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Ausgabe:

Dezember/2000

Spalte:

1274 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Eusebius. Life of Constantine. Introduction, Translation, and Commentary by A. Cameron and St. G. Hall.

Verlag:

Oxford: Clarendon Press 1999. XV, 395 S., 1 Kte. 8 = Clarendon Ancient History Series. ISBN 0-19-814924-7.

Rezensent:

Friedhelm Winkelmann

Für die Beurteilung der sog. Konstantinischen Wende gehört Eusebs "Konstantinleben" zu den grundlegenden Quellen und wurde aus diesem Grunde schon in verschiedene moderne Sprachen übersetzt. Die letzte deutsche Übersetzung basierte auf dem von Ivar A. Heikel im Jahre 1902 edierten Text (J. M. Pfättisch, BKV 9, Kempten und München 1913) und beschränkte sich auf nur knappe erläuternde Fußnoten (Verweise auf Bibelstellen, Parallelangaben, selten Hinweise historischer Natur, Verzicht auf philologische Erörterungen). Die beiden Übersetzungen in romanische Sprachen fußen auf der neuesten Edition, die in der Reihe "Die Griechischen Christlichen Schriftsteller" erschien (Eusebius Werke I 1, Berlin 1975; 2., durchgesehene Aufl., Berlin 1991) und haben beide ausführlichere kommentierende Bemerkungen zugefügt, die dem heutigen Stand der Forschung entsprechen und jeweils auch auf sprachliche Probleme hinweisen (L. Tartaglia, Napoli 1984; M. Gurruchaga, Madrid 1994).

Obwohl sich englischsprachige Gelehrte intensiv an der Euseb- und Konstantinforschung beteiligten, gab es bislang nur ältere englische Übersetzungen der Vita Constantini Eusebs, die noch nicht auf modernen kritischen Ausgaben fußen konnten (z. B. S. Bagster, London 1845; E. C. Richardson, New York 1890). Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass nun eine vorzügliche Arbeit angezeigt werden kann, die in Zusammenarbeit zweier angesehener englischer Gelehrter entstand, nämlich der Althistorikerin und Byzantinistin Averil Cameron und des Patristikers Stuart G. Hall, die beide bereits beachtliche Beiträge zur Euseb- und Konstantinforschung geleistet haben (s. XI f. 353.356). Außerdem können die Autoren auf die Kommunikation mit einer Reihe bekannter Fachgelehrter verweisen (V f.).

Für die Übersetzung (54-182) gilt der folgende Grundsatz: "Eusebius' Greek is often obscure and equally often pretentious; we have not tried to gild the lily but to stay close to the original in the hope of conveying its very characteristic content" (V). Das Ergebnis ist - soweit das ein Nichtengländer beurteilen kann - respektabel. Allerdings wird in der Übersetzung selbst nicht auf Textverderbnisse oder fragliche Überlieferungen hingewiesen - etwa in Fußnoten. So entsteht für den Benutzer der Eindruck einer besseren Überlieferungslage, als es wirklich der Fall ist. Nur wer ständig den Kommentar zu Rate zieht, wird über besonders gravierende Fälle oder über Abweichungen vom Text der Edition informiert. Der Benutzer wird also guttun, jeweils die genannte Edition des griechischen Textes zu vergleichen, denn nur aus ihr sind die vielen Textverderbnisse, Konjekturen und komplizierten Textentscheidungen zu entnehmen. Auch die seltenen Abweichungen der Übersetzung von der Edition des griechischen Textes, sind nur aus dem Kommentar zu entnehmen (z. B. unter anderem 229 zu VC I 56, 1).

Die Einleitung (1-53) behandelt in erfreulich präziser und sehr informativer Weise die entscheidenden Probleme von Autor und Werk (die schon viel debattierte Authentizitätsfrage, Datierung, Quellen, Konzeption und literarischer Charakter des Werkes; Konstantinbild Eusebs und historischer Wert seiner Darstellung in der Vita Constantini; abhängige Zeugen, Textüberlieferung, Edition und Übersetzungen dieser Schrift). Dabei kommen die Ergebnisse der neuesten Forschungslage voll zum Tragen. Besonders hervorhebenswert ist der Abschnitt über die Quellen (13-24), weil hier der Sachapparat der GCS-Edition durch Materialien ergänzt wird, die St. G. Hall bereits in zwei Aufsätzen publiziert hatte (in: Studia Patristica 24, 1993, 96-101 und in: Logos, Festschrift für L. Abramowski, Berlin 1993, 239-263), eine Arbeit, die dank der neuen technischen Hilfsmittel leichter zu einem vollständigen Überblick führen konnte als es zur Zeit der Entstehung der Edition möglich war.

Ein ausführlicher Kommentar zur Vita Constantini Eusebs gehörte bislang zu den Desiderata der Euseb- und Konstantinforschung. Das vorliegende Ergebnis (183-350) ist sehr zufriedenstellend, wenn man seinen vorrangig historischen Charakter beachtet. Der Kommentar bietet in ausgezeichneter Weise einen Überblick über den neuesten Forschungsstand, ist eine Fundgrube vornehmlich für die englischsprachige Forschung und geht auch den schwierigen Problemen nicht aus dem Weg. Insofern wird das erreicht, was die Autoren im Vorwort als das wichtigste Ergebnis dieses Kommentars formulieren: "Perhaps the most striking result of working on the project has been the full realization of the complex relation between Eusebius' own writings, and between the Life and the ecclesiastical and theological context in which it was written" (V). Wie schon gesagt, stehen die philologischen Erläuterungen dahinter zurück. Für die Lücke nach VC IV 56 zum Beispiel wird eine Erklärung nicht versucht. Auch wäre die Frage zu stellen, ob VC IV 58 nun wirklich auch im Stil den sonstigen Eusebschen Beschreibungen von Kirchenbauten (VC III 29-40. 50. Hist. Eccl. X 4, 2-71) entspricht, wie auf S. 337 angenommen wird.

Zwei Literaturverzeichnisse (IX-XIV), Abkürzungen und eine Bibliographie (351-363) registrieren alle wesentlichen neueren Forschungen zur Euseb- und Konstantinproblematik, einem Thema, das zu immer neuen Forschungen und Ergebnissen reizt. Ein umfassendes und zuverlässiges Register, das die Einleitung, die Übersetzung und den Kommentar auswertet, beschließt den Band (365-395).