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Ausgabe:

Mai/1996

Spalte:

506 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Staniloae, Dumitru

Titel/Untertitel:

Orthodoxe Dogmatik, III. Mit einem Vorwort von J. Moltmann. Aus dem Rumän. von H. Pitters.

Verlag:

Düsseldorf: Benziger; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 1995. 404 S. gr. 8o = Ökumenische Theologie, 16. Kart. DM 148,-. ISBN 3-545-24307-9 u. 3-579-00182-5.

Rezensent:

Peter Hauptmann

Wie schon der 2. dem 1. ist jetzt auch der 3. dem 2. Band im Fünfjahresabstand gefolgt, so daß die deutsche Übersetzung dieser rumänisch-orthodoxen Dogmatik nunmehr vollständig vorliegt. Ergibt sich dadurch auch keine Veränderung des schon aus den Bänden I und II gewonnenen Gesamteindrucks (Vgl. die Rez. ThLZ 1993, 879-886), so doch noch mancherlei aufschlußreiche Erhellung, da dem letzten Bande gerade die Sakramentslehre als 5. und die Eschatologie als 6. Teil des Gesamtwerkes vorbehalten sind.

"Über die heiligen Sakramente" (11-178) handelt der Vf. so, daß er zunächst "Die Sakramente im allgemeinen" vorführt (12-32), wobei es ihm um "Die geschöpfliche Komponente der Sakramente" (12-15) sowie "Die christologische und ekklesiologische Grundlage der Sakramente" (15-32) geht, und dann erst "Die Sakramente im besonderen" (33-178) bespricht. Diese Entscheidung für einen "Sakramentsbegriff" (12) als Ausgangspunkt anstatt für die Eigenart der erst später unter diesen Begriff gezwängten Handlungen entspricht der Neigung des Vf. zu scholastischer Denkweise. Die Siebenzahl der Sakramente wird als selbstverständlich vorausgesetzt, ihr Eindringen in die orthodoxe Theologie als Folge römischer Unionsbemühungen unbeachtet gelassen, dafür jedoch sogar ihre Anordnung auf "die Tradition der Kirche" schlechthin zurückgeführt und ausgedeutet (150 f.), obwohl sie nicht nur im römischen Katholizismus anders ist, sondern auch in östlicher Lehrtradition geschwankt hat. Beschrieben werden "Das Sakrament der heiligen Taufe" (33-57), "Das Sakrament der Myronsalbung" (57-70), "Die göttliche Eucharistie" (70-104), "Das Sakrament der Beichte" (104-122), "Das Sakrament der Ordination" (122-149), "Das Sakrament der Eheschließung" (149-171) und "Das Sakrament der Ölung" (172-178) freilich mit Hilfe des Zeugnisses östlicher Kirchenväter, in Anlehnung an griechische und russische Theologen der jüngsten Vergangenheit, durch Heranziehung liturgischer Formulare sowie gelegentlich auch in gesuchter Abgrenzung gegen eher vermeintliche als tatsächliche Lehrauffassungen im Abendland.

"Die Eschatologie oder die Lehre vom künftigen Leben" (179-373) entfaltet der Vf. in zwei scharf voneinander abgehobenen Teilen als "Die besondere (partikulare) Eschatologie" (182-289), die sich mit dem Los der Verstorbenen unmittelbar nach ihrem Tode befaßt, und als "Allgemeine Eschatologie" (290-373), die sich mit der Wiederkunft Christi und ihren Folgen beschäftigt. Merkwürdigerweise enthält der Unterabschnitt, in dem "Der Zustand der Seelen zwischen dem besonderen und dem allgemeinen Gericht" behandelt wird (250-289), auch Ausführungen über "Die Verehrung der heiligen Bilder (der Ikonen)" (276-288), die eher zur Christologie und Pneumatologie gehören, sowie über "Die Reliquien der Heiligen, die Vorwegnahme der Unverweslichkeit der vergöttlichten Auferstehungsleiber der zukünftigen Welt" (288 f.). Hier ist der kaum überzeugende Hinweis auf einen "Bericht über die Auferweckung eines Toten, den man auf die Gebeine des Propheten Elias gelegt hatte (2 Chr 13,21)" (288), auch noch doppelt fehlerhaft. Gemeint sein kann nur der Prophet Elisa, und die Belegstelle ist 2 Kön 13,21. Man kann nur staunen, über was für Gegenstände frommer Neugier sich der Vf. in seiner Eschatologie Auskunft zu geben anheischig macht. Wohl bezieht er sich dabei auf Aussagen östlicher Väter wie Maximus Confessor oder Symeon der Neue Theologe u.a., läßt jedoch ihren ursprünglichen "Sitz im Leben" gänzlich außer acht. In paränetischen Schriften sind indessen Aussagen möglich, die sich einer Verarbeitung zu dogmatischen Lehrsätzen schlechterdings entziehen. Werden sie dennoch dazu mißbraucht, gehen sie ihrer Wirkung verlustig.

Eine der bemerkenswertesten Anregungen dieser Dogmatik besteht in der Verwendung des Begriffs der vergeistigten Materie. Wie der Vf. mit seiner Hilfe schon in der Christologie die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu begreiflich zu machen sucht (vgl. ThLZ 1993, 882), so greift er auch in der Sakramentslehre und in der Eschatologie wiederholt auf ihn zurück, besonders eindrucksvoll etwa in folgendem Passus: "Die Lehre vom Leib des Herrn, der nach seiner Auferstehung durch verschlossene Türen ging und den wir, wenn wir ihn essen, alle zu uns nehmen, ohne daß er dadurch aufhört, sein Leib zu sein, birgt zugleich eine Wahrheit allgemeinerer Art. Die auferstandenen Leiber werden durchgeistigt sein, der Stoff, aus dem sie bestehen, wird von Geist überwältigt werden. Dadurch werden sie aufhören, undurchdringlich und selbst nicht durchdringend zu sein. Die neueren Erkenntnisse über die Materie als Energie können es uns erleichtern, uns eine solche Beschaffenheit vorzustellen." (331).

Die Vertiefung in dieses fraglos bedeutende Werk wird leider durch seine unnötigen Weitschweifigkeiten und ermüdenden Wiederholungen erheblich erschwert. Das muß erst recht für Leser gelten, die nicht in der glücklichen Lage sind, den Vf. persönlich gekannt und seine starke Ausstrahlung erfahren zu haben. Die Bedeutung der vorliegenden Übersetzung für das ökumenische Gespräch sollte man darum nicht überschätzen. Unbestreitbar bringt sie jedoch eine beachtliche Erleichterung der konfessionskundlichen Arbeit mit sich.