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Ausgabe:

Juli/August/1996

Spalte:

687–689

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Ysebaert, Joseph

Titel/Untertitel:

Die Amtsterminologie im Neuen Testament und in der Alten Kirche. Eine lexikographische Untersuchung.

Verlag:

Breda: Eureia 1994. VIII, 238 S. gr. 8o. Kart. hfl 55.-. ISBN 9075027036.

Rezensent:

Holger Strutwolf

Der Vf. dieser Studie beansprucht, mit der Lexikographie ein vielversprechendes Instrument in Händen zu haben, das es ermöglichen soll, für "einige alte cruces in den Texten des NT und der Apostolischen Väter", die die kirchlichen Ämter betreffen, eine Lösung zu finden (222). Geht es doch bei der Frage nach den frühchristlichen Ämtern zumeist und oft sogar vorrangig "um die Bedeutung bzw. die Bedeutungsentwicklung einiger in diesen Quellen verwendeter Vokabeln" (1). Da diese eben das Arbeitsgebiet der Lexikographie darstellen, will der Vf. deren Mittel und Regeln auf die neutestamentlichen und altkirchlichen Vokabeln, die die frühchristliche Ämterstruktur beschreiben, anwenden. Er legt dabei großen Wert auf die Feststellung, daß in einer solchen lexikographischen Arbeit "die Bedeutungen der Wörter oder Termini untersucht werden, nicht die Begriffe" (1). Hierbei unterscheidet der Vf. also zwischen "Begriff" als dem von den verschiedenen zu seinem Ausdruck verwendeten Vokabeln unterschiedenen vorstellungsmäßigen "Inhalt" einerseits und der Bedeutung von Worten und Vokabeln andererseits. Der Vf. räumt dabei allerdings selbst ein, daß "die Ergebnisse dieser Untersuchungen... manchmal nicht neu" seien, betont dabei aber zugleich, daß durch "die lexikographische Methode... oft alte Erklärungen neu begründet werden" können (1-2).

Die Studie untersucht zunächst die Vokabeln, die jeweils die verschiedenen kirchlichen Funktionsträger bezeichnen und zwar "die Zwölf, die Apostel, die ÔÎÔÜÓÙÂ" (3-28), "Propheten, Lehrer, Evangelisten, Hirten" (29-59), d. h. die für Mission und Glaubensunterricht zuständigen Personen, "die Gemeindeleiter" (60-123), "Diakone und Diakoninnen" (124-150).

Der Vf. geht dann zu den Weiheriten über und untersucht Handauflegen und Handaufstemmen (151-155), den Weiheritus (156-162) als solchen, die Bedeutungen der Handauflegung (163-164), Wahlernennung und Einsetzungsweihe (165-192). Anschließend stellt er recht knapp und unvermittelt die "Territorialeinteilung" und den "Konflikt des Ignatius in Syrien" dar (193-194). Unter der Überschrift "ÂÚÂ" und Ableitungen. ÃÌÙ" (195-202) wird schließlich die Entwicklung von den ntl. Schriften, die bekanntlich den Priestertitel nicht auf die christlichen Amtsträger angewandt haben, zur allmählichen Übertragung der atl. Priester- und Hohepriestertitel auf Presbyter und Bischöfe lexikographisch skizziert.

In einem eigenen Kapitel stellt der Vf. die "Datierungsprobleme" (203-212) einiger Werke dar, wobei er betont, daß zur Vermeidung einer "Petitio principii in der lexikographischen Untersuchung" die Rekonstruktion der bedeutungsgeschichtlichen Entwicklung der verschiedenen, in den Quellen zur Bezeichnung der kirchlichen Ämter verwendeten Vokabeln unabhängig von der Beantwortung der Datierungs- und Verfasserfragen der einzelnen herangezogenen Schriften vorgenommen worden sei. Allein "für die Didache mußte... zur Erklärung die frühe Datierung eines Traditionsstücks vorausgesetzt werden" (203). Diese Vorgehensweise ist nun besonders auch deshalb sehr zu begrüßen, weil gerade das Datierungskapitel den mit Abstand schwächsten Teil des Werkes darstellt. Die Argumente, die der Vf. für die Frühdatierung besonders des ersten Petrusbriefs, der Apostelgeschichte und der Pastoralbriefe vorlegt, können die ihnen auferlegte Beweislast kaum tragen. Wären diese Datierungen als Voraussetzungen in die bedeutungsgeschichtlichen Untersuchungen eingeflossen, hätten sie m.E. den Wert derselben sehr gemindert.

Schließlich stellt der Vf. dankenswerterweise die "Methodik der Lexikographie" (213-221), die der Arbeit als ganzer zugrunde liegt, in ihren Grundzügen dar.

Eine kurze Zusammenfassung (222-224) skizziert nochmals die Ergebnisse im Überblick. Ausführliche Register (Autorenregister, Wörterverzeichnis, Verzeichnis der grammatischen Termini, Personen- und Sachregister) schließen das Werk ab. Ein Bibelstellenregister fehlt leider; die biblischen Bücher und auch die nichtbiblischen Quellen und Autoren sind im Personen- und Sachregister nur als allgemeine Stichwörter, ohne Kapitel- und Versangabe, aufgeführt.

Mit dieser Studie, die allerdings einer noch stärkeren sprachlichen Überarbeitung bedurft hätte, hat der Vf. unzweifelhaft wesentliche Basisarbeit für die lexikographische Erforschung der frühchristlichen Ämterterminologie geleistet. Es ist ihm gelungen, in der praktischen Durchführung seiner streng am engeren Kontext, in der die jeweiligen Vokabeln in den Quellen eingebunden sind, orientierten philologischen Analysen die Fruchtbarkeit der lexikographischen Methode zu erweisen. Eine zusammenhängende und sogar angenehm lesbare Monographie ist dieses Buch dabei allerdings nicht geworden, eher schon ein Nachschlagewerk, in dem man sich gerne - und mit Hilfe des minutiösen Inhaltsverzeichnisses und der ausführlichen Register auch recht bequem - zu einzelnen Vokabeln und ihrer Bedeutungsgeschichte belehren läßt. Für die Bereitstellung eines solchen Hilfsmittels gebührt dem Verfasser Dank und Anerkennung.