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Ausgabe:

Oktober/1998

Spalte:

955 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bastian, Jean-Pierre

Titel/Untertitel:

La Mutación Religiosa de América Latina. Para una sociología del cambio social en la modernidad periférica.

Verlag:

México: Fondo de Cultura Económica 1997. 230 S. kl.8 = Coleccion Popular, 529. ISBN 968-16-5021-2.

Rezensent:

Dorothea Ortmann

Seit den ausgehenden sechziger Jahren haben in Lateinamerika immer mehr kleine nichtkatholische Kirchen und religiöse Bewegungen an Einfluß gewonnen, unter ihnen vor allem die pfingstkirchlichen Gruppen. Der Vf. geht der Frage nach, ob und warum erst in unserem Jahrhundert der scheinbar einheitliche Block des Katholizismus in Lateinamerika zu zerbröckeln beginnt. Für ihn ist der Vorschub der pfingstkirchlichen Bewegungen ein Hinweis auf eine zunehmende Ausbreitung des Protestantismus. Trotz all ihrer Mängel sieht Bastian in dieser neuen religiösen Bewegung einen potentiellen Träger von Reformen und eine neue Christianisierung, die von unten kommt, denn die pfingstkirchlichen Bewegungen rekrutieren sich vor allem aus mittellosen Städtern und Bauern. Die Pfingstkirchen haben sich aus einer Kultur der Armut entwickelt, verbunden mit einer traditionellen autoritären Struktur. Dies spiegelt sich auch in ihrer Theologie wider, sie ist vor allem gesprochene Theologie, trägt fundamentalistischen Charakter und ist gebunden an einen geistigen Führer, der absolute Autorität besitzt. Der Zugang zur Lehre ist einfach und von jedem nicht gebildeten Menschen schnell nachzuvollziehen.

B. führt das sprunghafte Anwachsen von Pfingstkirchen und vieler anderer religiöser Kulte und Mischkulte auf den Säkularisierungsprozeß in Lateinamerika zurück und wertet dies als Ergebnis der Differenzierung auf religiösem Gebiet. Er will mit seiner Untersuchung die klassischen Thesen der Religionssoziologie (Integration, Kompensation, Säkularisierung) in Frage stellen, denn er glaubt nachweisen zu können, daß es nicht um das Absterben der Religion in den modernen Gesellschaften geht, sondern um ihre Umwandlung. Er behauptet, daß sie nicht verschwindet, sondern nur neue Formen annimmt, die vom Betroffenen nicht unbedingt als Religion erkannt wird wie zum Beispiel die esoterisch orientalischen Bewegungen. Nach Ansicht des Vf.s ist an den lateinamerikanischen Ländern am anschaulichsten vorzuführen, wie sich diese religiöse Umwandlung vollzieht, weil hier die Entsprechung von religiöser und sozialer Struktur leicht zu durchschauen ist, von dieser Erkenntnis ausgehend schlägt er auch den Bogen zum modernen Europa und den USA.