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Ausgabe:

Juni/1996

Spalte:

580–582

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Peterson, Erik

Titel/Untertitel:

Theologische Traktate. Mit einer Einleitung von Barbara Nichtweiß.

Verlag:

Würzburg: Echter 1994. XXIII, 257 S. gr. 8o = Erik Peterson Ausgewählte Schriften, 1. geb. DM 78,-. ISBN 3-429-01630-4.

Rezensent:

Peter Amberg

Erik Peterson ist heute wohl nur noch einem kleineren Leserkreis bekannt. Er wurde 1890 in Hamburg geboren und wirkt nach dem Studium der evangelischen Theologie als Privatdozent für Christliche Archäologie in Göttingen und ab 1924 als Professor für Alte Kirchengeschichte und Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Bonn. Schon nach dem Ersten Weltkrieg knüpfte er Kontakte zu katholischen Kreisen um Theodor Haecker und Carl Schmitt. Im Jahre 1930 konvertierte Peterson zur römisch-katholischen Kirche und wirkte ab 1937 zuerst als Dozent, ab 1947 als außerordentlicher und ab 1956 als ordentlicher Professor für Patristik sowie den Bereich "Antike und Christentum" am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie in Rom. Im Jahre 1960 ist er in Hamburg gestorben.

Nach seinem Tode sind seine Werke bald vergriffen gewesen. Der Echter Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, das theologische Schaffen Petersons dem Vergessen zu entreißen. Es ist die Herausgabe von zwölf Bänden geplant, welche von Barbara Nichtweiß besorgt wird. Sie hat auch dem Band 1 eine allgemeine Einführung in die theologische Arbeit Petersons vorangestellt und den Band 2 mit einer speziellen Einleitung versehen. Beide zeichnen sich durch Kenntnisreichtum und Prägnanz aus. Mit den "Theologischen Traktaten" und den "Marginalien zur Theologie" werden zwei Aufsatzbände neu zugänglich gemacht, welche Peterson noch selbst 1951 bzw. 1956 hg. hatte. Die "Traktate" stellen eine Sammlung längerer Essays dar, welche die theologischen Auffassungen des Autors deutlich kenntlichmachen, aber auch teilweise etwas zur Kompromißlosigkeit neigen.

Es werden die Themen "Was ist Theologie ?", "Der Monotheismus als politisches Problem", "Christus als Imperator", "Zeuge der Wahrheit", "Was ist der Mensch", "Die Kirche aus Juden und Heiden" und "Von den Engeln" behandelt.

Der erste Beitrag stammt ebenso wie ein Briefwechsel mit Adolf Harnack und das Traktat "Die Kirche" aus der Zeit vor 1930, alle anderen wurden nach der Konversion geschrieben.

In dem genannten Briefwechsel aus dem Jahre 1928 wird der tiefste Grund für Petersons Übertritt deutlich. Für ihn ist der "alte Begriff des ,Dogmas' und damit das ,Dogma' überhaupt dahin; denn ein Dogma ohne Unfehlbarkeit bedeutet nichts" (182). 1929 faßte er sein ekklesiologisches Credo so zusammen: "Ich bin daher der Meinung, daß eine Kirche ohne apostolisches Kirchenrecht und ohne die Fähigkeit, dogmatische Entscheidungen zu fällen, überhaupt als Kirche nicht angesprochen werden kann" (252). Dem entsprechend war die Entscheidung von 1930 konsequent, offenbaren die Zitate doch eine deutliche Abkehr von der evangelischen Ekklesiologie, wie sie in CA VII zusammengefaßt ist.

Kritisch gesehen werden muß Petersons Haltung gegenüber den Juden. Es unterliefen ihm in diesem Zusammenhang einige Entgleisungen. So stellte er z.B. in "Die Kirche aus Juden und Heiden" fest, daß "der fleischliche Jude keine"... "tiefe Einsicht" habe (159). Die Hgn. kennzeichnet solche Auslassungen als "kaum erträglich", weist aber auch darauf hin, daß Peterson gerade durch theologische Betrachtungen'versuchte, der "politischen und rassistischen Judenhetze entgegenzuwirken" (Einführung, XVII).

Der zweite Band "Marginalien zur Theologie" umfaßt etliche komprimierte Veröffentlichungen aus den späteren Schaffensjahren, welche wieder hauptsächlich theologischen Charakters sind, teilweise aber auch literarische Züge tragen. Sie sind flüssig, ja streckenweise sogar unterhaltsam zu lesen und verdeutlichen die umfassenden Kenntnisse des Autors in vielen Bereichen, wie z.B. in dem Beitrag "Musik und Theologie".

Einen speziellen Zugang zur Lehre von den Engeln bieten die Aufsätze "Der Lobgesang der Engel und der mystische Lobgesang" und "Über die heiligen Engel". Hier wird besonders die nun tiefe Verankerung Petersons in der römisch-katholischen Theologie ersichtlich.

Die beiden Bände kennzeichnen also zum einen den sich anbahnenden Wechsel Petersons und ermöglichen zum anderen den Zugang zu einer originellen Position katholischer Theologie dieses Jh.s. Dafür ist dem Verlag und der Hgn. zu danken. Insbesondere im Hinblick auf neue theologiegeschichtliche Aspekte ist die Edition weiterer Bände zu begrüßen.