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Ausgabe:

Juni/1996

Spalte:

562–564

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Teani, Maurizio

Titel/Untertitel:

Corporeità e Risurrezione. L'interpretazione di 1 Corinti 15,35–49 nel Novecento.

Verlag:

Rom: Gregorian University Press; Brescia: Morcelliana 1994. 335 S. gr. 8o = Aloisiana, 24. Kart. Lire 50.000. ISBN 88-372-1528-2 u. 88-7652-668-4.

Rezensent:

Giuseppe Barbaglio

Der Autor wird von einem theoretischen anthropologischen Interesse bewegt: den Sinn und die Bedeutung der Körperlichkeit des Menschen, eine seiner wesentlichen Dimensionen, zu ergründen. Mit Absicht fügt er sich daher in die theologische Bewegung dieses Jh.s und in die Strömung der zeitgenössischen biblischen Forschung über 1Kor 15 ein, um eine Klärung des obengenannten Problems zu erreichen. Allein was die theologischen Strömungen betrifft, beschränkt T. sich auf eine kurze Beschreibung (23-54), während die exegetische Erforschung von 1Kor 15 einen Großteil der Arbeit ausmacht. Es handelt sich also im Grunde um eine exegetische Untersuchung, die "im kulturellen Kontext des zwanzigsten Jahrhunderts" geführt wird, wie der Titel schon deutlich macht - mit einer Besonderheit: Der Autor interpretiert den paulinischen Text den Exegeten unseres Jh.s genau folgend, insbesondere den neuesten, zeigt sorgfältig die verschiedenen interpretativen Optionen auf und begründet, von Mal zu Mal, seine eigene Wahl. Die kurze Darstellung der biblischen Forschung veranlaßt ihn auf jeden Fall, mit Sachkenntnis über die exegetische Methode zu diskutieren, die, seiner Meinung nach, gewissenhaft auf den Text, das, was Paulus schreibt, achten muß, ohne das Lesen mit hypothetischen und fragwürdigen Rekonstruktionen des historisch-kulturellen Hintergrundes zu beeinträchtigen. Und hier zeigt er zu Reicht das "Vorurteil" der religionsgeschichtlichen Schule auf, die jahrzehntelang eine Auslegung des 1Kor 15 als Antwort auf die gnostische Position der Gläubigen von Korinth vertrat, eine Hypothese, die sich kürzlich als ziemlich brüchig erwiesen hat. Er schreibt. "Es ist methodologisch korrekter, von einer Analyse des Textes in seiner Dynamik und seiner Gliederung auszugehen." (280)

Konsequenterweise hat T. der Strukturfrage von 1Kor 15,35-49 viel Raum (55-80) gewidmet, aber ohne auf die Versuche der neuen literarischen "Mode" gründlich einzugehen, die in den paulinischen Briefen richtige orationes sieht, gegliedert nach der dispositio der klassischen Rhetorik, die exordium, narratio, propositio, probatio und peroratio verlangt. Was das be-trifft, zitiert er zweimal das Werk von M. Bünker, Briefformular und rhetorische Disposition im 1. Korintherbrief, Göttingen 1984, tritt aber nicht in die Diskussion der fraglichen rhetorischen Ordnung ein, die diese parallel zu derjenigen der ersten vier Kap. sieht.

Die Arbeit besteht aus zwei Teilen. Der erste reiht den paulinischen Text in den kulturellen Kontext des 20. Jh.s ein (23-154), indem er in Folge die theologische Forschung unseres Jh.s über die Körperlichkeit des Menschen vorstellt, die Untersuchungen der Struktur von 1Kor 15,35-49, die Identifikation der Verleugner der Auferstehung der Toten (1Kor 15,12), die durch die zwei Hauptstränge der religionsgeschichtlichen Forschung, bzw. von den Gnostikern und den Befürwortern des Spiritualismus des Philo definiert worden sind. Der zweite stellt die Exegese von 1Kor 15,35-49 vor, den literarischen Einheiten folgend, in die sich der Abschnitt gliedert: 35-41; 42-44; 45-49.

Der Schluß (279-287) bietet zusammenfassend die Ergebnisse der Untersuchung. T. behauptet mit Entschiedenheit: "Die hauptsächliche Bedeutung von 1Kor 15,35-49 ist anthropologisch" (284). Und weiter: "Man kann sagen, daß die Körperlichkeit die zentrale Achse der paulinischen Rede bildet, um die die anderen Themen sich drehen" (283). Als hermeneutischen Endpunkt findet der Autor dann einen Schnittpunkt zwischen den Überlegungen der Theologen des 20. Jh.s und der paulinischen Stelle im Verständnis der körperlichen Dimension des Menschen: Den Körper als relational verfaßt anzusehen (285), erlaubt es, "das Verhältnis zwischen sôma psychikon und sôma pneumatikon in Worten zu erläutern, die für heutiges Denken verständlicher sind" (286).

Auf der Ebene einer generellen Einschätzung ist das Urteil deutlich positiv: T. bietet eine verständliche Darstellung der exegetischen Forschung unseres Jh.s zu 1Kor 15,35-49, wobei er die verschiedenen Vorschläge ernsthaft bewertet und, nicht ohne eine erwähnenswerte Begründung, diese oder jene Lesart auswählt. Ein nützliches Werk für den, der sich an dem genannten paulinischen Text versuchen will, um die Vorschläge zu verifizieren.

Was die Gliederung des Abschnitts betrifft, macht T. sich den Vorschlag von Morisette zu eigen, der Vers 44b als ein Schlußwort des Stückes 42-44 versteht, während gute Gründe dafür sprechen, daß Paulus dort eine zweite propositio vorweist, die ex sacra Scriptura bewiesen wird, indem sie sich auf freie und kreative Weise auf Gn 2,7 (V. 45) bezieht; folglich muß dieser Vers mit dem Abschnitt 45-49 verknüpft werden. Und das ist verbunden mit einer Lesart von sowohl 44b als auch 42, so als ob Paulus hier ein Argument a fortiori präsentieren wollte, das aus der Betrachtung der Natur gewonnen und in der jüdischen Tradition gegenwärtig ist. Auch hier folgt T. dem Vorschlag von Morisette (s. die Artikel in: RevScRel 46 [1972] 97-143, Bib 53 [1972] 208-228 und RSPT 56 [1972] 223-239) und gelangt zu dieser Übersetzung von Vers 42: "Dies gilt noch viel mehr für die Auferstehung der Toten" (202), eine offenkundige Verzerrung des Textes, der, für die Verse 36-41 die Partikel "wie" miteinbeziehend, besagt: houtôs kai hê anastasis tôn nekrôn ("so ist es auch mit der Auferstehung der Toten"). In Wirklichkeit führt der Apostel ein exemplum an, das aus der Betrachtung der Natur gewonnen ist und das fähig ist, das Verständnis für die Auferstehung als Schöpfung einer neuen Körperlichkeit zu erleichtern. So hat der Vers 44b, der die Verse 45-39 einleitet, nicht den Sinn, der ihm von T., Morisette folgend, zugeschrieben wurde (wenn es einen psychischen Körper gibt, gibt es sicher auch einen pneumatischen), der sich mehr von der Theologie als von der Grammatik leiten läßt (202). Tatsächlich beschränkt sich Paulus hier darauf, die Koexistenz der beiden aufgrund des Zeugnisses von Gn 2,7 zu bejahen, in welchem Paulus die Gegenwart zweier Adame liest, ein Wesen von psychischem Leben (psychê zôsa) und ein anderer schöpferischer Geist des Lebens (pneuma zôopoioun).

Es scheint jedoch, daß man die Umsicht und kritische Haltung T.s akzeptieren muß hinsichtlich der dargestellten Abhängigkeit Pauli von Philo in der Vorstellung der psychisch-pneumatischen Dualität im Bezug auf den Körper, die als solche nicht in den Texten des großen Alexandriners erscheint, und in der Theorie der Reihenfolge der korrelativen Sphären (to psychikon/to pneumatikon): Zuerst jene, dann diese. In der Tat scheint sich eine derartige chronologische Ordnung nicht auf die Vorstellung der zwei Adame zu beziehen, jedoch die Reihenfolge zwischen geschichtlichem menschlichen Dasein und eschatologischem menschlichen Dasein festzulegen. Paulus achtet hier darauf, den zukünftigen Charakter der Auferstehung und der damit verbundenen Rettung zu betonen, während die Gemeinde von Korinth wohl eher die gegenwärtige (ekstatische und enthusiastische) Geisterfahrung in den Vordergrund rückte.

Ferner teilen wir nicht nur T.s Sichtweise, was die Kontinuität und die Diskontinuität des Körpers der Auferstandenen im Vergleich zu dem Körper der Irdischen betrifft, sondern wir glauben auch, dies bestätigen zu können. Zu Recht protestiert T. gegen die vielen, die auf einseitige Weise die Diskontinuität betonen, indem unterstrichen wird, daß diese schließlich das Adjektiv betrifft (pneumatikon im Vergleich zu psychikon), nicht das Substantiv (sôma) (227-232). Es käme hinzu, daß Paulus, wenn man den Vers 49 miteinbezieht, zugunsten einer Kontinuität im Hintergrund, die in der Diskontinuität vorhanden ist, mit dem Pronomen "wir" den unveränderten Menschen anzeigt, der im Verwandlungsprozeß weiterbesteht: "Wir haben das Bild des irdischen Menschen getragen, wir werden das Bild des himmlischen Menschen tragen" (s. auch Vers 52b: "wir werden verwandelt werden" und Vers 51: "alle werden verwandelt werden" mit dem miteinbegriffenen ,wir'). Man schaue auch nach der Anwesenheit des demonstrativen Adjektivs touto, das in den Versen 53-54 viermal wiederholt wird, um die Identität des auferstandenen Körpers mit dem einzuschärfen, der jetzt ist oder gewesen ist, vergänglich und sterblich, wie Allos in seinem Kommentar feststellt (435). Derselbe auferstandene Christus, der "belebender Geist" (egeneto) geworden ist (Vers 45), erhält als Mensch einer solchen Herkunft eine persönliche Kontinuität mit seinem vorhergehenden "psychischen" Dasein (Vers 46).