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Ausgabe:

Juni/1996

Spalte:

568 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Melanchthons Briefwechsel. Bd. T 2: Texte 255–520 (1523–1526). Bearb. von R. Wetzel unter Mitwirk. von H. Scheible. Bd. 8: Regesten 8072–9301 (1557–1560), bearb. von H. Scheible u. W. Thüringer.

Verlag:

Stuttgart-Bad Canstatt: frommann holzboog 1995. 564 S. u. 470 S. gr.8o = Melanchthon Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Lw. je DM 384,-. ISBN 3-7728-1604-5 u. 3-7728-1603-7.

Rezensent:

Joachim Rogge

Nach der Planung des in der Herausgebertätigkeit glänzend versierten Heinz Scheible werden es wohl 80 Bände werden, die er zur Edition des Briefwechsels Melanchthons braucht. Das Gesamtwerk in seiner Absicht und Anlage ist in der ThLZ mehrfach vorgestellt worden, zuletzt der 1. Textband (117. Jg. 1992, 923 f.) und der 7. Band der Regesten (19. Jg. 1994, 1085 f.). Auch die beiden jetzt erschienenen Bände verstärken den Eindruck, daß wir hier ein mit Akribie gearbeitetes Standardwerk vor uns haben. Einzelheiten der Vorzüge brauchen in dieser Rezension nicht wiederholt zu werden.

Der 8. Regestenband ist der letzte seiner Art. Er führt die Korrespondenz des Praeceptor Germaniae bis zu seinem Tode am 19. April 1560. Mit 9301 Korrespondenzstücken (470) gehört Melanchthon zu den lebhaftesten Briefschreibern der Reformationszeit. In bewährter Weise verzeichnen Scheible und Thüringer wieder nicht nur Briefinhalte, sondern führen jeden wissenschaftlich Weiterarbeitenden an einschlägige Quellen und Sekundärliteratur heran. Verweise auf andere Korrespondenzteile und sonstige Querverweise erleichtern überdies den Blick auf reformatorische Zusammenhänge nach Luthers Tod. Auch schon die Regestenbände erweisen sich als hervorragende Beiträge zur Biographie des Lutherfreundes. Wie Melanchthon nach mehr als einem Jahrzehnt nach Luthers Tod die Reformation im deutschen und europäischen Kontext durchzuhalten versuchte, das wird hier in einer Fülle von Details aufgezeigt. Am 3. Mai 1559 lesen wir in einem Brief nach Wielún (Polen) über des Verfassers ökumenische Ambitionen: "M. preist Polen und Ungarn als Bollwerk Europas und beklagt die Krise in Frankreich und Deutschland. Er erwähnt seine persönlichen Beziehungen zu diesen östlichen Ländern und versichert seine Hilfsbereitschaft. M. wünscht eine einheitliche Kirchenreform." (345)

Dem bereits vom Rez. geäußerten Wunsch, daß "Regesten- und Textbände möglichst bald zueinanderfinden" mögen (ThLZ 119. Jg. 1994, 1086), trägt vier Jahre nach Erscheinen des ersten Textbandes nun der nächste auch Rechnung. Er erhält die zumeist lateinisch abgefaßten Briefe von und an Melanchthon zwischen dem 1. Januar 1523 und dem 26. Dezember 1526. Einige nicht genau zu datierende Schriftstücke sind angefügt.

Die "Hinweise für Benutzer" aus dem ersten Textband sind wiederholt worden (9 f.), wie es wohl in jedem Textband jetzt der Fall sein wird. Über "die personellen Bedingungen der Arbeitsstelle", die die große Werksausgabe insgesamt verantwortet und speziell über die Bearbeitersituation des vorliegenden Bandes gibt in einem kurzen Vorwort der Gesamtherausgeber Auskunft.

Die bandspezifische Abkürzungsliste und sechs aufschlußreiche "Indizes" (Absender, Adressaten, Fremdbriefe, Bibelstellen, Namen, Autoren und Werke bis ca. 1500, Autoren und Werke ab ca. 1500) schaffen - wie schon im ersten Textband - schnelle Orientierungsmöglichkeiten über Melanchthons Briefverkehr, der den Umfang seiner zahlreichen reformatorischen Aktivitäten kennzeichnet. Der ausgedehnte Schriftwechsel mit den Freunden fällt in seiner Häufigkeit besonders auf. Immerhin handelt es sich um wichtige Entscheidungsjahre der durchzusetzenden Reformation.

Durch die Numerierung (255-520) ist die Heranziehung des ersten Regestenbandes (139-236) unkompliziert möglich. Der Benutzer wird jetzt und künftig Texte und Regesten zusammen befragen, um in der Forschung voranzukommen.

Auch wenn man nicht einfach von einer Melanchthon-Renaissance in der Gegenwart sprechen kann, so ist doch im Blick auf das Melanchthon-Gedenkjahr 1997 und angesichts einer Neusicht für den Bildungsauftrag der Kirche bedeutsam, den Beitrag des großen Reformators mit seinem humanistischen Hintergrund angemessen zu würdigen. Dazu schafft uns das im zügigen Erscheinen begriffene Editionswerk beste Voraussetzungen!