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Ausgabe:

Januar/2001

Spalte:

21 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Dhavamony, Mariasusai

Titel/Untertitel:

Christian Theology of Religions. A Systematic Reflection on the Christian Understanding of World Religion.

Verlag:

Bern-Berlin-Frankfurt/M.-New York-Paris-Wien: Lang 1998. 242 S. 8 = Studien zur interkulturellen Geschichte des Christentums, 108. Kart. DM 70,-. ISBN 3-906760-07-3.

Rezensent:

Friedrich Huber

Zur Frage einer christlichen Theologie der Religionen ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von Arbeiten erschienen. Das Buch von D. zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es neue Gesichtspunkte beiträgt. Vielmehr wird die traditionelle katholische Position vertreten.

Es wird auf der einen Seite an den Grundsätzen "Kein Heil außer der Kirche" und "Kein Heil außer Christus" festgehalten. Auf der anderen Seite wird mit der Möglichkeit gerechnet, dass auch Menschen, die nicht Glieder der katholischen Kirche (ist damit immer die römisch-katholische Kirche gemeint?) sind, das Heil erlangen. Die auf den ersten Blick zwischen diesen beiden Sätzen bestehende Spannung wird durch die Annahme überbrückt, dass manche Menschen zwar Christus und die Kirche nicht kennen, aber von einem impliziten Glauben erfüllt und damit auf die Kirche hin ausgerichtet seien (191-192, 200 u. ö.). Durch die Kirche werden die anderen Religionen nicht ersetzt, sondern sie finden ihre Erfüllung in ihr (165). Es wird nicht ganz klar, inwiefern die Erfüllung nicht die Ersetzung impliziert. Diese - wie gesagt traditionell katholische - Sicht einer Theologie der Religionen wird mit häufigen Verweisen auf einschlägige Passagen der Dokumente des II. Vatikanischen Konzils (z. B. Lumen Gentium 16 und Gaudium et Spes 22) und auf päpstliche Äußerungen (z. B. aus der Enzyklika Redemptoris Missio) dargestellt. Zugleich wird eine Auseinandersetzung mit anderen Positionen einer Theologie der Religionen (vor allem der pluralistischen Religionstheologie) geführt. Aus diesem Ansatz ergibt sich, dass den nichtchristlichen Religionen- trotz allen Respekts und aller Wertschätzung ihnen gegenüber - bestenfalls "Samen, Strahlen und Elemente der Wahrheit und der Gnade" zugestanden werden (114; ähnlich öfter). Gelegentlich kommt es dabei zu eigenartigen Überlegungen wie der, dass es eine anfängliche und unvollkommene Heilswirksamkeit Christi in den anderen Religionen gebe (120). Lässt sich Heil in dieser Weise teilen?

Da es sich teilweise um Überarbeitungen von bereits anderweitig erschienenen Aufsätzen handelt, werden auch die häufigen Wiederholungen verständlich. Gelegentlich hätte man sich eine stärkere Berücksichtigung neuerer Arbeiten gewünscht. So wird die religionstheologische Position von Karl Barth charakterisiert (169) ohne Heranziehung neuer Interpretationsversuche (Link, Klappert, aber auch schon v. Brück). Bei seinen Bemerkungen über das Judentum (164-165) verzichtet D. auf eine Auseinandersetzung mit der breiten Literatur zum Thema "Kirche und Judentum". Auch die vielfachen Versuche einer Neubesinnung auf das, was Mission ist, berücksichtigt D. kaum (eine Ausnahme findet sich z. B. 221, Anm. 24). Dialog und Mission unterscheiden sich seiner Ansicht nach dadurch, dass der Dialog kein Versuch sei "to make conversion from one religion to another" (205), was - so wird man ergänzen dürfen - offenbar als Anliegen von Mission gesehen wird. Im Dialog geschieht "witnessing" (205), was von Mission scharf unterschieden wird.

Bietet das Buch von D. also keinen Neuansatz einer Theologie der Religionen, so stellt es die katholische Sicht doch kenntnisreich dar. Es handelt sich um eine innerkatholische Reflexion darüber, zu welcher Haltung den anderen Religionen gegenüber katholische Christen befähigt und von ihrem Glauben her berechtigt sind. Eine derartige Vergewisserung des eigenen Standpunktes ist ohne Zweifel wichtig. Und darin liegt das Verdienst des Buches von D. Dazu kommt die kundige und faire Darstellung anderer Positionen, von denen der Vf. sich abgrenzt. Ob freilich eine solche Theologie der Religionen eine Basis für einen Dialog bietet, scheint mir fraglich zu sein. Wird nicht das eindeutige Urteil über die Unzulänglichkeit der anderen Religionen und über die Überlegenheit des christlichen Glaubens einer dialogischen Begegnung hinderlich im Wege stehen?

In einer eher lockeren Verbindung zum zentralen Thema des Buches stehen zwei Kapitel, die sich mit dem Verständnis des Kreuzes und des Reiches Gottes in den nichtchristlichen Religionen beschäftigen (Kapitel 7 und 8). Interessant und anregend sind hier vor allem die Äußerungen von Vertretern des Neohinduismus (Gandhi, Radhakrishnan) und des Buddhismus (Conze, Suzuki) über das Kreuz Jesu. So enthält das Buch von D. zwar keinen Neuentwurf, aber doch gediegene Information und einige interessante Anregungen.