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Ausgabe:

November/1998

Spalte:

1068 f

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Mühlpfordt, Günter]

Titel/Untertitel:

Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift hrsg. von E. Donnert. 1: Vormoderne, 2: Frühmoderne.

Verlag:

Weimar-Köln-Wien: Böhlau 1997. XX, 612 S. m. Abb., 1 Porträt u. VIII, 663 S. m. Abb., 1 Porträt gr.8. Lw. DM je 139,-. ISBN 3-412-00497-9 u. 3-412-00597-5.

Rezensent:

Martin Brecht

Anzuzeigen sind die beiden ersten Bände der Festschrift mit 79 Aufsätzen, verfaßt von einem internationalen Kollegenkreis, mit denen der Historiker der Universität Halle-Wittenberg zum 75. Geburtstag stattlich geehrt wurde; zwei weitere Bände sollen noch folgen. Das Vorwort läßt u. a. etwas von den einstigen politischen Pressionen erkennen, denen der Jubilar ausgesetzt war. Die Festschrift dürfte auch als nachträgliche Anerkennung gedacht sein. Sie spiegelt eindrücklich wider, wie der aus alter Zwickauer Familie stammende G. Mühlpfordt mit seinen geistes- und kulturgeschichtlichen Forschungen immer wieder auch an die Kirchengeschichte angegrenzt ist.

Der Aufsatz von Stefan Oehmig beschäftigt sich denn auch mit dem Bürgermeister Hermann Mühlpfordt (1486-1534). Aus der Fülle des Gebotenen soll hier hauptsächlich das hervorgehoben werden, was kirchenhistorischen Bezug hat, und das ist nicht wenig. Die zumeist bekannten Experten S. Wollgast, S. Loos, V. Joestel, S. Bräuer, P. G. Kuntz, A. Laube, G. Vogler, M. L. Kuntz, D. Fauth und U. Bubenheimer befassen sich mit Themen der radikalen Reformation. Für eine Darstellung der Reformation in Görlitz und der Oberlausitz (E.-H. Lemper) wird die Forschung dankbar sein. Aus dem 17. Jh. werden Isaac, La Peyrère (B. Seidel), ein schwarzburgischer Dissident (U. Weiß), zwei Havelberger Weigelianer (M. Schippan), die beiden Pastorius aus Windsheim (D. Blaufuß) und die Jesuiten bei G. Arnold (H. Marti) präsentiert. Weitere Untersuchungen zum Pietismus gelten A. H. Walbaum (Chr. Bochinger), der Konventikelbewegung in Potsdam (H. Lehmann), der Identität der Brüdergemeine (I. Modrow), dazu den Schwenckfeldern im 18. Jh. (H. Weigelt) und der Kirche St. Elisabeth in Breslau als "evangelischem Zion" (J. Harasimowicz). Der weitgespannte Überblick von J. Wallmann über die europäische und außereuropäische Ausstrahlung des Pietismus steht bereits am Anfang des 2. Bandes.

Sonst jedoch ist dieser Band der Aufklärung gewidmet, manchmal in Verbindung mit der Universitätsgeschichte von Halle. Hinzuweisen ist auf "P. Bayles ,Dictionaire’ und der Artikel ,David’ in der deutschen Aufklärung" (G. Sauder). Selbstverständlich wird mehrfach Chr. Wolff thematisiert (R. Meyer, H.-M. Gerlach und U. Ricken). Bemerkenswerterweise handeln nicht weniger als 10 Beiträge von dem radikalen theologischen Aufklärer K. Fr. Bahrdt (R. Haaser, H.-H. Lössl, H. Haering, Chr. Haug, L. Lütkehaus, H. Kritzler, A. Haase, Th. Hoeren, Chr. Weiss und O. Jacob). Nicht zuletzt kommen, der fachlichen Ausrichtung des Jubilars entsprechend, geistesgeschichtliche Bezüge zu Osteuropa in den Blick

Die Festschrift bietet also auch für die Kirchengeschichte einen reichen Strauß mit nicht wenigen wichtigen Einzelstücken und sollte deshalb in den entsprechenden wissenschaftlichen Einrichtungen nicht fehlen.