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Ausgabe:

Juli/August/1996

Spalte:

615–630

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Plathow, Michael

Titel/Untertitel:

Römisch-Katholische Beiträge zur Gegenwart (*)

1. Die Erneuerung der römisch-katholischen Theologie durch das II. Vatikanum spiegelt sich noch gut 30 Jahre nach der Öffnung der römisch-katholischen Kirche durch dieses geistliche Ereignis in den Dogmatiken der jüngsten Gegenwart wider. Mit Freude und Zustimmung nimmt der ökumenisch engagierte Leser wahr, daß für die wissenschaftliche Arbeit römisch-katholischer Dogmatiker mit dem II. Vatikanum ein unumkehrbarer Prozeß eingeleitet worden ist. Mag sich in Zukunft das Pontifikat Papst Johannes Paul II. mit der Herausgabe des Codex Juris Canonici (25. 1. 1983) und des "Katechismus der katholischen Kirche" (11. 10. 1992) verbinden - sie repräsentieren die doktrinale und jurisdiktionelle Einheit von Lehre und Kirche des Papstprimat nach einem instruktionstheoretischen Modell -, die kreative Vielfalt wissenschaftlich und kirchlich verantworteter Darlegungen des christlichen Glaubens durch römisch-katholische Theologen blieb nicht selten unabhängig von lehramtlichen Restriktionen. Zumindest gilt diese Beobachtung für die vorzustellenden Werke. Dem kommunikationstheoretischen Modell sind sie (abgesehen von W. Simonis) verpflichtet mit ihrer pluralen "Öffnung zur Welt", mit der Zustimmung zur Geschichtlichkeit der Wahrheit, zum personal gefaßten Offenbarungsverständnis, zur biblischen Grundlegung dogmatischer Aussagen und zur communio-Ekklesiologie. Besonders deutlich wird das bei der methodischen Entfaltung theologischer Themen; gegenüber der neuscholastischen Darstellung: Aufzeigen des lehramtlich verkündigten Glaubens, Nachweis seiner Begründung in Schrift und Tradition, spekulative Durchdringung werden die theologischen Themen jetzt in den heutigen Problem- und Fragehorizont hineingestellt, dann zuerst biblisch differenziert bedacht, erst anschließend in die Tradition eingezeichnet, um schließlich im Diskurs mit anderen Gegenwartstheologen und nichttheologischen Wissenschaften für das Leben der Kirche und die Fragen der Menschen heute verantwortet zu werden. Die Offenbarung des dreieinen Gottes wird somit in Beziehung zu Gegenwartskontexten reflexiv erschlossen. Vorbereitet durch römisch-katholische Theologen wie John Henry Newman, Romano Guardini, Erich Przywara sowie die Nouvelle Theologie und inspiriert durch das II. Vatikanum hatten Johannes Feiner und Magnus Löhrer "Mysterium salutis. Grundriß heilsgeschichtlicher Dogmatik", Bd. I-V, Einsiedeln-Zürich-Köln 1965-76, als Gemeinschaftswerk verschiedener Theologen aus verschiedenen theologischen Disziplinen herausgegeben. Diesem von einem heilsgeschichtlichen Ansatz geprägten Opus können von seiten einzelner römisch-katholischer Theologen nur die Werke von Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar adäquat zugeordnet werden; wobei auch diese beiden Theologen an "Mysterium salutis" beteiligt waren.

K. Rahner ist der transzendentaltheologische Ansatz eigen, d. h. Gottes gnadenhafte Selbstmitteilung und das menschliche "übernatürliche Existential" als Bedingung der Möglichkeit für den Gnadenempfang sind momenthaft aufeinander bezogen. Gott und Welt korrelieren miteinander wie die menschliche Seinsfrage mit der transzendentalen Antwort (vgl. u. a. K. Rahner: Grundkurs des Glaubens, Freiburg/Br. 1976(6)). H. U. von Balthasar: Das betrachtende Gebet, Einsiedeln 1965(3); Herrlichkeit Bd. 1-3/2, Einsiedeln, 1961-67; Skizzen der Theologie Bd. 1-5, Einsiedeln 1960-86). Im wirkungsgeschichtlichen Zusammenhang dieser Theologen und Werke nach dem II. Vatikanum stehen die zu besprechenden römisch-katholischen Dogmatiken jüngster Gegenwart. Allerdings hat sich die soziokulturelle Situation der westlichen Länder in den letzten 20 Jahren sehr gewandelt und implizit auch die der christlichen Kirchen: in der vom wissenschaftlich-technischen Geist geprägten Gesellschaft nahm die Säkularisierung durch die Errungenschaften und Erkenntnisse in Technologie und Human- und Sozialwissenschaften zu; der Erfahrung der "Grenzen des Wachstums" steht die Notwendigkeit verantwortlicher Technikfolgenabschätzung gegenüber; dem Pluralismus der Anbieter- und Konsumwelten entspricht der Individualismus des selbst auswählenden, entscheidenden und machenden Einzelnen, der sich, beziehungslos wie er oft ist, gerade nicht vom Andern her versteht; der allgemeinen Institutionskritik, an der auch die großen Kirchen Anteil haben, korrespondiert nicht selten eine "Sehnsucht nach Sinn" (P. L. Berger), nach Erlebnis, nach Selbstfindung, nach Geborgenheit; dem Sinken des Grundwasserspiegels christlicher Glaubensgewißheit und elementarer Glaubenskenntnisse folgt eine Erosion kirchlichen Gemeinsinns; mit der Globalisierung und den Begegnungen mit anderen Religionen und Weltanschauungen verbindet sich bisweilen die Relativierung oder Gleichgültigkeit der Wahrheitsfrage, die sich dann nicht selten auf eine materialistische oder hedonistische Lebenseinstellung zurückzieht; lehramtliche Erklärungen der römisch-katholischen Kirche zu individualethischen Themen werden oft nicht rezipiert und personelle Entscheidungen provozieren immer häufiger Kritik bei Außenstehenden, aber auch bei Insidern aus der jüngeren Generation und bei Frauen. Hinführungen zum christlichen Glauben, Eröffnen von Zugängen zur Frömmigkeit, Klärung elementarer Aussagen römisch-katholischer Theologie und Kirche sind notwendig geworden. Diese Anliegen und Herausforderungen wollen die zu besprechenden Dogmatiken aufnehmen. Wenden wir uns ihnen im folgenden zu:

2. Georg Kraus: "Gott als Wirklichkeit", der erste Band eines "Grundrisses der Dogmatik", dem die Bände zur Schöpfungslehre, Christologie, Ekklesiologie, Sakramentenlehre und Eschatologie folgen werden, will ein "Lehrbuch zur Gotteslehre" sein. In 1 beschreibt der Vf. "Das Geheimnis der Wirklichkeit Gottes": die Offenbarung als Selbstmitteilung Gottes in seiner freien Liebe und als bleibendes Geheimnis, und zwar in der Schöpfung und in Jesus Christus. Ihr entspricht nach dem anthropologisch-transzendentalen Ansatz dieses Entwurfs die Gottoffenheit des Menschen als dialogisches, responsorisches und interrogatives Wesen, wobei sich der Glaube als menschliche Antwort auf die Selbstmitteilung Gottes erweist. Theologie als Glaubenswissenschaft hat in der Gotteslehre die analoge Rede vom Geheimnis Gottes zu verantworten. 2 "Die Wirklichkeit Gottes im alttestamentlichen Zeugnis" und 3 "Die Wirklichkeit Gottes im neutestamentlichen Zeugnis" schildert mit den biblischen Schriften den Glauben an Gott als Schöpfer und Herr, als Retter und Richter in seiner Einzigkeit, Transzendenz, Immanenz und Personalität; in den neutestamentlichen Zeugnissen erfährt er seine christozentrische Ausfaltung (207 ff.). Nach Jesu Anrede Gottes als Vater - hier das Gespräch mit der feministischen Theologie (194 ff.) - wird der analogen Redeweise von Gott, die ihre "Ausgangsbasis" in menschlichen Grunderfahrungen hat (243), bei Paulus und Johannes nachgegangen sowie den trinitarischen Anknüpfungen und triadischen Formeln im Neuen Testament. 4 "Die Wirklichkeit Gottes in der kirchlichen Trinitätslehre" zielt nach der dogmen- und theologiegeschichtlichen Aufbereitung des Themas auf das gegenwärtige theologische Gespräch: K. Rahner, L. Boff und die Diskussion über das Verhältnis von immanenter und ökonomischer Trinität, über das Personverständnis und über eine soziale Trinitätslehre. Zugänglich wird "das Trinitätsverständnis aus dem Wesen Gottes als Liebe" (330 ff.), wie sie in der menschlichen Erfahrung verankert ist. Die rationale Gotteserkenntnis der "Gottesbeweise" schließlich gestaltet sich als nachträgliche Bewahrheitung des Glaubens; in menschlichen Erfahrungen bewährt, bezieht er sich auf Gott in den Aussagen der Eigenschaften des göttlichen Seins und Handelns. Die Denkform der Analogie hat somit konstitutive Bedeutung für das Verhältnis von christlichem Glauben und menschlicher Erfahrung.

Der klare Aufbau, die schrittweise, didaktisch gekonnte Entfaltung, die verständliche Sprache wird in diesem "Grundriß" unterstützt durch 44 Schemata; als jeweils zusammenfassende Skizzierungen bedeuten sie für den Studierenden eine nicht geringe Hilfe. Es handelt sich um ein "Lehrbuch", das bei seiner Orientierung an der "Tradition der katholischen Kirche" geschrieben ist im Geist ökumenischen Dialogs zur "Förderung des Glaubens" (17, 18).

3. Gerhard Ludwig Müller: "Katholische Dogmatik. Für Studium und Praxis der Theologie" will mit seinem "Studienbuch Dogmatik" (3) eine "Hinführung zur dogmatischen Theologie" (4) geben, eine "gegenwartsbezogene Orientierung" und eine "Vergewisserung" in einer "Zeit des Zweifels" (III). Hinführungen zu den theologischen Sachthemen, zusammenfassende Thesen, hervorgehobene Kerntexte, skizzierende Schemata und Summarien unterstreichen das Genus eines "Studienbuches".

"Dogmatik ist die methodisch reflektierte Darstellung von Realität und Zusammenhang der uns Menschen erlösenden Selbstmitteilung des dreifachen Gottes in Jesus Christus, wie sie sich im Medium des kirchlichen Glaubensbekenntnisses ausdrückt" (36). Die kunstvolle Architektonik dieses Gesamtentwurfs folgt von einem anthropologisch-transzendentalen Ansatz her nach der offenbarungstheologischen Erkenntnislehre (I) dem inneren Zusammenhang des "Ereignisses der Offenbarung und der Bedingung der Möglichkeit ihrer Aufnahme im Menschen" (43): in einer Reihe A wird nach der "anthropologischen Verwiesenheit des Menschen auf Gott" (II) die Schöpfungslehre (III) und im heilsgeschichtlichen Gang die Selbsterschließung des dreifaltigen Gottes als "Subjekt der Heilsgeschichte im Alten Testament und als Vater Jesu Christi im Neuen Testament", eben die Theologie (IV), thematisiert sowie die Christologie/Soteriologie (V) und die Pneumatologie (VI), um dann den Blick auf Gottes dreifaltiges Leben als Mitte dieser Themenfolge zu eröffnen (VII). In der Reihe B beschreibt der Autor die "glaubensgeschichtliche Antwort des Menschen in Entsprechung zur in Reihe A bedachten göttlichen Offenbarung" (43): parallel zur Anthropologie die Mariologie (VIII) mit Maria, dem Urbild des einzelnen begnadeten Menschen und der Kirche als Glaubensgemeinschaft; in Entsprechung zur Selbstoffenbarung Gottes als Schöpfer (Protologie) schließt sich die "Vollendung des Menschen in der Eschatologie (IX) an, gefolgt von der Ekklesiologie (X) als Antwort auf die Selbstoffenbarung Gottes des Vaters; der Christologie in der Reihe A steht gegenüber die Heilsgegenwart Christi in den Sakramenten (Sakramentenlehre, XI) und die Gnadenlehre (XII) rundet - korrespondierend zur Pneumatologie - den Cursus dogmaticus ab. Gewiß lassen sich von einem heilsgeschichtlichen Ansatz her auch kritische Anfragen an den Aufbau dieser Dogmatik stellen; doch spiegelt er ihren anthropologisch-transzendentalen Ansatz strukturell wider.

In den einzelnen Traktaten zeigt der Autor zunächst die Horizonte und Perspektiven der theologischen Themen auf, geht dann auf die biblischen Zeugnisse und die Dogmen- und Theologiegeschichte ein, um schließlich von und mit den Erklärungen des II. Vatikanums eine systematische Erschließung im Gespräch mit römisch-katholischen und evangelischen Systematikern der Gegenwart (K. Barth, K. Rahner, E. Jüngel, J. Moltmann, W. Pannenberg, H. U. von Balthasar u. a.) auf biblische Kernaussagen hin vorzunehmen. Die kontroverstheologische und ökumenische Dimension wird naturgemäß bei den unterscheidend römisch-katholischen Themen wie Mariologie (502 ff.) und Ekklesiologie (548 ff., 615 ff.), aber auch in der Sakramenten- (706 ff., 721 ff., 753 ff.) und Gnadenlehre (798 ff.) bedacht; hier hält sich der Vf. an die Verlautbarungen des II. Vatikanums. Konstitutive Bedeutung für den Gesamtentwurf hat das "kommunikationstheoretische Offenbarungsverständnis" im Unterschied zu einem "informationstheoretischen" (73); es schließt ein die personale und dialogische Gottesbeziehung nach der analogia fidei (73); das transzendental-personal begründete Verhältnis von Natur und Gnade; die Erlösung des Mittlers Jesus Christus "im Horizont einer gott-menschlichen Kommunikation der Liebe" (385 ff.); die eine Offenbarung in Schrift und Tradition; die communio-Ekklesiologie von der römisch-katholischen Kirche als "Sakrament der Gemeinschaft" (585), in der die Einheit von Transzendenz und Geschichte Jesu überliefert und bezeugt wird; die offene Dogmenhermeneutik; das Verständnis von Lehrverkündigung und Lehramt im "Horizont eines kommunikationstheoretischen Offenbarungsverständnisses" (94); die Sakramente als "Vollzugsweisen der personal-dialogischen Kommunikation mit Gott" (647); das trinitarisch geprägte, ekklesiale, sakramentale und eschatologische Gnadenverständnis mit dem Primat der Selbstmitteilung Gottes.

Mit Interesse und Erkenntnisgewinnen nimmt der evangelische Leser das Ganze und die Teile dieses römisch-katholischen "Studienbuches" wahr: im Ganzen die Teile und in den Teilen das Ganze eines anthropologisch-transzendentalen, kommunikationstheoretischen Entwurfs. Informatorischen Wert haben für ihn auch die guten Zusammenstellungen der Lehrdokumente zu den einzelnen Themen und das breite Literaturverzeichnis.

4. Wolfgang Beinert (Hg.): "Glaubenszugänge. Lehrbuch der katholischen Dogmatik", Bd. 1-3 ist ein neues Gemeinschaftswerk nach Peter Eicher (Hg.): "Neue Summe der Theologie", Bd. 1-3, Freiburg/Br. 1988/89, und Theodor Schneider (Hg.): "Handbuch der Dogmatik", Bd. 1+2, Düsseldorf 1992. Im Anschluß an die "Einleitung in die Dogmatik" (Wolfgang Beinert) behandelt dieses Lehrbuch im Cursus dogmaticus folgende 11 Traktate: "Theologische Prinzipienlehre" (Wolfgang Beinert), "Schöpfungslehre" (Alexander Ganoczy), "Theologische Anthropologie" (Georg Langemeyer), "Christologie. Die Lehre von Jesus dem Christus" (Gerhard Ludwig Müller), "Mariologie. Maria, die Mutter des Christus" (Franz Courth SAC), "Ekklesiologie. Die Lehre von der Kirche" (Peter Neuner), "Pneumatologie. Die Lehre vom Heiligen Geist" (Bertram Stubenrauch), "Gnadenlehre. Das Heil der Gnade" (Georg Kraus), "Sakramentenlehre. Das Heil aus den Sakramenten" (Günter Koch), "Eschatologie" (Josef Finkenzeller). Wie "Mysterium salutis" ist diese voluminöse Dogmatik der heilsgeschichtlichen Entfaltung (Bd. 1, S. IX, 30; Bd. 3, 675) unter dem "Vorzeichen des Katholischen" (Bd. 1, VIII) in ökumenischer Offenheit verpflichtet (Bd. 3, 678). Wie schon der Titel signalisiert, möchte sie "Glaubenszugänge" für den heutigen Menschen in seinen pluralistischen Lebenswelten mit den Weltanschauungen und Ismen eröffnen. "Glaubenszugänge" - wie Wolfgang Beinert im "Vorwort" und im "Epilog" schreibt - wollen deutlich machen, "welchen Lebenswert die christliche Botschaft in sich und besonders für die Gegenwart besitzt" (Bd. 1, VI); "Glaubenszugänge schaffen bedeutet nun: Sinn ermöglichen, Gewißheit vermitteln, Lebensmut geben" (Bd. 3, 675) heute, d. h. "durch die Aufklärung, durch den Primat der Rationalität vor der Emotionalität, der Verantwortung vor der Aggression" als reflektierter Glaube (Bd. 3, 675). Methodisch wird dieses Gemeinschaftswerk von vier Grundregeln geleitet:

a. Im Unterschied zur "essentialistischen Methode" "von oben nach unten", wie Wolfgang Beinert sie kritisch im "Katechismus der katholischen Kirche" konstatiert (Bd. 1, 32, Anm. 45), geht sie "vom menschlichen Suchen und Fragen nach der Wahrheit" aus (Bd. 1, 32). Entsprechend dem kommunionalen und kommunikatorischen Charakter des Christentums will sie dialogisch, kommunial offen für neue Einsichten sein (Bd. 1, 34). Das Gespräch mit den Natur-, Human- und Gesellschaftswissenschaften, mit anderen Religionen und Weltanschauungen in postmoderner Zeit ist ein Anliegen.

b. In der heilsgeschichtlich ausgerichteten Dogmatik wird die Bedeutung der Heiligen Schrift als "Grundnorm des christlichen Glaubens" betont (Bd. 1, 34). Das geschieht in exegetisch differenzierter Weise auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Arbeit und zugleich allgemein verständlich.

c. Als "inneres Moment des heilsgeschichtlichen Dialogs" zwischen dem sich mitteilenden Gott in Jesus Christus und der menschlichen Annahme seines Wortes durch den Heiligen Geist erweist sich die Dogmenentwicklung und die Dogmenhermeneutik (Bd. 1, 21). Dabei konzentriert sich die "Sinnspitze des Dogmas" in der Doxa; Dogmatik erschließt sich als eine "Art Grammatik des Gotteslobes" (Bd. 3, 676).

d. Die Integration heutigen Verstehens und der gegenwärtigen Situation in das Offenbarungsgeschehen erfolgt nach und mit dem II. Vatikanum vom anthropologisch-transzendentalen Ansatz her im Gespräch mit römisch-katholischen und evangelischen sowie orthodoxen Gegenwartstheologen in kritischer und produktiver Weise; der feministischen Theologie und der Befreiungstheologie wird erhöhte Aufmerksamkeit gezollt.

Zusätzlich sei erwähnt, daß diese katholische Dogmatik ein "Lehrbuch für alle" sein will, "die sich auf die christlichen Glaubensinhalte einlassen" (Bd. 1, VI); sie ist geschrieben in verständlicher Sprache und klarer Darlegung mit Skizzen, Tabellen, Schaubildern, Übersichten und Graphiken, die mit informatorischem Wert zu Erkenntnisgewinnen führen; sehr oft wurden sie übrigens von Wolfgang Beinert erstellt. Nach diesem Überblick zu Methode, Ansatz und Zielsetzung des Gemeinschaftswerkes mit seinen - einschließlich der Literaturverzeichnisse zu den einzelnen Traktaten und des Registers - nahezu 2000 Seiten können im Cursus dogmaticus nur schwerpunktmäßig exemplarische Kennzeichnungen aufgezeigt werden aus der Fülle des Stoffes.

4.1. Die "Theologische Erkenntnislehre" definiert Wolfgang Beinert als die "Lehre von den Bedingungen und Regeln der glaubenswissenschaftlichen Erkenntnis" (Bd. 1, 47). Aus "erkenntnistheoretische Grundkategorie" und "hermeneutischer Grundbegriff" erweist sich die Offenbarung Gottes (Bd. 1, 56), der der Glaube als personales Geschehen auf seiten des Menschen entspricht im kommunional-kommunikatorischen Ge-schehen der trinitarischen Heilsgeschichte Gottes. Als Be-zeugungsinstanzen nennt der Autor zuerst die Heilige Schrift (Bd. 1, 93), dann die Tradition im Verständnis von "Dei verbum" (Bd. 1, 127 f.), das Lehramt, die wissenschaftliche Theologie und schließlich den Glaubenssinn der Gläubigen, wie er gerade von den Theologen M. Schmaus, Y. Congar, u. a. als echte Form der Glaubenserkenntnis aufgewiesen wurde; sie alle stehen in Interaktion miteinander beim Prozeß verbindlichen Lehrens. Von diesem kommunikationstheoretischen Konzept (Bd. 1, 65) her weist der Vf. auch auf Revisionen lehramtlicher Entscheidungen hin (Bd. 1, 138 f., 140 Anm. 132); kritisch erkennt er in der "Professio fidei" und in "Iusiurandum fidelitatis" von 1989 das vorkonziliare instruktionstheoretische Modell (Bd. 1, 143) und wendet sich gegen die Überordnung des Lehramtes über die wissenschaftliche Theologie (Bd. 1, 162); sehr betont er die Bedeutung des "Glaubenssinns der Gläubigen", der auch in can 212 CIC, 1-3 ausgesagt wird. "Die Frage bleibt offen, wie weit das Lehramt selber die Texte des Konzils entsprechend dessen Geist rezipiert hat" (Bd. 1, 179).

4.2. In der "Gotteslehre", die als Trinitätslehre die "Grammatik der ganzen Glaubenslehre" (Bd. 1, 203) darstellt, entfaltet Wilhelm Breuning nach den Problemanzeigen die biblische Besinnung, die dogmen- und theologiegeschichtliche Verdeutlichung und die spekulative Durchdringung. In die biblisch-heilsgeschichtliche Grundlegung der Gotteslehre zeichnet der Autor den kreuzestheologischen Aspekt ein (Bd. 1, 225) und greift die feministischen Fragestellungen auf (Bd. 1, 228, 238).

"Die Erkennbarkeit Gottes. Gottes Wirklichkeit im Denken und Sprechen des Menschen" zeigt: "Rationalität und Rationabilität gehören integral zum Begriff des Glaubens im christlichen Verstehen" (Bd. 1, 243). Dabei wird die Denkform der Analogie für die Verbindung von Gottes- und Welterkenntnis und für die Kommunikation von Gott und Mensch im Zusammenhang der transzendentaltheologischen Beziehung von Natur und Gnade ins Zentrum gestellt der Diskussion über den Atheismus (Bd. 1, 263), über die Postmoderne (Bd. 1, 265), über die mystische Tradition (Bd. 1, 267, 299) sowie der Interpretation der Gottesbeweise.

Aus einer theologiegeschichtlichen Entfaltung heraus be-schreibt der Vf. dann die trinitarische Liebe Gottes im Werde-Sein der Welt und in der kreatürlichen Freiheit des Menschen, der hinein genommen ist in die Spannung zwischen Deismus und Pantheismus und konfrontiert wird mit dem Atheismus, der Religionskritik und der Sprachphilosophie "nach Auschwitz". Die Skizzierung des offenbarungstheologischen Ansatzes von K. Barth, K. Rahner, H. U. von Balthasars, des kreuzestheologischen Ansatzes von M. Luther und J. Moltmann und des eschatologisch-heilsgeschichtlichen Ansatzes von W. Pannenberg, W. Kasper, J. Ratzinger und H. de Lubac fließen darum ein in ein Gespräch über das Theodizeeproblem (Bd. 1, 329 ff.).

4.3. Der dialogische Charakter der "Zugänge" bestimmt in besonderer Weise Alexander Ganoczys "Schöpfungslehre" (Bd. 1, 365 ff.; vgl. auch ThLZ 111, 1986, 561-570). Die Schwierigkeiten heutiger Schöpfungslehre nimmt der Vf. im spannungsvollen Verhältnis von religiöser Erfahrung und naturwissenschaftlicher Empirie, von Schöpfung und Evolution und in der Frage nach dem Bösen wahr. In den ethischen Herausforderungen durch die ökologische Krise erkennt er eine Konvergenz von naturwissenschaftlicher Reflexion und christlicher Schöpfungslehre.

Von einem soteriologischen Schöpfungsverständnis her (Bd. 1, 391) nimmt der Autor differenziert und zugleich ansprechend den Dialog mit den Naturwissenschaften (auch mit der Chaostheorie, Bd. 1, 379 f., 468 f.) auf. Eine "Schöpfungslehre von unten" ( Bd. 1, 431) will er entwerfen unter Heranziehen der Denkform der Komplementarität und der Analogie für das Verhältnis von naturwissenschaftlichem "Modell" und religiösem "Symbol". Vier "Plattformen" für diesen Dialog zeigt er zunächst auf: das endliche und relative Raumzeitkontinuum; die Offenheit der Materie für den Geist; die Verbindung von Notwendigkeit und Kontingenz; das Verhältnis von Objektivität und Subjektivität in der Achtung vor und der Verantwortung für die Mitwelt. Auf dieser Grundlage stellt der Vf. analoge Aspekte naturwissenschaftlicher und schöpfungstheologischer Rede fest: a. zwischen der Selbstorganisation der Materie im evolvierenden Naturprozeß einerseits und der fortgesetzten Schöpfung des dreieinen Gottes andererseits bei dem konstitutiven Unterschied von Schöpfer und Schöpfung (Bd. 1, 462 ff.); b. zwischen der Verschränkung der irdisch erlebten Raumzeitmodi und der Ewigkeit Gottes (Bd. 1, 469 ff.); c. zwischen der modernen Gehirnforschung, die "Personsein notwendig gehirnhaft und Menschengehirn grundsätzlich personal", d. h. geistig (Bd. 1, 474) versteht, und der Gottoffenheit theologischer Anthropologie, die den Geist Gottes als "zuvorkommende Gnade in Person" interpretiert (Bd. 1, 475); d. zwischen der menschlichen Kreativität und dem "Glaubensakt, der den Mut zum Wagnis" bei der Erfüllung des Schöpfungsauftrags "einflößt" (Bd. 1, 476); e. zwischen der Phänomenologie des Bösen (K. Lorenz [Bd. 1, 458 ff.] und M. Eigen [Bd. 1, 460 f.]) und der sozialen Dimension einer Theologie der Sünde (Bd. 1, 477 ff.); die Sozialagape einer christlichen Schöpfungsethik konvergiert da mit dem ethischen Anliegen K. Lorenz'. In diesem Dialog hat die christliche Schöpfungslehre zu verkündigen und argumentativ zu zeigen, "daß sich die trinitarische Liebe des Schöpfergottes durch Jesus Christus in der evolutiven Welt offenbart hat; die Schöpfungstheologie hat ihre spezifische Perspektive in der Tat Gottes "ex amore (GS 19 ff.)" (Bd. 1, 490). Nach den Beiträgen von Th. F. Torrance, W. Pannenberg, Chr. Link, J. Moltmann zur "Theologie der Schöpfung" und "Theologie der Natur" wird der evangelische Leser diesen Traktat eines römisch-katholischen Theologen mit besonderem Interesse und mit Erkenntnisgewinnen studieren.

4.4. Für Georg Langemeyer "Die theologische Anthropologie" - ein eigenständiges Lehrstück ist sie erst in diesem Jahrhundert geworden - weisen die Offenheit des Subjektbewußtseins und die Heilsintention der christlichen Botschaft auf "die Stelle, wo sich Anthropologie und Theologie berühren" (Bd. 1, 502). Verschiedene anthropologische Ansätze in den Blick fassend (positiver - K. Rahner; positiv-negativer - W. Pannenberg; negativer - R. Bultmann, E. Brunner [Bd. 1, 502 ff.]), geht es dem Vf. um den "ganzen Menschen und sein Heil in Gott" (Bd. 1, 508 ff.); die Gottebenbildlichkeit ist dafür das biblische Ausgangssymbol. Im II. Vatikanum wird die Gottebenbildlichkeit als Würde der menschlichen Person, als menschliche Gemeinschaft auf der Basis der Menschenrechte und als menschliches Schaffen in der Welt durch Arbeit interpretiert (Bd. 1, 592 f.). Alle Perspektiven sind nun aber zu verbinden, wobei auch in einer pluralistischen Situation der durchgehende theologische Aspekt vom Menschen in seiner Geschöpflichkeit, Sündigkeit und Christusförmigkeit zu verkündigen ist (Bd. 1, 604 ff.) und die Kirche sich als "Praxismodell pluralistischer Möglichkeit" erweisen soll (Bd. 1, 618 ff.).

4.5. Als "zentraler Traktat" (Bd. 2, 17) folgt die "Christologie" von Gerhard Ludwig Müller; mit ihr beginnt der 2. Band dieses Gemeinschaftswerkes. Christologie charakterisiert der Autor "als die methodisch reflektierte und systematisch argumentierende Begründung, innere Entfaltung und Vermittlung des Christusereignisses, insofern Jesus als der Christus Gottes in seiner Person, seiner geschichtlichen Sendung und in seinem irdischen Geschick die absolute Erfüllung der Selbsttranszendenz jeder geistigen Kreatur ist, die in Gott zu ihrem Ziel kommt" (Bd. 2, 16). Der Ansatz christologischer Reflexion liegt in der "Urteilssynthese" der Jünger Jesu: der gekreuzigte Jesus ist der auferstandene Christus.

In dieser transzendentalen Christologie geht der Autor zu-nächst der Suche des Menschen nach Heil aufgrund seiner transzendentalen Verwiesenheit auf Ganzheit, Integrität, Identität in den Religionen nach und der Hoffnung auf den endgültigen Heilsmittler, mit dem Gott sich identifiziert. Die Zeugnisse des Alten und Neuen Testaments verkündigen die Offenbarung Gottes als "Dynamik zur fortschreitenden Identifikation von Heil und Heilsmittler" (Bd. 2, 68 f.); in Person und Geschichte Jesu von Nazareth ereignet sich die "eschatologische Selbstmitteilung Gottes als Heil aller Menschen" ("Kategoriale Christologie I"); sie wird biblisch-theologisch in differenzierter Weise entfaltet. Die "Kategoriale Christologie II" beschreibt dogmen- und theologiegeschichtlich die christologische Bekenntnisentwicklung bis zu den verschiedenen christologischen Ansätzen der Gegenwart (R. Bultmann, G. Ebeling, P. Teilhard de Chardin, W. Pannenberg, J. Moltmann, K. Rahner, K. Barth, H. U. von Balthasar). Die "Kategoriale Soteriologie" legt die Erlösungslehre dar: die gott-menschliche Kommunikationsgeschichte als "geschöpfliche Freiheitsgeschichte Jesu, dem Ursakrament und Realsymbol der freien Selbstmitteilung Gottes an die Menschheit" (Bd. 2, 265) zur Vergöttlichung des Menschen, zur stellvertretenden Genugtuung für die Sünder und zur Konstitution menschlicher Befreiung zur Soteriopraxis in und mit der Soteriopraxis der Kirche, wie gerade die Theologie der Befreiung betont (Bd. 2, 274 ff.).

4.6. Die beiden folgenden Traktate "Mariologie" und "Ekklesiologie", die für Wolfgang Beinert das "unterscheidend Katholische" sichtbar machen, sind zugleich "der faktische Startpunkt des ökumenischen Gesprächs" (Bd. 2, VI).

Franz Courth SAC "Mariologie. Maria, die Mutter des Christus" zeigt die Aktualität des Themas der Volksfrömmigkeit, in der feministischen Theologie und in der Befreiungstheologie auf. Vom II. Vatikanum her will der Autor die Mariologie theo- und christozentrisch in ökumenischer Gestimmtheit konzipieren (Bd. 2, 316 ff.). Das Bekenntnis zu Maria der "Gottesmutter" erkennt der Vf. mit Recht als Grundaussage (Bd. 2, 327 ff.); biblisch, dogmengeschichtlich und bis in heutige spirituelle Formen der Frömmigkeit entfaltet er es. Entsprechend be-schreibt er den Glaubenssinn des Bekenntnisses der "jungfräulichen Mutterschaft" Marias heute als "leiblich integriertes Zeugnis zu geben für den das ganze Leben beanspruchenden Glauben an Christus dem Bräutigam"; so ist Maria das "Urbild der Kirche" (Bd. 2, 356). Das "neue Dogma" von der "unbefleckten Empfängnis" von 1854 zeichnet der Vf. in die Herausforderungen durch das ökumenische Gespräch ein; zugleich nimmt er ökumenische Konvergenzen wahr (Bd. 2, 368 ff.), wenn die Mutter Jesu, in die Gemeinschaft der erlösungsbedürftigen Menschheit eingebunden, seit Ewigkeit von Gott erwählt und von Anfang an die begnadete Mutter des Erlösers ist (Bd. 2, 366 f.), das - wie M. Luther sagt - "allervornehmste Beispiel der Gnade Gottes". "So kann aus der Immaculata-Lehre kein ekklesiologischer Triumphalismus abgeleitet werden" (Bd. 2, 372). Auch beim Assumpta-Dogma von 1950 hält der Vf. ökumenische Annäherungen für möglich, wenn Marias Vollendung vom heilsgeschichtlichen Mitsein mit Christus her bestimmt wird (Bd. 2, 381) als Anteilhabe an der Auferstehung Jesu Christi, die der pilgernden und der vollendeten Kirche in Jesus Christus gilt. Nicht zuletzt im Blick auf die Ausformungen der marianischen Frömmigkeit werden die Theologen über diese ökumenischen Annäherungsversuche weiter diskutieren müssen.

4.7. Mit erhöhter Aufmerksamkeit wendet sich der evangelische Leser der "Ekklesiologie" Peter Neuners zu; sie soll Thema und Bedingung aller Theologie sein. Mit dem Doppelaspekt der Kirche des II. Vatikanums als Glaubenswirklichkeit und als erfahrbar gestaltete Wirklichkeit werden Herausforderungen und Anfragen an sie heutzutage herangetragen: Amtsverständnis, Bischofsernennungen, ekklesiale Pluralität, Fundamentalismus, stille Emigration usw.

"Das Problem der Kirchenstiftung" läßt sich allein von der Auferstehung Jesu Christi her erschließen; die Kirche ist Werk des Heiligen Geistes und steht im Zusammenhang der Verkündigung Jesu von Gottes Herrschaft und Reich. "Kirchenstiftende" Akte Jesu lassen sich nur indirekt erheben als "konkrete Anhaltspunkte beim historischen Jesus, die nun bedeutsam werden und zur Kirchenbildung führten oder diese legitimierten" (Bd. 2, 434): Jesus als Messias, Berufung der Jünger, Bestellung der Zwölf, Berufung der Apostel, Berufung des Petrus, das Abendmahl Jesu. Im göttlichen Heilsplan versteht sich die Kirche als Gottes eschatologische Heilszusage in Martyria, Leiturgia und Diakonia. Sie ist "Grund- und Wurzelsakrament" (Bd. 2, 448), Zeichen und Werkzeug des Heils. Nachdem der Autor die "Realisierungsformen der Kirche" bedacht hat: die neutestamentlichen und altkirchlichen Kirchenbilder und Kirchenstrukturen in ihrer Vielfalt, zeichnet er darum die geschichtliche Entwicklung zum Mysterium-Verständnis der Tübinger katholischen Schule des 19. Jh.s nach, um dann das Kirchenverständnis des II. Vatikanums breit zu entfalten: die römisch-katholische Kirche als Sakrament (Georg Tyrell), als Wurzelsakrament (O. Semmelroth), als Grundsakrament (K. Rahner) in Analogie zum Mysterium des fleischgewordenen Wortes Gottes, dessen Lebensprinzip der heilige Geist ist. Sie gestaltet sich weiter als eschatisches Volk Gottes, wobei das Volk Gottes Israel und die Kirche umfaßt; "Israel ist keineswegs aus der Verheißung entlassen" (Bd. 2, 520); schließlich ist die Kirche zur communio der Orts- und Weltkirche, des Episkopats und Primats, der Priester und Laien bestimmt und das nach dem "subsistit" in LG 8 in ökumenischer Weite als Gemeinschaft mit den Armen und zwischen Frauen und Männern. Aber auch den Kompromiß zwischen communio- und societas-Ekklesiologie in "Lumen gentium" stellt P. Neuner fest; beide Ekklesiologien sind "nicht aufeinander reduzierbar und wohl auch nicht miteinander harmonisierbar" (Bd. 2, 531)

Bei den "Ämtern und Ständen der Kirche" geht der Vf. gerade auch auf die aktuellen Fragen ein. Er beginnt mit den "Laien"; Defizite sowohl was den Begriff als auch was den theologischen und kirchenrechtlichen Inhalt betrifft, konstatiert er (Bd. 2, 537 f.). Als "zentrales ökumenisches Problem" (Bd. 2, 547) sieht er das Bischofsamt und die episkopale Sukzession. Er diskutiert die priesterliche differentia specifica (LG 10) und den defectus ordinis im ökumenischen Feld (Bd. 2, 552), die Frage des Zölibats und stellt fest: "Vom Glauben her gibt es also keine unumstößlichen Gründe gegen die Ordination von Frauen" (Bd. 2, 554). Auch das Amt des Diakons und des Pastoralreferenten und der Pastoralassistentin müßten im konkreten noch einer Klärung unterzogen werden. Hoch interessant ist der Abschnitt über das Papsttum, das der Vf. mit 6 Thesen zu einem "ökumenischen Papsttum" abschließt (Bd. 2, 572 ff.). Der Leser spürt gerade in diesem Teil, wie der römisch-katholische Theologe zusammen mit den Kirchenmitgliedern der "ecclesia semper reformanda" um Erneuerung aus dem Geist des II. Vatikanums ringt.

4.8. Bertram Stubenrauch legt die "Pneumatologie. Die Lehre vom Heiligen Geist" im ersten Teil des 3. Bandes von "Glaubenszugänge" dar.

Nach der biblisch-theologischen Beschreibung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Alten und Neuen Testament, die auch religionstheologische Aspekte heranzieht und in der pneumatischen Schöpfungs-, Auferstehungs- und Gebetstheologie des Paulus (Bd. 3, 48 ff.) ihre Ausrichtung erfährt, wird die dogmengeschichtliche Tradition, die auch die reformatorische (Bd. 3, 98 ff.) und ostkirchliche (Bd. 3, 112 ff.) Pneumatologie einbezieht, nachgezeichnet, um dann im II. Vatikanum die pneumatische Neubesinnung festzustellen (Bd. 3, 116 ff.); Theologen wie Y. Congar, L. Bouyer, H. U. von Balthasar, K. Rahner, H. Mühlen knüpfen hier an.

Dem anthropologisch-transzendentalen Ansatz entsprechend hat die Gabe des Heiligen Geistes, der sich als "Subjekt und Person" (Bd. 3, 123) erweist, in der "transzendentalen Sensibilität des Menschen für Gott den kreatorisch-subjektiven Adressaten" (Bd. 3, 128). Die trinitarische, feministische (Bd. 3, 129 ff.), kosmische (Bd. 3, 132 ff.), ästhetische (Bd. 3, 134 ff.) und religionstheologische (Bd. 3, 137 ff.) Dimension der Wirklichkeit des Heiligen Geistes wird angesprochen. Die Kirche ist Sakrament des Heiligen Geistes und erfüllt ihren Weltauftrag in der "Relativität", nicht "Exklusivität" ihrer Geistbegabung (Bd. 3, 140) durch ihre Bezeugungsinstanzen: Lehramt, Glaubenssinn, Schrift und Überlieferung, wissenschaftliche Theologie; diese sind interaktiv miteinander verbunden (Bd. 3, 144). Die Beschreibung von Formen und Bedeutung der Spiritualität im Leben der Glaubenden rundet diese transzendentale Pneumatologie (Bd. 3, 127, 147 f.) ab.

4.9. Es folgt die "Gnadenlehre. Das Heil der Gnade" von Georg Kraus.

Nach dem hinführenden Teil "Gnadenlehre im Horizont heutiger Welt- und Lebenserfahrung" gibt der Autor eine detaillierte, gut strukturierte biblische Grundlegung des Gnadenverständnisses und dann ihre glaubensgeschichtliche Entfaltung. Gegen das neuscholastische System der Einzelgnaden (Bd. 3, 258) erfolgte durch das II. Vatikanum eine Neubesinnung auf den theozentrischen, personalen, geschichtlichen, erfahrungsmäßigen und gesellschaftlichen Charakter der Gnade (Bd. 3, 259 ff.) "Gnade ist die freie und treue Liebe Gottes zu den Menschen, die sich in der Geschichte durch Handlungen und Gaben zum Heil der Menschen zeigt" (Bd. 3, 263); in der Person und im Werk Jesu Christi wird sie ungeschuldet, notwendig und universal geschenkt. Für die systematische Reflexion der allgemeinen Gnadenlehre ergeben sich Grundfragen nach dem Verhältnis von Gesetz und Gnade, Natur und Gnade, Freiheit und Gnade. In der besonderen Gnadenlehre bedenkt der Vf. den Grund des individuellen Heils, seine soziale Vermittlung durch den Gnadenbund Gottes zur Erwählung, wie er sich in der Rechtfertigung und Heiligung konkret macht und das neue Leben in der Liebesgemeinschaft mit dem dreieinen Gott einschließt. Die ökumenische Dimension - unter Bezug auf K. Lehmann/W. Pannenberg (Hg.): Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, Bd. I, Freiburg/Br. 1986 - wird dem Sachthema entsprechend einbezogen (Bd. 3, 251 f, 261 f., 284 ff.) und auf die Konvergenz im Rechtfertigungsglauben hingeführt (Bd. 3, 284 f., 289, 291 f.).

4.10. Die Sakramente als Grundvollzüge der sakramental verfaßten Kirche beschreibt Günter Koch im Teil "Das Heil aus den Sakramenten" in einer allgemeinen Sakramentenlehre und dann in der Darstellung der sieben Einzelsakramente.

Es empfiehlt sich, "von der Erlebniswelt der Gläubigen und zugleich von einem ersten Allgemeinbegriff der Sakramente auszugehen", schreibt der Autor zu Beginn (Bd. 3, 309); so setzt er nach einer interessanten Situierung der Sakramentenlehre innerhalb der theologischen Disziplinen (Bd. 3, 319) bei den Zugangsschwierigkeiten ein (Bd. 3, 322 ff.). Die Entfaltung der biblischen Grundlagen aus dem Mysterionbegriff und die Entwicklung der Sakramentenlehre bis ins 19. Jh. zielt auf die Neubesinnung durch O. Casels Mysterientheologie und ihre Neuinterpretation in und nach dem II. Vatikanum aus dem Pascha-Mysterium. 5 Typen des Sakramentsverständnisses lassen sich herausschälen: das Sakrament 1. als Gottesbegegnung durch Christus in der Kirche (O. Semmelroth, E. Schillebeeckx, K. Rahner); 2. als symbolische Realisierung (E. Cassirer, A. N. Whitehead, S. K. Langer, K. Rahner); 3. als Heil in den Grundsituationen menschlichen Lebens (W. Kasper, J. Ratzinger); 4. als Kommunikationsgeschehen (A. Ganoczy, P. Hünermann, Fr. Schupp); 5. als Heilsgeschehen in Fest und Feier (J. Ratzinger, Fr. Taborda). In erhellender Weise werden die heutigen Problemfelder der Sakramentenlehre angesprochen: die Frage der Einsetzung durch Jesus Christus und die Vollmacht der Kirche, die Frage nach dem Wirken der Sakramente als symbolische Interaktion zwischen Spender und Empfänger, die Wirkung der Sakramente als Antwort auf das menschliche Heilsverlangen, das Verhältnis von Wort und Sakrament, die ökumenischen Fragestellungen (Bd. 3, 358-380).

Es folgt die Darstellung der Einzelsakramente Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße und Ablaß, Krankensalbung, Weihesakrament und Ehe nach dem "Aggiornamento" des II. Vatikanums mit den heutigen aktuellen Problemfeldern. Die ökumenische Dimension etwa der eucharistischen Gastbereitschaft und der Interkommunion nach dem Lima-Dokument (Bd. 3, 443 ff.), die Belebung des Bußsakraments (Bd. 3, 459 ff., 467), die offene Frage des Zölibats, die Frauenordination und die Weihestufen (Bd. 3, 497 ff.) sowie die zukünftigen Aufgaben für das Verständnis des Ehesakraments aufgrund der differenziert geschilderten Anfragen durch die veränderten gesellschaftlichen und ökumenischen Verhältnisse (Bd. 3, 514 ff.) werden vom Leser als Anstöße für weiteres theologisches Nachdenken und für weiterführendes pastorales Entscheiden wahrgenommen.

4.11. Den Abschluß dieser heilsgeschichtlichen Dogmatik bildet die "Eschatologie" Josef Finkenzellers. Nachdem der Autor die christliche Eschatologie in den Rahmen der innerweltlichen Zukunftsentwürfe und der großen Weltreligionen eingezeichnet hat (Futurologie, New Age, Marxismus, Reinkarnation, Islam), entfaltet er die alttestamentliche und neutestamentliche Grundlegung und skizziert die eschatologischen Konzeptionen des 19. und 20. Jh.s in der evangelischen (konsequente Eschatologie, K. Barth, R. Bultmann, O. Cullmann, J. Moltmann) und römisch-katholische Theologie (P. Teilhard de Chardin, H. U. von Balthasar, D. Wiederkehr, K. Rahner und L. Boros).

In Konzentration auf die individuelle Eschatologie beschreibt der Abschnitt "Der Tod des Menschen und das Fortleben nach dem Tod" die Ganztodtheorie (P. Althaus, K. Barth, O. Cullmann, H. Ott, H. Thielicke), die Hypothese von der Endentscheidung (P. Glorieux, H. E. Hengstenberg, J. Pieper, P. Schoonenberg, L. Boros) und die Theorie von der Auferstehung im Tod (G. Lohfink, G. Greshake) (Bd. 3, 563 ff.). Es folgen die Abschnitte "Das individuelle Gericht", "Der Zwischenzustand" mit der Diskussion des Leib-Seele-Themas, "Das Purgatorium" mit der Ausweitung auf die ökumenischen Aspekte, "Die Parusie des Herrn" in universal-eschatologischer Perspektive (Bd. 3, 614 ff.), "Die Auferstehung der Toten" als "leibliche Auferstehung", "Das allgemeine Weltgericht", die "Hölle als Existenzweise der ewigen Gottesferne", wie sie in der evangelischen und römisch-katholischen Theologie der Gegenwart interpretiert wird: die Hölle als reale Möglichkeit; der doppelte Ausgang und die Allversöhnung; die Vernichtungsthese, schließlich der "Himmel als Existenzweise des ewigen Heils".

"Glaubenszugänge. Lehrbuch der katholischen Dogmatik" stellt ein imposantes Gemeinschaftswerk dar, das Pluralität und römisch-katholische Identität in ökumenischer Offenheit verbindet in einem heilsgeschichtlich ausgerichteten Entwurf vom anthropologisch-transzendentalen Ansatz her. Bewußt dialogisch konzipiert, bringt sich dieses Lehrbuch in die gegenwärtigen Kommunikationsprozesse ein, unbequemen Fragen nicht ausweichend. Erkenntnisgewinne vermittelt es sowohl in den differenzierten biblisch-theologischen und theologiegeschichtlichen Abschnitten wie auch in den Diskussionen der Gegenwartstheologie. Kirchliche und pastorale Verantwortung verbinden sich in gelungener Weise mit der wissenschaftlichen. Die Schemata, informatorischen Skizzen und Graphiken, die vergleichenden Darstellungen und Synopsen sowie die Zusammenstellungen lehramtlicher Äußerungen erweisen sich als didaktische Anregungen, die auch von evangelischen Lehrern und Studenten aufgenommen werden sollten.

5. Aus dem nordamerikanischen Kontext schreibt mit europäisch-niederländischem Hintergrund Frans Jozef von Beeck, S. J. "God Encountered: A Contemporary Catholic Systematic Theology". Es liegt der Erste Teil vor "Understanding the Christian Faith" und vom zweiten Teil "The Revelation of the Glory" der erste Unterteil "Fundamental Theology". In der Bewegung des "divine exitus" (Bd. I, 88; II1, 316) der "Offenbarung der göttlichen Herrlichkeit" sollen folgen: Part II: Gott und die Schöpfung, Part III: Schöpfung und Fall, Part IV: Gott und Erlösung. Als rückbewegende Antwort (reditus) auf Gottes Selbstmitteilung soll dann im dritten Hauptteil die Hinwendung zum dreieinen Gott entfaltet werden im Gebet, in den Sakramenten, in der Gemeinschaft der Kirche, in Mission und Ethik hin zur völligen Teilhabe der Menschen und der ganzen Welt an der göttlichen Natur und Herrlichkeit (Bd. I, 88). Die Grundgliederung dieser systematischen Theologie und ihre Darstellungsbewegung spiegelt das gottesdienstliche Geschehen wider; sie signalisiert zudem die spirituell-doxologische und mystagogische Intention dieses Entwurfs (Bd. I, 36).

Im 1. Teil nennt der Autor nach einer phänomenologischen Beschreibung systematischen Verstehens und seiner Applikation auf die systematische Theologie im Kontext der römisch-katholischen Kirche nach dem II. Vatikanum , die durch Integrität und Offenheit gekennzeichnet ist, 7 Dimensionen seines Werkes (Bd. I, 82 ff.): 1. Im Gleichklang mit der Losung von "God Encountered", der Vesper-Antiphon am 1. Januar (Bd. I, VI, 85), hat die primäre Gottesrede des Gebets konstitutive Bedeutung für theologisch reflektierte Lehre. 2. Der Christologie gehört der zentrale Ort in diesem Entwurf. 3. Die Beschreibung des christlichen Glaubens bewegt sich in der Zuordnung von "Natur und Gnade", mit B. Lonergan und K. Rahner transzendentaltheologisch interpretiert. 4. Die Darstellung erfolgt in der Grundbewegung des erwähnten "divine exitus" und antwortenden "reditus". 5. Die heilsgeschichtliche Perspektive der "großen christlichen Tradition" hat grundlegende hermeneutische Bedeutung für den kommunikativen Austausch von Religion und Kultur, Kirche und Welt; dabei erweist sich in pluralistischer Zeit die "Hierarchie der Wahrheiten", "die symphonische Wahrheit" (Bd. I, 76) als hermeneutischer Schlüssel für die "Horizontverschmelzung" (Bd. I, 33; II1, VII, 13 ff.). 6. Als römisch-katholische Theologie ist der Entwurf der Ökumene verpflichtet. 7. Christliche Theologie ist integriert in und bezogen auf Glaubenserfahrungen im Gebet (worship), christlichen Leben (conduct) und Bekenntnis (creed); sie hat ihren Fluchtpunkt in der Doxologie.

Der 2. Teil bedenkt - typisch für die nordamerikanische Situation, inzwischen aber auch für die europäische - das Verhältnis von natürlicher und positiver Religion; das geschieht im Anschluß an Fr. Schleiermacher und dem II. Vatikanum im Gespräch mit B. G. Lindbeck, D. Tracy, K. Rahner, G. Wainwright u. a.

Teil 3 "Verständnis des christlichen Glaubens" konzentriert sich auf die Selbstmitteilung des dreieinen Gottes im Erlösungs- und Vergöttlichungsprozeß durch Jesus Christus im Heiligen Geist, wie sie in der "großen christlichen Tradition" erzählt wird (Kap. 8), im Gottesdienst gefeiert (Kap. 9), im Leben und Bekenntnis der Kirche bezeugt (Kap. 10) und in der mystischen Schau erfahren wird (Kap. 11).

Band II1 erzählt in Form einer Entdeckungsgeschichte (journey of exploration, S. XVIII) die Heils- und Erlösungsgeschichte nach der Storytheorie (Bd. II1, 17): den Übergang der Schöpfung zur vollendeten Teilhabe am Leben des dreieinen Gottes; das transzendentaltheologisch verstandene Natur-Gnade-Schema wird dazu herangezogen (Bd. II1, 139 f., 146, 179 ff., 233). Von den Mystikern wird die christliche Geschichte am tiefsten verstanden und erfahren (Bd. II1, 241), so zielt die Beschreibung auch auf eine Mystagogie (Bd. II1, 18). Die universale Perspektive dieses Entwurfs eröffnet zum einen den interreligiösen Dialog (Bd. II1, 49 ff.); dabei grenzt sich der Vf. von der pluralistischen Religionstheorie P. Knitters ab (Bd. (II1, 59 ff.). Zum anderen ermöglicht diese weite Perspektive eine "Brücke" (Bd. II1, III, 260) für die Zuordnung von positiver und natürlicher Religion, für den Dialog zwischen christlichem Glauben und pluralistischer Kultur, zwischen Kirche und Welt. Die kritische Funktion des christlichen Glaubens wird vom Autor mitbedacht (Bd. II1, 282 f.).

Abschließend geht "God Encountered" auf die Frage göttlicher Intervention ein (Bd. II1, 283 ff.): in Analogie zum zwischenmenschlichen Kommunikationsgeschehen (Bd. II1, 295) interpretiert der Vf. sie als befreiend, erleuchtend und ermächtigend erfahrene Gnade Gottes "durch die gegebene anthropologische Infrastruktur" hindurch (Bd. II1, 303), d. h. im Gebet, im christlichen Leben und im Bekenntnis.

Das Werk von Fr. J. van Beeck, S. J. verbindet in anregender Weise das theologische Gespräch katholischer Systematiker in den USA und in Europa, wie die Themenfelder "Religion und Kultur", "Pluralismus", "interreligiöser Dialog", "Mystagogie" zeigen. Die nicht ganz leichte Lektüre wird durch gedankliche Wiederholungen und Doppelungen erschwert; auf die Einarbeitung der in Bd. I, S. III und in Bd. II1, S. III genannten, schon früher erschienen Beiträge mag das zurückzuführen sein. Im ganzen darf man gespannt sein auf die folgenden Bände.

6. Walter Simonis hat mit "Glaube und Dogma der Kirche. Lobpreis seiner Herrlichkeit (Eph 1,14)" im Unterschied zu den vorher bedachten Dogmatiken nicht von einem anthropologischen Ansatz her und damit im Gegenzug zur "anthropologischen Wende" eine theologisch, d. h. doxologisch strukturierte Sakramentaltheologie vom universalen Heil des dreieinen Gottes als "Leitfaden der katholischen Dogmatik nach dem Zweiten Vatikanum" vorgelegt. Der universale Heilswille Gottes impliziert die positive, nicht exklusive Rede von den Heilsmöglichkeiten des Menschen; in der Sprachform der Doxologie - so das Grundprinzip der Hermeneutik dogmatischer Aussagen (330) - findet sie ihren Ausdruck. Auf die Doxoloige ist der Sinn des Dogmas und des Kircheseins ausgerichtet. Das gilt für das Inspirationsdogma wie für das Infallibilitätsdogma (57 ff.). Zunächst zeichnet der Autor in die "trinitarische Grundlegung" der göttlichen Heilsökonomie die in Jesus Christus, dem Ursakrament, gründende Kirche als Wurzelsakrament und die Teilhabe an seinem Leben ein (pneumatologische Ekklesiologie) mit den Einzelsakramenten als ekklesiale Lebensvollzüge (Sakramentenlehre).

"In der Dia-logik des Seienden vollzieht sich die similitudo, das Bild und Gleichnis, das Zeichen und Sakrament, des kata-logischen Wesens Gottes, seines Jas zur Welt" (77). Kata-logik und Dia-logik bilden die Grundstruktur des Sakramentalen. Der Vf. greift von Thomas v. Aquin, Sth Suppl. 30.3 ad 3 die Kategorien der traditionellen scholastischen Sakramententheologie auf, sie jedoch gegen das "traditionelle" Verständnis interpretierend: a. "Gott, die eigentliche, verborgene, unsichtbare, weil un-endliche "res sacramenti" in allem Sakramentalen, offenbart sich selbst als liebendes Ja". b. Gottes Selbstmitteilung verherrlicht sich in der Welt und legt sich aus "in ihrem horizontal-dialogischen Selbstvollzug" als zeichenhaft-sakramentaler Verweis auf Gott, eben als "res et sacramentum" durch den Heiligen Geist. c. Durch "feierliches Ausdrücklichmachen" im menschlichen Wort, in der Feier, in der Liturgie als "sacramentum tantum" - similitudo in maiore dissimilitudine - verherrlicht sich der dreieine Gott; in den Doxologien finden diese sakramentalen Vollzüge durch den Heiligen Geist ihre "geschichtliche Höchstform" (91 f.).

Dieses "Raster sakramentaler Theologie" (188) legt der Vf. nun bei der Entfaltung der Christologie, der Ekklesiologie und der sieben Einzelsakramente an. Jesus Christus ist das Ursakrament; sein Geist erweist sich als "Geist der Einheit", "der alles Sein der Welt zur Einheit in Gottes unendlichem Ek-sistieren zusammenschließt" (94) mittels der Kirche und der Sakramente. Im Modell der konzentrischen Kreise der Enzyklika "Ecclesiam suam" und der dogmatischen Konstitution "Lumen gentium", 13-16 gesprochen: "Der größte äußere Kreis steht für das Ganze des Seins der Welt. In diesem bezeichnet ein weiterer Kreis einen Ausschnitt, der für die sakramentale Wirklichkeit der Kirche steht. Sieben weitere kleinere Kreise innerhalb dieses zweiten Kreises sollen auf die Einzelsakramente als Ausschnitte des Sakramentes Kirche hinweisen. Sie umstehen zugleich den innersten der konzentrischen Kreise, die Mitte des Ganzen, das Ursakrament Jesus Christus" (99).

Im Ursakrament Jesus Christus erweist sich nach dem Aspekt der "res sacramenti" die Gottesherrschaft als freie Gnade (101). Unter dem Gesichtspunkt des "res et sacramentum" beschreibt der Vf. das Sein und Wirken Jesu als Zeichen und Bild der liebenden Nähe Gottes in einer "Theologie der Mysterien des Lebens Jesu" (vgl. auch "Mysterium salutis" Bd. 3/2. Kap. 8); als Vorbilder für die sieben kirchlichen Sakramente werden sie charakterisiert. Das deutende Wort Jesu, das "sacramentum tantum", macht das Sein, Wirken und Sterben Jesu als Zeichen der göttlichen Herrlichkeit eindeutig (112). Folglich dienen auch die Kirche und ihre Lebensvollzüge in den Einzelsakramenten der Verherrlichung des dreieinen Gottes.

Für die Kirche als Wurzelsakrament erweist sich unter dem Aspekt der "res sacramenti" der heilige Geist als das konstituierende Lebensprinzip. In ihrer geschichtlichen Realität als "ecclesia simul iusta et peccata" ist sie Zeichen des Heiligen Geistes, "res et sacramentum". Unter dem Gesichtspunkt des "sacramentum tantum" bringt das Sein und Werden der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche die doxologische Intention des Wurzelsakraments zur Geltung, wie sie im Credo und in der Liturgie bekannt wird. Die Kirche und ihre sakramentalen Lebensvollzüge in den Einzelsakramenten erfahren in der "Manifestatio gloriae Dei" (191) ihren Sinn. Nach dem "Raster sakramentaler Theologie" werden folglich auch die sieben Einzelsakramente trinitarisch beschrieben, worauf nicht näher eingegangen werden soll. Die darstellende Grundstruktur und die gedankliche Richtung ist deutlich. Erwähnt seien nur die kritischen Ausführungen des Vf.s zur Ablehnung der Frauenordination (247) und zur Verweigerung der Eucharistiegemeinschaft (370).

Die beiden abschließenden Kapitel gehen auf das "Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariens" (377 ff.) und das "Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel" (408 ff.) ein. Im Dogma von 1854 wird Gottes umfassendes Erlösersein (398 ff.) in der Auferstehung Jesu Christi als Grund der eschatologischen Vollendung des Kosmos, der Geschichte und des einzelnen Menschen doxologisch angebetet (406). Im Dogma von der Ganzvollendung Mariens von 1950 wird die eschatologische Ganzvollendung des Menschen "Gegenstand kirchlichen Bekennens und Lobpreisens" (458).

Es handelt sich um einen in der Darbietung und Sprache höchst anspruchsvollen "Leitfaden der katholischen Dogmatik nach dem Zweiten Vatikanum", dem die breiteren Ausführungen in 651 Anmerkungen eine besondere Tiefenschärfe geben. Die Bemühungen um Dialog und Vermittlung treten gegenüber dem wissenschaftlichen Argument in den Hintergrund (vgl. auch die z. T. überlangen Satzkonstruktionen etwa S. 86, 126 u. a.). Diese Dogmatik ist als universale doxologische Sakramentaltheologie konzipiert, wobei die fundamentale Zuordnung von Wort Gottes und Sakrament, Schrift und Tradition an den Rand tritt und die biblisch-theologische Reflexion nicht zur Geltung kommt. Wohl auch von römisch-katholischen Theologen wird sich der Autor hier befragen lassen. Für die heutige Gesprächslage hätte auch mitbedacht werden können, wie sich die Universalität des sakramental vermittelten Heils des dreieinen Gottes für die "Theologie der Religionen" auswirkt. Ein interessanter, gewiß auch eigenwilliger Entwurf.

7. Bewertet man diese verschiedenen Werke römisch-katholischer Gegenwartsdogmatik mit ihrer Pluralität der Gattungen, Methoden, Intentionen und Adressaten, so bestätigt sich die grundlegende Feststellung: Diese wissenschaftlichen Opera spiegeln die Erneuerung und Neubesinnung der römisch-katholischen Theologie durch das II. Vatikanum wider und sie bringen sich in die Wirkungsgeschichte dieses geistlichen Ereignisses des "Aggiornamento" ein. Für die Mehrzahl dieser Entwürfe machen das folgende fundamentale Prinzipien und theologische Grundregeln wissenschaftlicher Theologie deutlich:

- die trinitarisch-heilsgeschichtliche Entfaltung;

- die biblisch-theologische Grundlegung dogmatischer Re-flexion;

- die einende Verbindung von Schrift und Tradition;

- das kommunikationstheoretische Modell der Öffnung für den Dialog mit anderen Wissenschaften, Weltanschauungen und Religionen;

- die Betonung der communio-Ekklesiologie;

- das Akzeptieren der Pluralität und Kontextualität der römisch-katholischen Theologie und Kirche;

- die konstitutive Bedeutung des Modells der "Hierarchie der Wahrheiten", des transzendentaltheologisch interpretierten "Natur-Gnade-Schemas" und der Denkform der Analogie für das theologische Erkennen, Aussagen und Bekennen;

- die pastorale und kirchliche Verantwortung theologischer Wissenschaft;

- die Öffnung des "Römisch-Katholischen" für den ökumenischen Dialog.

Häufig ist der anthropologisch-transzendentaltheologische Ansatz nach der "anthropologischen Wende" prägend für diese Entwürfe. Er verbindet sich mit dem Bemühen, Zugänge zu eröffnen, Hinführungen für den heutigen Menschen vorzunehmen, Verstehensschwierigkeiten zu beschreiben, Vermittlungen anzuzeigen. Spirituelle, ethische, aber auch kirchenrechtliche und kirchenpolitische Aspekte fließen dabei in die dogmatischen Darlegungen ein.

Verschiedentlich wird mit der liturgischen und spirituellen die doxologische Dimension dogmatischer Aussagen - wie sie im ökumenischen Feld von E. Schlink, D. Ritschl und G. Wainwright aufgezeigt worden ist - konzentriert herausgestellt und für das Frömmigkeitsleben und für die Mystagogie fruchtbar gemacht.

Der evangelische Leser nimmt bei den sachlichen Anfragen etwa zur Mariologie und Ekklesiologie, zum Buß- und Amtsverständnis, zur Transzendentaltheologie von einer reformatorisch profilierten Theologie in ökumenischer Offenheit her mit Freude die durchgängige ökumenische Gesprächsbereitschaft und Dialogfähigkeit wahr sowie die auch selbstkritischen Ausführungen dieser römisch-katholischen Dogmatiker. Die nicht selten didaktischen Vermittlungen durch Schemata, Graphiken, Synopsen usw. und die pastoralen Konkretionen eröffnen auch dem evangelischen Leser Erkenntnisgewinne und praktisch-theologische Anregungen.

Als persönliche Bemerkung sei abschließend erwähnt, daß das Studium dieser imposanten Werke mit nahezu 4500 Seiten bei mir zu anregenden theologischen Erkenntnissen und zu einem vertieften Verständnis der römisch-katholischen Gegenwartsdogmatik führte. Mögen recht viele römisch-katholische und evangelische sowie ansonsten interessierte Leser, Studenten und Dozenten, Pfarrer und "Laien", Kirchliche und Kirchenferne durch eigenes Studium dieser Entwürfe am theologischen Diskurs über den christlichen Glauben heute teilnehmen, im Glauben vergewissert werden oder neu zum Glauben an Gottes offenbarende Liebe in Jesus Christus durch den Heiligen Geist finden.

Fussnoten:

* Kraus, Georg: Gott als Wirklichkeit. Lehrbuch zur Gotteslehre. Frankfurt/M.: Knecht 1994. 404 S. 8o = Grundrisse zur Dogmatik, 1. Kart. DM 38,-. ISBN 3-7820-0701-8.

Müller, Gerhard Ludwig: Katholische Dogmatik. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1995. 879 S. 8o. Kart. DM 98,-. ISBN 3-451-23334-7.

Beinert, Wolfgang [Hrsg.]: Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Bd. 1, XXIV, 640 S. DM 118,-Bd. 2, XV, 590 S. gr.8o. Lw. DM 118,-. Bd. 3, XXII, 699 S. Kart. DM 78,-. Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 1995. ISBN 3-506-70806-6.

Beeck, Frans Jozef van, S. J.: God Encountered. A Contemporary Catholic Systematic Theology. Vol. 1: Understanding the Christian Faith. San Fransisco: Harper & Row 1989. XIII, 338 S. gr. 8o. ISBN 0-06-068828-9.

Beeck, Frans Jozef van, S. J.: God Encountered. A Contemporary Catholic Systematic Theology. Vol. 2/1: The Revelation of the Glory. Introduction and Part I: Fundamental Theology. Collegeville: The Liturgical Press 1993. XXII, 360 S. 8o. A Michael Glazier Book. ISBN 0-8146-5498-3.

Simonis, Walter: Glaube und Dogma der Kirche: "Lobpreis seiner Herrlichkeit" (Eph 1,14). Leitfaden der katholischen Dogmatik nach dem Zweiten Vatikanum. St. Ottilien: EOS Verlag 1995. XII, 559 S. gr.8o. Pp. DM 58,-. ISBN 3-88096-570-6.