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Ausgabe:

September/1996

Spalte:

819

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dicou, Bert

Titel/Untertitel:

Edom, Israel's Brother and Antagonist. The Role of Edom in Biblical Prophecy and Story.

Verlag:

Sheffield: JSOT Press 1994. 227 S. 8o = Journal for the Study of the Old Testament, Suppl.Series 169. Lw. £ 30.-. ISBN 1-85075-458-6.

Rezensent:

Ulrich Hübner

Das hier anzuzeigende Buch geht auf eine Dissertation an der Universität Amsterdam (1990) zurück, die auf Holländisch unter dem Titel "Jakob en Esau, Israël en Edom. Israël tegenover de volken in de verhalen over Jakob en Esau in Genesis en in de grote profetieën over Edom" noch im gleichen Jahr publiziert wurde. Dort waren im Rahmen der Amsterdamer Schule(1) die beiden Textgruppen Gen 25,19-37,1 sowie Jes 34, Jer 49,7-22, Ez 35-36 und Ob synchron untersucht worden.

Das vorliegende Buch, laut dem Vorwort 1991 abgeschlossen, ist eine überarbeitete und erweiterte Fassung der gedruckten Dissertation, in dem diese Texte (sowie vor allem Joel und Amos) nunmehr diachron nach Herkunft und Entwicklung der außergewöhnlichen Rolle Edoms im Alten Testament befragt werden.

In Teil I werden die prophetischen Texte (20-114), in Teil II die Genesis-Texte (115-156) und in Teil III (157-204) die Rolle Edoms als Völker-Typos im Alten Testament untersucht (Bi-bliographie und Register S. 205-227 schließen den Band ab)(2). Die behandelten Texte werden nahezu ausnahmslos ins 6. Jh. v. Chr. datiert. Die Gemeinsamkeiten beider Textgruppen seien trotz ihrer gattungs- und kontextbedingten Unterschiede groß; nicht nur die Priesterschrift und die Endredaktion des Pentateuch, sondern auch die älteren Pentateuchquellen setzten die Feindschaft gegen Edom voraus. Vorexilische Belege für Edoms Bruderschaft existieren nicht.

Beide Textgruppen böten zwei unterschiedliche Sichtweisen: Die Genesis-Texte sähen Edom eher positiv, die Orakel eher negativ. Nach 587 v. Chr. hätte sich ein unspezifisches Edom-Bild zum kultischen bzw. ,typischen' entwickelt, Edom sei zum Repräsentant der Israel feindlich gegenüberstehenden Völker geworden.

Angesichts dieser Hauptthesen mag sich vielleicht mancher Leser fragen, was an ihnen neu ist, ob sich alle diese Entwicklungen tatsächlich im 6. Jh. v. Chr. abgespielt haben, ob die Datierungen der Texte so haltbar und überprüfbar sind, welches theologische Selbstverständnis Israels zu diesen Einstellungen geführt hat und ob insgesamt die Eigenständigkeit des edomitischen Volkes allgemein und speziell innerhalb der alttestamentlichen Ethnographie angemessen dargestellt wird. M. E. wird das Jahr 587 überbewertet und die Westexpansion der Edomiter schon im 7. Jh. v. Chr. ebenso unterschätzt wie das zeitweise Zusammenleben von Judäern und Edomitern z. B. auf dem Tell el-Mil.h im Negev(3).

Fussnoten:

1 Vgl. zuletzt M. Kessler [Ed.], Voices from Amsterdam. A Modern Tradition of Reading Biblical Narrative (SBL, Semeia Studies), Atlanta/GA 1994.

2 Mathews, C. R., Defending Zion. Edom's Desolation and Jacob's Restoration (Isaiah 34-35) in Context (BZAW 236), Berlin-New York 1995; Edelman, D. V., You shall not abhor an Edomite for he is your brother: Edom and Seir in History and Tradition (Archeology and Biblical Study 3), Atlanta/GA 1995.

3 Beit-Arieh, I., Horvat Qitmit. An Edomite Shrine in the Biblical Negev, Tel Aviv 1995; Cohen, R./Yisrael, Y., On the Road to Edom. Discoveries from En H.az.eva (Israel Museum Catalogue 370), Jerusalem 1995.