Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

September/1997

Spalte:

791 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ward, Keith

Titel/Untertitel:

Religion and Creation.

Verlag:

Oxford: Clarendon Press 1996. VII, 351 S. 8. Kart. £ 12.99. ISBN 0-19-826394-5.

Rezensent:

Wolfgang Beinert

Der Oxforder Theologe legt aus der Sicht der christlichen Religion eine Studie in vergleichender Religionswissenschaft vor, in der der Gottesbegriff unter dem Blickwinkel der Schöpfungslehre aus jüdischer (d. h. alttestamentlicher), christlicher (neutestamentlicher), islamischer und hinduistischer Tradition entwickelt wird. Das geschieht jedoch nicht bloß durch die Darlegung der jeweiligen klassischen Perspektiven, sondern durch deren Spiegelung in der Reflexion bedeutender Denker des 20. Jh.s. Im einzelnen sind dies für die mosaische Religion Abraham Heschel, fürs Christentum Karl Barth, der Pakistani Mo-hammed Iqbal für die korangebundene Theologie und der Inder Aurobindo Ghose für den Hinduismus. Dabei zeigt sich, daß alle hier untersuchten Religionen in der Gegenwart von einer überkommenen statischen Konzeption zu einer dynamischen und komplexen Gottesvorstellung fortgeschritten sind. Das er-möglicht es dem Autor, eine latent trinitarische Idee auch in den nichtchristlichen Theologien als gegeben und mit der christlichen zumindest kompatibel aufzuzeigen.

Das geschieht in vier unterschiedlich umfangreichen Teilen. Zuerst werden die Gotteslehren der vier Traditionen in sich, dann in der Interpretation der genannten Wissenschaftler vorgestellt. Dabei werden die Momente der Relationalität, der Schöpfungsaktivität und Geschichtsbezogenheit Gottes besonders un-tersucht und die Konvergenzen deutlich unterstrichen.

Im Teil II verteidigt Ward die Möglichkeit unmittelbarer, wenngleich stets analoger Gotteserkenntnis, also die Tatsache einer natürlichen Theologie. Das geschieht durch tiefschürfende sprachtheologische und sprachphilosophische Argumenta-tionsreihen.

Die im ersten Teil genannten Momente der verschiedenen Gottesbilder werden in Teil III des Werkes auf ihre Tragfähigkeit für den Schöpfungsbegriff hin befragt. Auch hier vermag der Vf. eine fundamentale Konsonanz der Traditionen zu zeigen, indem er ausgeht vom anselmianischen Gedanken des "id quo maius cogitari nequit": In diesem Begriff ist auch die Relation zu außergöttlichem Seienden einbeschlossen, sofern Güte sich selbst auch nach außen verströmen muß. Gottes Macht und Gottes Liebe ergeben Gottes Schöpfertun. Hier gerät W. fast zwangsläufig in die Nähe der Behauptung der Notwendigkeit für Gott, die Welt hervorzubringen. Auf der anderen Seite folgt die Compassion Gottes mit seinen geliebten Kreaturen, die auch unabhängig von ihm ihre Freiheit verwirklichen und somit auch gegen sein Wollen handeln. Das Theodizee-Problem spielt denn auch eine bedeutende Rolle im gesamten Werk. Gleichwohl steht für den Autor am Ende der Geschichte fraglos die Apokatastasis.

"Kosmologie und der dreifaltige Gott" ist der abschließende vierte Teil überschrieben. Hier geht es um die Versöhnung des gemeinsamen Gottesbegriffs der vier Religionen mit den Daten der heutigen Naturwissenschaften. Ungeachtet der Tatsache, daß das christliche Distinktivum der Inkarnation Gottes in Jesus von Nazaret samt der daraus entwickelten Trinitätslehre so von den anderen Traditionen nicht akzeptiert wird, sieht W. dennoch auch und gerade im trinitarischen Ansatz zusammen mit den Daten der Kosmologie eine Möglichkeit des Gesprächs mit ihnen. Am Ende unternimmt er es, jetzt von dezidiert christlichem Ansatz aus, eine trinitarische Theologie als Theologie der Liebe zu entwerfen. "Dieses Buch ist verfaßt worden aus christlicher Tradition heraus, die erleuchtet und vertieft wird durch eine Reihe von anderen Offenbarungstraditionen und modernen Angeboten der Naturwissenschaften. Als solches hat es die Absicht, eine verständliche und begründbare Schöpfungstheorie zu präsentieren, von der aus man das All als Ausdruck von Liebe und Zuneigung Gottes sehen kann" (345 f.).

W. hat diese in den Schlußsätzen ausgesprochene Intention auf eine sehr sympathische, kenntnisreiche und zur eigenen Refle-xion anregende Weise realisiert - alles in allem hat er einen außerordentlich lesenswerten, freilich auch zu kritischer Analyse seitens der anderen Religionen herausfordernden Beitrag zur Religionenökumene geschrieben. Die Gottesfrage wird bekanntlich mehr und mehr als das eigentliche und fundamentale Thema innerhalb derselben, aber (und nicht zuletzt auch in Folge davon) ebenso im innerchristlichen Dialog erfahren. Dabei erhält das Mysterium der Trinität einen wachsenden Stellenwert.