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Ausgabe:

Mai/1996

Spalte:

503 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Gerhards, Albert u. Heinzgerd Brakmann [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Die koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christentum.

Verlag:

Stuttgart-Berlin, Köln: Kohlhammer 1994. 240 S. m. 13 Abb. 8o = Urban-Taschenbücher, 451. DM 29,80. ISBN 3-17-012343-2

Rezensent:

Hans-Dieter Döpmann

Der vorliegende Band trägt erfreulicherweise dazu bei, notwendige Kenntnisse über eine bedeutende Kirche der dem ÖRK angehörenden Kirchen der Orientalischen Orthodoxie zu vermitteln. Das im Herbst 1993 geschriebene Vorwort sei dahingehend ergänzt, daß neben dem dort für Deutschland erwähnten koptisch-orthodoxen St.Antonius-Kloster in Waldsolms-Kröffelbach und der Kirche in Düsseldorf inzwischen weitere Gemeinden sowie ein Kloster in Höxter-Brenkhausen entstanden sind.

Elf instruktive Kapitel, in denen Erkenntnisse heutiger Forschung vermittelt werden, widmen sich den einzelnen Problemkreisen. H. Brakmanns Abschnitt: Die Kopten - Kirche Jesu Christi in Ägypten, Ihre Geschichte und Liturgie, verweist in prägnanter Kürze zugleich auf die gesamtkirchliche Bedeutung des alten Patriarchats Alexandrien, dessen Oberhaupt als erstes den dort noch heute benutzten Papsttitel trug, auf die Ursachen für die Spaltungen nach dem Konzil von Chalkedon, umreißt in zurückhaltend-differenzierter Art die Folgen der Araberinvasion sowie Reformansätze in Neuzeit und Gegenwart nebst heutigen ökumenischen Aktivitäten.

Ernst Dassmanns Abschnitt über Christusnachfolge durch Weltflucht - Asketische Motive im frühchristlichen Mönchtum Ägyptens vermittelt einen gediegenen Überblick über Motive und Entwicklung der von Ägypten ausgehenden monastischen Richtungen. Er korrigiert, u.a. gegen A. v. Harnack, überholte Vorurteile, nicht zuletzt im Blick auf den sozialen Aspekt. Es überrascht allerdings, daß die gerade das pachomianische Mönchtum Ägyptens betreffenden Publikationen von H. Bacht unberücksichtigt bleiben.

Albert Gerhards' Abschnitt zur Gestalt, Theologie und Spiritualität der koptischen Eucharistiefeier, besonders des Eucharistischen Hochgebets illustriert die Ausgestaltung einer modernen koptischen Kirche, erklärt, daß sich die koptische Liturgie wie keine andere durch Klarheit und Mitvollziehbarkeit auszeichnet. Der antiochenische, ostsyrische und alexandrinische Anaphora-Typ werden verglichen, die drei in der koptischen Kirche verwendeten Liturgien vorgestellt.

Franz Rickert erläutert anhand von 12 Abbildungen Beispiele koptischer Wandmalerei, Ikonen und Buchmalerei. - Wolfgang Reiss zeigt beim Darlegen von Geschichte und Entwicklung der Sonntagsschulen, wie eine der ältesten konservativ-traditionsgebundenen Kirchen Afrikas innerhalb von wenigen Jahrzehnten eine innenmissionarische Kraft entwickelt hat, die alle Bereiche des kirchlichen Lebens erfaßte und grundlegend zu reformieren begann. Daran anknüpfend schildert Gottfried Glassner das Aufblühen der koptischen Klöster und das Reformmönchtum im Wâdî 'n-Natrûn.

M. P. Martin, Chr. van Nispen und F. Sidarouss charakterisieren gegenwärtige Entwicklungen in Ägypten wie in der Diaspora mit kurzen Hinweisen auf Beziehungen zu den evangelischen und katholischen Kopten. Jeanette Spenlein beschreibt die komplexe Situation der koptisch-orthodoxen Frauen im modernen Ägypten.

In den drei abschließenden Kapiteln wird auf die Wiederentdeckung des Gemeinsamen bzw. die heutigen Dialoge eingegangen: Hans Jorissen charakterisiert den Stand des Dialogs zwischen Kopten und Katholiken, Metr. Damaskinos Papan-dreou zwischen der Orthodoxen Kirche und den orientalisch-Orthodoxen Kirchen und W. Reiss zwischen den Kopten mit anglikanischen, lutherischen und reformierten Kirchen.

Die heute erreichte Verständigung wird durch die Wiedergabe von Dialog-Dokumenten verdeutlicht. Zu den Gesprächen zwischen den orientalisch-orthodoxen Kirchen und der EKD sei ergänzt, daß eine 4. Konsultation im Dezember 1994 in Herrenberg stattfand.

Trotz der gebotenen Kürze wird dem Leser eine Fülle von Fakten und neuen Erkenntnissen vermittelt. Anmerkungen und Literaturangaben verhelfen zur eigenen Weiterarbeit [ergänzender Hinweis: 1994 erschienen im St.Antonius-Kloster "Das Synaxarium" und "Die Sakramente" in deutscher Übersetzung]. Insbesondere sollte an Stelle der bisher verbreiteten Darstellungen als Ergebnis der zahlreichen theologischen Dialoge unserer Zeit zum Allgemeingut werden: Der einstige Vorwurf des "MONOPHYSITISMUS" läßt sich nicht aufrechterhalten. Christologisch gehören die vier abgrenzenden Adverbia "unvermischt (asynchytos), unverwandelt (atreptos), ungetrennt (achoristos) und ungesondert (adiairetos)" zur "gemeinsamen Tradition" (178). Und obwohl die unterschiedliche Terminologie von der einen geeinten gottmenschlichen Natur bzw. den zwei Naturen in Christus weiter verwendet werden wird, besteht inhaltlich eine weitgehende Übereinstimmung mit den Kirchen der Orientalischen Orthodoxie.