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Ausgabe:

September/1997

Spalte:

816 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Schindling, Anton, u. Walter Ziegler [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1650. 6: Nachträge. Mit Beiträgen v. R. Babel, K. Blaschke u. a.

Verlag:

Münster: Aschendorff 1996. 248 S. gr.8 = Corpus Catholicorum, 56. Kart. DM 35,-. ISBN 3-402-02974-X.

Rezensent:

Norbert Haag

Vor den für 1997 angekündigten 7. Band der Territorien des Reiches im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung mit bilanzierenden Aufsätzen und einem Gesamtregister haben die Hgg. einen in der ursprünglichen Konzeption nicht vorgesehenen Ergänzungsband eingeschoben, in dem vor allem kleinere Reichsstände, Grenzterritorien im Westen und Osten sowie der Deutsche Orden thematisiert werden.

Behandelt werden im einzelnen: Augsburg. Freie Reichsstadt und Hochstift (Herbert Immenkötter; Wolfgang Wüst); Regensburg. Freie Reichsstadt, Hochstift und Reichsklöster (Peter Schmid); Passau (Maximilian Lanzinner); Mansfeld (Günther Wartenberg); Lausitzen (Karlheinz Blaschke); Lübeck, Freie Reichsstadt und Hochstift, Wendische Hansestädte Hamburg, Wismar, Rostock, Stralsund (Antjekathrin Großmann); Oldenburg (Christian Hoffmann); Lippe, Schaumburg (Ernst Böhme); Pfalz-Zweibrücken, Zweibrückische Nebenlinien (Paul Warmbrunn); Freigrafschaft Burgund/ Franche-Comté, Freie Reichsstadt Besancon (Rainer Babel) sowie der Deutsche Orden (Dieter J. Weiß).

Die Beiträge sind entsprechend dem in Band 1 offengelegten Fragemuster konzipiert und behandeln nach einem einheitlichen, ins späte Mittelalter zurückgreifenden Fragemuster die territoriale Ausgangsposition der Territorien, Kirche, Kirchenpolitik und religiöse Kultur vor der Reformation, die inneren und äußeren Wirkungskräfte, die die Einführung der Reformation, der zweiten Reformation oder die Behauptung der alten Kirche zur Folge hatten, den Prozeß der Konfessionalisierung bis 1650 sowie die Grenzen der konfessionellen Durchdringung. Ferner wurden jedem Beitrag in übersichtlicher Form Basisinformationen zur territorialen Struktur, Regenten, Stellung im Reich, kirchenrechtlichen Zugehörigkeit sowie den angrenzenden Territorien vorangestellt. Weitgehend ausgeblendet wurden hingegen, da die Darstellung wie in den vorausgegangenen Bänden auf das Einzelterritorium fokussiert wurde, das Problem der Kommunikations- und Interaktionsmuster zwischen den territorialen Einheiten. Im Rahmen einer an der Ereignisgeschichte orientierten handbuchartigen Vermittlung "harter Fakten" dürfte dieses Problem allerdings auch nicht zu bewältigen sein.

Bedauern mag man, daß die Hgg. ihre Auswahlkriterien für den Nachtragsband nicht ausführlicher offenlegten. Unmittelbar einleuchtend ist sicher die Behandlung von Reichsstadt und Hochstift Augsburg, stehen doch politische und wirtschaftliche Potenz der bikonfessionellen Reichsstadt sowie die Bedeutung des Hochstiftes für die katholische Konfessionalisierung - nicht zuletzt aufgrund der Universitätsgründung in Dillingen - außer Frage. Mehr als berechtigt ist es ohne Zweifel auch, den hanseatischen Raum sowie den Deutschen Orden einer differenzierten Behandlung zu würdigen. Sinnvoll ist auch die Einbeziehung der Grenzterritorien, wobei die Ausstrahlungskraft der Schweiz - trotz des ausgezeichneten Artikels im 5. Band - eventuell stärker berücksichtigt hätte werden können. Eine gesonderte Behandlung von Konstanz, und zwar sowohl der ihrer Reichsunmittelbarkeit verlustig gehenden Reichsstadt als auch des Hochstifts wäre unter diesem Aspekt den ausgewählten Beispielen Regensburg und Passau m. E. vorzuziehen gewesen. Da enzyklopädische Vollständigkeit jedoch nicht möglich ist, wird über mögliche Präferenzen stets - und endlos - disputiert werden können.

Insgesamt ist den Hgg. das große Kompliment zu machen, daß alle wichtigen Territorien ausführlich zur Darstellung ge-kommen sind und die Mindermächtigen des Alten Reiches - die Hochstifte, die Reichsabteien und Reichsklöster, die Reichsstädte sowie die gräflichen und ritterlichen Herrschaften - zumindest in einer repräsentativen Auswahl berücksichtigt wurden. Entstanden ist so eine verdichtete Geschichte des konfessionellen Zeitalters aus territorialer Perspektive mit außerordentlich hohem Informationsgehalt. Auf den abschließenden 7. Band der Reihe, der die erkennbaren Parallelitäten und Unterschiede der territorialen Reformationsentwicklung zur Synthese verdichten soll, darf man gespannt sein.