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Ausgabe:

Juni/1996

Spalte:

531

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Perlitt, Lothar]

Titel/Untertitel:

Allein mit dem Wort. Theologische Studien. Zum 65. Geburtstag hrsg. von H. Spieckermann.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1995. 370 S. gr 8o. Lw. DM 98,-. ISBN 3-525-53634-8.

Rezensent:

Rudolf Smend

Ein Jahr nachdem P. seine "Deuteronomium-Studien" gesammelt herausgebracht hat (vgl. E. Nielsen, ThLZ 120, 1995, 419-421), ist nunmehr aus Anlaß seines 65. Geburtstags, von seinem Schüler H. Spieckermann sorgfältig betreut, ein Band "Theologische Studien" erschienen. Die älteste dieser 16 neuen "Studien" stammt aus dem Jahr 1962, die jüngste aus dem Jahr 1994; mit einer Ausnahme (von 1977) lagen sie durchweg bereits gedruckt vor. Sie gliedern sich in drei Gruppen: Altes Testament (10), Wissenschaftsgeschichte (3), Gottfried Benn (3).

Die Studien der ersten Gruppe wenden sich meist nicht an die Fachgenossen, sondern an ein weiteres, gelegentlich auch engeres theologisches, kirchliches (bzw. kirchlich-ökumenisches) oder akademisches Publikum. P. spricht betont als Fachmann, hat aber seine Adressaten genau im Blick. Es handelt sich um große Themen: Gottes Verborgenheit, Gott als Schicksal, der Mensch, der Vater, der Tod, Israel und die Völker, Geburt und Gehorsam, Opfer und Priester. Der "Laie" wird das dazu Ausgeführte mit viel Gewinn lesen. Keineswegs Laienbelehrung sind der Rundumschlag vom Göttinger Theologenkongreß 1979 ("Auslegung der Schrift - Auslegung der Welt"), bei dessen Lektüre man sich verblüfft fragt, ob die damals verhandelten Probleme nicht mutatis mutandis nach wie vor auf dem Tisch sind oder sein sollten, und der jüngste Aufsatz, 1994 erschienen und nicht mehr in den "Deuteronomium-Studien" untergekommen. Er handelt vom Staatsgedanken im Deuteronomium und hört an der Stelle auf, wo es nun wirklich spannend wird, nämlich bei der Einsicht, daß das deuteronomische Gesetz offenbar keinen Staat reformieren will, und bei der daraus folgenden Frage, ob es dann wirklich mit König Josia zusammenhängen kann. Man sieht P. hiernach mit verdoppeltem Interesse zu seinem Leisten, der Kommentierung des Deuteronomiums, zurückkehren.

Der wissenschaftsgeschichtliche Teil betrifft zwei Göttinger Amtsvorgänger. Er enthält zwei kurze und kundige, ihrem Gegenstand angemessene Würdigungen Wellhausens und, unter der Überschrift "Der Gelehrte in der Politik", einen sehr langen Aufsatz über Wellhausens Lehrer Ewald, der den Satz belegen soll, der Gelehrte in der Politik sei "wenn es gut geht, ein Jammer, wenn es schlecht geht, eine Tragödie". Was dann herausspringt, ist eher, daß Ewald in jeder Hinsicht ein Sonderfall war; unter der Überschrift "Allein mit dem Wort" hätte er sich vielleicht so würdigen lassen, daß Wellhausens "Nähe und unausrottbare Sympathie" verständlich geworden wäre.

"Allein mit dem Wort": Der geniale Buchtitel ist nicht unmittelbar aus einem biblischen oder theologischen Text genommen, sondern durch eine Gedichtzeile Gottfried Benns angeregt: "Allein: du mit den Worten...". P.s Interpretation dieser Zeile "seines" Dichters im Zusammenhang von dessen Werk und im Rückgriff auf den "allein sitzenden" Propheten Jeremia (15,17) bildet den großartigen Abschluß des Bandes.

Als einen überaus sorgfältigen, auch das scheinbar Kleine zu Ehren bringenden Interpreten von Worten und Exegeten des Wortes haben seine Hörer den akademischen Lehrer P. erlebt, und die Leser dieses Bandes können es ihnen, vor allem in dessen erstem Teil, nun gleichtun. Noch besser wäre es, wenn der Band auch Predigten enthielte. Denn in ihnen erscheint gerade bei P. der Exeget in seiner wichtigsten Funktion, und weil sie sprachlich mit der gleichen Mischung aus Sorgfalt und Kraft gestaltet sind wie alle Studien dieses Bandes, sind viele von ihnen ohne weiteres druckreif. Aber da läßt sich ja vielleicht noch etwas nachholen.

Unter den Druckfehlern wird P. sich über den freuen, der auf S. 274 das Adjektiv "weinig" ins Leben gerufen hat.