Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

November/2000

Spalte:

1155 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Broadhead, Edwin K.

Titel/Untertitel:

Naming Jesus. Titular Christology in the Gospel of Mark.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Academic Press 1999. 192 S. 8 = Journal for the Study of the New Testament, Suppl.Series 175. Lw. £ 35.-. ISBN 1-85075-929-4.

Rezensent:

Petr Pokorny'

Der Autor, der durch seine in derselben Reihe (Bd. 97) erschienene Monographie über die Passionsgeschichte (Prophet, Son, Messiah, 1994) bekannt geworden ist, stellt in seiner letzten Publikation die markinische Christologie auf Grund der Analyse der fünfzehn messianischen Bezeichnungen und Titel und des Namens Jesus dar. In Unterschied zu den bekannten älteren Arbeiten, welche die christologischen Bezeichnungen quer durch die einzelnen Schriften und Schichten des Neuen Testaments verfolgt haben, konzentriert sich B. auf das Markusevangelium, in dessen Kontext er die Funktion jedes einzelnen Titels untersucht.

Wie schon angedeutet, handelt es sich nicht nur um Hoheitstitel im strengen Sinne, sondern auch um Bezeichnungen oder Metaphern, die der Verfasser des Markusevangeliums von Jesus benutzt oder bei der Erzählung seiner Geschichte vorausgesetzt hat. Es sind: der Prophet, der Stärkere (Mk 1,7), der Priester (mit Berufung auf Mk 2,5), der König, der Lehrer, der Hirte (Mk 6,34/Zitat von Num 27,17; 14,27/Zitat von Sach 13,7), der Heilige Gottes (Mk 1,24), der leidende Gottesknecht (mit Berufung auf das Menschensohnwort Mk 10,45), Sohn Davids, Sohn Gottes, Menschensohn, der Herr, Christus (Messias), der Auferstandene (auf Grund Mk 14,28), der Gekreuzigte (Mk 16, 6). B. ist sich dessen bewusst, dass es sich um z. T. nur schwer vergleichbare Aussagen handelt, und ist bestrebt, aus ihrer Rolle im Kontext des Evangeliums die verschiedenen Zusammenhänge zu bestimmen, deren spezifische Verflechtung die markinische Christologie bildet. Das letzte Kapitel (158 ff.) bringt eine Zusammenfassung: Eine bedeutende Rolle spielen nur die Titel "Prophet", "Priester", "Lehrer", "Hirte", "Gottesknecht" und "Herr", der Titel "König" wird abgelehnt, bzw. relativiert.

Die Methode der sorgfältigen Untersuchung des Kontextes, in dem die Titel und Benennungen jeweils vorkommen, ist mit diachroner Untersuchung des Titels aus religionsgeschichtlicher Sicht kombiniert, die jeder Untersuchung der literarischen Oberfläche vorausgeschickt ist. Das ermöglicht B., einige Beobachtungen zu machen, die das Bild der um den Titel Sohn Gottes konzentrierten (122 f.) markinischen Christologie bereichern. Wir sehen z. B., wie der Titel "Messias" von den machtpolitischen Konnotationen isoliert wird, wobei der Titel "Sohn Davids" als Verbindung zu der frühen Christologie (Sohnesformel aus Röm 1,3-4) im Sinne des die Gnade Gottes verwirklichenden Davididen umgedeutet wird (Mk 10,47), wie Mk 10, 45 die prophetische Christologie der Passionsgeschichte mit den Motiven aus den deuterojesajanischen Gottesknecht-Liedern verbindet, wie Markus mit Paradoxen arbeitet oder wie die Gleichniserzählungen die Rolle Jesu definieren.

Trotz alledem scheint die gewählte Methode nicht glücklich zu sein. Markus hat seine literarische und theologische Strategie nur mit einigen Titeln Jesu bewusst verbunden. B. betont selbst, dass der entscheidende Kontext seiner christologischen Aussagen die Struktur der Erzählung ist (27). Leider ist es ihm nicht gelungen, durch Analyse des Kontextes einzelner Titel und Benennungen die literarische Strategie und die mit ihr verbundene Christologie des Markusevangeliums zu rekonstruieren, und das Ergebnis ist eine gut kommentierte Liste der Titel. Eine solche "titulare Christologie" des Markusevangeliums verzeichnet das Denken des Evangelisten.

Es fehlt z. B. eine zusammenhängende Deutung des Messiasgeheimnisses oder des offenen Schlusses in 16,8 und die hinreißenden Szenen, wie Gethsemane oder die Kreuzigung, werden nicht näher analysiert. Z. T. spürt man das Fehlen einiger älteren Monographien zum Thema der Hoheitstitel, von denen nur die von O. Cullmann und F. Hahn bearbeitet sind, aber die von L. Sabourin (Les noms et les titres de JÈsus, 1963) und sogar das bekannte Werk von V. Taylor (The Names of Jesus, 1953) fehlen. Da B. die Rolle des Titels "Sohn Gottes" richtig definiert hat, ist es schade, dass er die "Erwägungen zur Christologie des Markusevangeliums" (1964) von Ph. Vielhauer nicht berücksichtigt hat.

Das Nützlichste sind die religionsgeschichtlichen Sonden in die Vorgeschichte der einzelnen Titel, welche ein ziemlich breites Spektrum der alttestamentlichen Pseudepigraphen und frühchristlichen Literatur decken.