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Ausgabe:

März/1999

Spalte:

271 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Woude, A. S. van der [Ed.]

Titel/Untertitel:

The Book of Daniel in the Light of New Findings.

Verlag:

Leuven: University Press; Leuven: Peeters 1993. XVIII, 574 S. m. Abb. gr.8 = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 106. Kart. BEF 3000,-. ISBN 90-6186-531-X u. 90-6831-467-X.

Rezensent:

Bernd Janowski

Das neuerwachte Interesse an der apokalyptischen Literatur und die Entdeckung von Daniel-Handschriften in Qumran (s. dazu jetzt den allgemeinen Überblick bei A. Lange/H. Lichtenberger, Art. Qumran, TRE 28, 1997, 45-79, hier: 72 f.) haben dem Studium des Danielbuchs in den letzten Jahren einen beachtlichen Auftrieb gegeben. Grund genug, die Repräsentanten der internationalen Danielforschung vom 20.-22.08.1991 zu einem Colloqium Biblicum nach Löwen einzuladen, um die alten Fragen - Doppelsprachigkeit, LXX-Text, Entstehung, geschichtlicher Kontext des Dan-Buchs, Zusätze zum Dan-Buch u. a. - und die neuen Perspektiven der Danielforschung gemeinsam zu diskutieren. Der Band, der die Hauptvorträge sowie einen Teil der Kurzvorträge enthält, ist in fünf Abteilungen mit insgesamt 30 Beiträgen gegliedert:

I. Bilingualism and Greek Versions: A. S. van der Woude, Die Doppelsprachigkeit des Buches Daniel (3-12) - P.-M. Bogaert, Daniel 3 LXX et son supplément grec (13-37) - J. Lust, The Septuagint Version of Daniel 4-5 (39-53).

II. Literary-Critical, Form-Critical and Traditon-Critical Problems: D. Dimant, The Seventy Weeks Chronology (Dan 9,24-27) in the Light of New Qumranic Texts (57-76) - K. Koch, Gottes Herrschaft über das Reich des Menschen. Daniel 4 im Licht neuer Funde (77-119) - J. J. Collins, Stirring up the Great Sea. The Religio-Historical Background of Daniel 7 (121-136) - E. Haag, Der Menschensohn und die Heiligen (des) Höchsten. Eine literar-, form- und traditionsgeschichtliche Untersuchung zu Daniel 7 (137-185) - L. Dequeker, King Darius and the Prophecy of Seventy Weeks, Daniel 9 (187-210) - P. W. Coxon, Another Look at Nebuchadnezzar’s Madness (211-222) - J. W. van Henten, Antiochus IV as a Typhonic Figure in Daniel 7 (223-243) - H.-F. Richter, Daniel 4,7-14. Beobachtungen und Erwägungen (244-248) - F. H. Polak, The Daniel Tales in their Aramaic Literary Milieu (249-265) - I. Fröhlich, Daniel 2 and Deutero-Isaiah (266-270) - G. G. Labonté, Genèse 41 et Daniel 2: Question d’origine (271-284) - J. B. Doukhan, Allusions à la création dans le livre de Daniel. Dépistage et signification (285-292).

III. Literary and Sociological Approaches: J. Goldingay, Story, Vision, Interpretation. Literary Approaches to Daniel (295-313) - A. Lacocque, The Socio-spiritual Formative Milieu of the Daniel Apocalypse (315-343)- P. R. Davies, Reading Daniel Sociologically (345-361).

IV. General Historical and Religio-Historical Problems: M. Delcor, L’histoire selon le livre de Daniel, notamment au chapitre 11 (365-386) - C. C. Caragounis, History and Supra-History (387-397) - M. A. Knibb, "You are indeed Wiser than Daniel". Reflections on the Character of the Book of Daniel (399-411) - D. Michel, Weisheit und Apokalyptik (413-434) - R. G. Kratz, Reich Gottes und Gesetz im Danielbuch und im werdenden Judentum (435-479) - R. Stahl, "Eine Zeit, Zeiten und die Hälfte der Zeit". Die Versuche der Eingrenzung der bösen Macht im Danielbuch (480-494) - A. van der Kooij, The Concept of Covenant (berît) in the Book of Daniel (495-501).

V. Other Studies: P. David, Daniel 11,1: A Late Gloss? (505-514) - B. Becking, "A Divine Spirit is in You". Notes on the Translation of the Phrase rûah. c la hîn in Daniel 5,14 and Related Texts (515-519) - F. Raurell, The Doxa of the Seer in Dan-LXX 12,13 (520-532) - J. van Goudoever, Time Indications in Daniel that Reflect the Usage of the Ancient Theoretical So-called Zadokite Calendar (533-538) - C. T. Begg, Daniel and Josepus: Tracing Connections (539-545).

Die Beiträge bewegen sich in der Regel auf einem hohen Niveau und fördern bis auf wenige Ausnahmen neue Aspekte der Danielforschung zu Tage. Obwohl es immer ungerecht ist, aus einer so stattlichen Anzahl von guten Beiträgen einzelne besonders hervorzuheben, seien im folgenden doch einige Hinweise gegeben. So schlägt etwa A. S. van der Woude vor, daß die Lösung der Doppelsprachigkeit des Danielbuchs (1,1-2,4a + 8,1-12,13 in hebräischer, 2,4b-7,28 in aramäischer Sprache) mindestens zwei Antwortversuche erfordert (die von ihm auch gegeben werden), gibt K. Koch eine Interpretation von Dan 4 im Licht neuer Funde (außerbiblische Nabonid-Parallelen [mit Textsynopse 90-92, hier noch nicht berücksichtigt ist die Studie von A. Lange/M. Sieker, s. den Hinweis bei Lange/Lichtenberger, a. a. O.73], mesopotamische Ikonographie des "Lebensbaums", Nähe zu persischen Weltreichsideen u. a.), gibt E. Haag eine sorgfältige Analyse von Dan 7 (mit Übersetzung und Kennzeichnung der von ihm postulierten Grund- und Bearbeitungsschicht: 154-156) und fragt A. Lacocque nach dem "socio-spiritual formative milieu" der Danielapokalypse (das er in den Kreisen der Hasidim sieht, vgl. 343: "Doubtlessly, the author of the Book of Daniel would have felt closer to the Qumran brand of Hasidim than to the Pharisaic accommodating spirit. It is with a sure instinct that the Rabbinic academy at Yamnia rejected most of the apocalypses from being considered for the Canon of Scripture"). Sehr ansprechend sind insgesamt die Beiträge der vierten Abteilung zu den historischen und religionsgeschichtlichen Aspekten (365-501), darunter besonders D. Michels Versuch, thematische Berührungen zwischen Weisheit und Apokalyptik auszumachen (am Beispiel von Koh und Ps 73 sowie von Ps 37 und Prov 2) und das komplexe Phänomen "Apokalyptisches Denken" zu definieren (431 ff.). Gewichtig und weiterführend sind auch die Überlegungen von R. G. Kratz zu der alten Vexierfrage der Verhälnisbestimmung von Theokratie und Gesetz, die nur unter Einbeziehung des einschlägigen Materials innerhalb und außerhalb des Danielbuchs (bis hin zum Neuen Testament) zu beantworten ist.

Insgesamt liegt mit dem Band ein vorzügliches Arbeitsinstrument der gegenwärtigen Danielforschung vor, dessen Material- und Argumentationsreichtum durch ein Autoren- (553-561) und ein Bibelstellenregister (563-574) gut erschlossen wird.