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Ausgabe:

November/2000

Spalte:

1159 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kügler, Joachim

Titel/Untertitel:

Der andere König. Religionsgeschichtliche Perspektiven auf die Christologie des Johannesevangeliums.

Verlag:

Stuttgart: Katholisches Bibelwerk 1999. 165 S. 8 = Stuttgarter Bibelstudien, 178. Kart. DM 43,80. ISBN 3-460-04781-X.

Rezensent:

Ulrich B. Müller

Nach Ausführungen zu königlich geprägten Aussagen im NT, die die messianische Linie der Christologie betreffen, will der Vf. die weisheitlich bestimmte Präexistenzchristologie darstellen, die im JohEv seiner Meinung nach ebenfalls von den Vorstellungen der Königstradition geprägt wurde. Dem dienen mehrere sog. Fallstudien.

Zunächst geht es um "Jesus als Logos" (37-46); dabei wird die Nähe zum philonischen Logosbegriff herausgestellt. Jesus ist als fleischgewordener Logos Sohn Gottes und - wie zu zeigen ist - "als solcher auch König" (46). Die Studie "Der Logos als königlicher Sohn" (47-53) betont, dass über Aussagen wie Joh 1,49; 12,13.15 hinaus die Königswürde Jesu im JohEv umso häufiger in Erscheinung tritt, je näher die Passion rückt (Joh 18,33-40). In "Der Logos als Sohn im Schoß des Vaters" (54-71) wird Joh 1,18 im Rahmen ägyptischer und hellenistisch-römischer Königsideologie gesehen, wobei in Joh 1,18 das Bild des im Schoß ruhenden, mit den Armen gehaltenen Kindes bestimmend ist. Im Kontext von Joh 1,17 bedeutet 1,18, dass Jesus der einzige und konkurrenzlose König ist, der an die zentrale Stelle rückt, die im Judentum Mose und die Thora einnehmen. Wichtig ist die Studie "Jesus als das Brot des Lebens" (72-108), die Jesus als königlichen Brotgeber im Rahmen antiker Königsideologie zu betrachten sucht, wobei schon Joh 6,15 in diesem Zusammenhang gesehen wird. In der Brotrede Joh 6 erscheint Jesus als Geber und Gabe zugleich. Die Kombination beider Gedanken gilt dabei als keineswegs selbstverständlich; vermittelt ist sie durch die weisheitliche Theologie, wo die Gabe der Weisheit vor allem Weisheit ist. Auch das Thema "Jesus als der gute Hirte" (109-127) wird vom Vf. im Kontext der orientalischen Königstheologie untersucht. Er wendet sich gegen die Auffassung, dass der Hirte in Joh 10 keine herrscherlichen Züge trage, weil die christologische Todesthematik des JohEv der Königslinie widerspreche. Im Gesamtrahmen des JohEv ist danach Kreuzestod und Königswürde Jesu zusammengesehen. Der Tod Jesu erscheint eben nicht als Niederlage, sondern als hoheitsvoller Akt (Joh 10,18).

Nach diesen Ausführungen erstaunt es dann nicht mehr, dass der Vf. auch in den abschließenden Fallstudien im JohEv Königstraditionen wirksam sieht. Der Vf. vermag viele einleuchtende religionsgeschichtliche Parallelen aufzuzeigen; doch neigt er letztlich zur Überzeichnung. Wenn es richtig ist, dass die Struktur von Präexistenz, Inkarnation und Erhöhung dem Königsschema fremd ist (49), vielmehr, was der Vf. nicht beachtet, der Gesandtenvorstellung angehört, so wird die johanneische Konzeption nicht dadurch zur Königschristologie, dass sie über den Logosbegriff königliche Züge annimmt. Denn der Einfluss der Logostradition geht nicht in der umfassenden Weise über den Text des Johannesprologs hinaus, wie es der Vf. annimmt.