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Ausgabe:

November/2000

Spalte:

1206 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Hiddemann, Frank, u. Jürgen Reifarth

Titel/Untertitel:

Öffentlich Predigen. Prominente Predigten aus dem Thüringer Kanzelstreit. Hrsg. im Auftrag der Evangelischen Akademie Thüringen.

Verlag:

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2000. 157 S. 8. Kart. DM 29,80. ISBN 3-579-03193-7.

Rezensent:

Eberhard Winkler

Im Kirchenjahr 1998/99 veranstaltete die Evangelische Akademie Thüringen eine Reihe von Gottesdiensten mit prominenten meist in Thüringen tätigen Predigern und Predigerinnen, darunter auch Nichtchristen. Die Herausgeber und Organisatoren des Projekts schildern und beurteilen einführend den Streit aus ihrer Sicht. Landesbischof Hoffmann, der G. Gysi ausgeladen und mit dem Landeskirchenrat die Verlagerung der "Reden über Gott und die Welt" in einen Rahmen außerhalb von Gottesdiensten durchgesetzt hatte, betont in seinem kurzen Beitrag, dass es nicht darum ging, ob Atheisten über biblische Texte reden oder ob Laien predigen dürfen, sondern "daß im sonntäglichen Gottesdienst der Gemeinde nur praktizierende Christen in der kirchlichen Verantwortung die Predigt als Zeugnis ihres Glaubens halten können". Für Außenstehende lässt die Lektüre des Buches offen, wie die theologischen und politischen Motive im Verlauf des Streites sich vermischten und welche Kommunikationsprobleme die Lösung der Sachfragen erschwerten.

Das Buch enthält ein reichliches Drittel der gehaltenen und zwei nicht gehaltene Reden, darunter die von Gysi, in bearbeiteter Form. Überregional ist nach dem Urteil der Hgg. kaum ein Drittel der "Sonntagsprediger" bekannt. Zu ihnen gehören neben Gysi besonders R. Höppner, R. Dewes, B. Wegner, V. Beck, Ch. Dieckmann. Den Reden in der vorliegenden Form ist nicht zu entnehmen, dass sie stärker als die üblichen Predigten missionarisch wirken, wie die Hgg. hoffen. Dass der Öffentlichkeitsanspruch der Predigt durch die Mitwirkung von Nichtchristen verstärkt werden könne und müsse, wird nicht nachgewiesen. Der positive Ertrag des Thüringer Kanzelstreits dürfte darin liegen, dass er zum Diskurs über die Konstitutiva der Predigt und des Gottesdienstes in evangelischer Sicht herausfordert.