dabei zeigte sich, dass jene Dessauer Manuskripte in der Textgestalt der ursprünglichen Mitschrift der jeweiligen Disputation am nächsten kommen. Insgesamt gesehen dürfte die Textrekonstruktion dieser beiden Disputationen, so wie sie in der StA vorliegt, zukünftig der in WA 39I bei Weitem vorzuziehen sein.

Gleiches gilt auch für die Edition der Schmalkaldischen Artikel ([327]344-447), die Helmar Junghans besorgte. Wie in WA 50 werden auch in der StA die von Luther Ende 1536 begonnene Handschrift und der Druck von 1538 parallel wiedergegeben. Jedoch unternahm Junghans die einst von den Herausgebern dieser lutherischen Bekenntnisschrift in der WA gewünschte eingehende Untersuchung des Manuskriptes. In Folge dessen konnte er die verschiedenen Entstehungs- und Korrekturphasen der Handschrift von 1536 bis hin zum Druck im Jahre 1538 - soweit diese nachzuweisen sind - in dem Anmerkungskommentar präzise darstellen.

Der 5. Band der StA schließt mit Luthers "Praefatio" zum 1. Band seiner "Opera Latina" von 1545 ([618]624-638), die ebenfalls Helmar Junghans herausgab. Ohne Frage ist diese Vorrede wegen ihres autobiographischen Rückblickes auf die Anfangsjahre der Reformation von immenser Bedeutung. Mit dem informationsreichen Kommentar weist Junghans sich auch hier als ein profunder und souveräner Kenner der Materie aus.

Ursprünglich war geplant, die StA mit einem 6. Band abzuschließen, der neben einem frühneuhochdeutschen Glossar und den Registern alle Übersetzungen der lateinischen Schriften dieser Ausgabe enthalten sollte. Wie jedoch dem Klappentext des 5. Bandes zu entnehmen ist, entschied man im nachhinein, die Anzahl der Bände um zwei zu erweitern. Dieses geschah wohlbegründet, denn jener jetzt vorliegende 6. Band, der "nur" das Glossar und die Register beinhaltet, entspricht dem Umfange nach in etwa den vorherigen Bänden.

Nicht ganz die Hälfte jenes Bandes (7-192) umfasst das von H.-U. Delius unter Mitarbeit von M. Beyer erstellte "Frühneuhochdeutsches Glossar zur Luthersprache". Bereits bei der Textwiedergabe der deutschen Schriften in der StA wurden stets heute schwerverständliche Worte und Wendungen erklärt, jedoch ist mit diesem Glossar nun jeweils die Breite der Bedeutung der einzelnen Begriffe schnell zu erfassen. Zudem werden in jenem Glossar vielfach Worterklärungen aufgeführt, die in keinem der diesbezüglichen Standardwerke verzeichnet sind.

Das Bibelstellenregister (193-285) erarbeiteten M. Beyer und H.-U. Delius unter Mitwirkung von Joachim Hahn und Michael Otto. Dabei wurde leider ganz auf die lateinischen Bezeichnungen der einzelnen biblischen Bücher verzichtet. Dieses ist gerade angesichts dessen bedauerlich, dass man bei der Edition insbesondere der lateinischen Werke ausschließlich jene Namen (bzw. deren Abkürzungen) verwendete.

Das abschließende Orts-, Personen- und Zitatenregister (286-404) verfassten ebenfalls M. Beyer und H.-U. Delius mit Hilfe von J. Hahn und M. Otto sowie Thomas von Ochsenstein, Alexander Wieckowski und Susan Gäbler. Bei den Personen, die in dieses Register aufgenommen wurden, beschränkte man sich auf diejenigen, die bis einschließlich des 16. Jh.s lebten. Beachtlich ist der dabei aufgebrachte Fleiß, da versucht wurde, jeweils die Lebens- (und Regierungs)jahre - soweit diese zu eruieren waren - mitaufzuführen. Freilich wäre vor allem bei der Anführung geistlicher und weltlicher Herrschergestalten eine Einheitlichkeit in der Weise der Angaben wünschenswert gewesen. Zudem wäre es gewiss angemessener, einige der genannten Daten, die weiterhin als unsicher gelten dürften, auch als solche zu kennzeichnen. Übersichtlich ist in diesem Register der Nachweis der einzelnen Zitate gehalten, denn diese sind jeweils unter deren Verfasser und (zumeist) nach dem Originaltitel des Werkes, aus denen sie stammen, aufgeführt.

Es ist sehr zu hoffen, dass alsbald die noch zwei ausstehenden Bände mit den deutschen Übersetzungen der lateinischen Schriften erscheinen und somit die StA ihren endgültigen Abschluss findet.

Fussnoten:

1) Zu den Bänden 1 bis 4 der StA vgl. die Rezensionen in dieser Zeitschrift in Jg. 105, 1980, 202-204; Jg. 108, 1983, 828-830; Jg. 109, 1984, 523 f.; Jg. 112, 1987, 905 f.

2) Die verspätete Besprechung dieses Bandes geht nicht auf das Verschulden des Rez. zurück.