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Ausgabe:

September/2000

Spalte:

970–972

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Fleisch, Paul

Titel/Untertitel:

Lutheran Beginnings Around Mt. Kilimanjaro. The First 40 Years. ed. by E. Jaeschke.

Verlag:

Erlangen: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene 1998. 208 S. 8 = Makumira Publication, 10. Kart. DM 30,-. ISBN 3-87214-291-7.

Rezensent:

Klaus-Peter Kiesel

Lohnt es sich, ein Werk über die Geschichte der Leipziger Mission aus dem Jahre 1936 in die englische Sprache zu übersetzen, so wird sich mancher Leser fragen. Diese Frage kann nur bejaht werden, wenn man zum einen an den Lerserkreis, vor allem in der Ev.-Lutherischen Kirche Tanzanias, denkt, zum anderen aber auch den großen Informationswert dieses wissenschaftlich ausgezeichneten Werkes des ehemaligen Vizepräsidenten im Landeskirchenrat D. Paul Fleisch (1878-1962) für die ostafrikanischen Christen in Rechnung stellt.

F., der kein misssionswissenschaftlicher Fachmann war, hatte es auf Bitten des damaligen Leipziger Missionsdirektors Dr. D. Carl Ihmels im Laufe von rund zwei Jahren auf sich genommen, das 480 Seiten starke Werk "Hundert Jahre Lutherischer Mission" auf Grund von sorgfältigen Quellenstudien im Archiv des Leipziger Missionshauses zu verfassen. Neben der Beschreibung der Geschichte der Ev.-Lutherischen Mission zu Leipzig (LM) berichtet er darin, wie die lutherischen Kirchen in Südindien (heute Tamil-Nadu) und Ostafrika entstanden und sich bis zum Jubiläumsjahr 1936 entwickelten. So begründen auch Jaeschke und Schlegel in ihrem Vorwort die Übersetzung von F.s Buch: "We felt that this extraordinary book on the history of the Lutheran Mission, which he wrote, should become known to the African theologians, because it is a meticulously compiled in-depth resource as the first chapter of a future history textbook of the Lutheran Church in Northern Tanzania ... In order to assist, Fleisch's book will be an invaluable treasure in their pursuit to find their own identity as a church." (6)

Die Ostafrika (Britisch-Ostafrika, Deutsch-Ostafrika, ab 1920 das britische Tanganyika Territory als Völkerbunds-Mandat) betreffenden Teile des Buches (239-307; 343-364 und 408-454) hat Martin Jaeschke in ein gut lesbares Englisch übersetzt und mit einem neuen Titel versehen.

"This book now carries the title 'Lutheran Beginnings Around Kilimanjaro' for good reasons because the original history of the Leipzig Lutheran Mission had become the early history of all Lutheran Missionary organizations working in Northern Tanzania." (7)

In 15 Kapiteln wird die Geschichte der lutherischen Mission bis in die 30er Jahre hinein dargestellt, die zunächst auf den Spuren des schwäbischen, im Dienste der Englischen Kirchenmission stehenden Missionars Johannes Krapf im Land der Wakamba (jetzt Kenya) begann. "How do we assess the development of the past 40 years of missionary efforts?", fragt F. (163). "The statistics at the end of 1934 gave a clear picture: 17 mission stations, 134 outstations, 87 places of worship, 191 sanctuaries and classrooms, 26.664 Christians and 2524 catechumens, 165 schools and 11.576 students; among these were 5.011 students of Christian families." Am 8. Mai 1930 war vom Kollegium der LM der Entwurf der Kirchenordnung für die Ev.-luth. Kirche in Ostafrika verabschiedet worden. In den Jahren 1933/34 wurden die ersten einheimischen Theologen ausgebildet und bald darauf ordiniert.- Dazwischen lagen harte Jahre des enttäuschenden Versuchs der 1886 von Pfarrer Matthias Ittameier gegründeten (lutherischen) Hersbrucker Missionsgesellschaft, unter den Wakamba Fuß zu fassen. Erst 1892 sah die LM unter dem neuen Direktor Carl von Schwartz die Zeit gekommen, in Ostafrika ein neues Missionsfeld aufzubauen. Dabei war klar: "that service was not want to serve the 'German Kingdom' but the 'Kingdom of God'" (47).

Die Kapitel I und II führen aus, wie sich die LM zunächst trotz des Drängens von Seiten kolonialbegeisterter Teile der Bevölkerung, doch eine lutherische Mission in Ostafrika aufzubauen, weiterhin auf die Missionsarbeit in Südindien be-schränkte. Erst 1892 wurde die Wakamba-Mission von der LM übernommen. Doch ging es mit der Arbeit unter diesem von Krapf so gelobten Volksstamm immer mehr abwärts. Der erste Weltkrieg besiegelte dann das Ende der Wakamba-Mission.

Ganz anders sah es am Kilimanjaro aus. Sehr schnell (1893) hatte dort die LM Fuß gefasst und noch vor der Jahrhundertwende drei Stationen unter den Wachagga gegründet. In schneller Folge wurden neue Plätze in den nahegelegenen Pare-Bergen und unter den Wameru und Waarusha am Meruberg westlich des Kilimanjaro eröffnet.

1916 wurde Deutsch-Ostafrika von südafrikanischen Truppen besetzt und fiel damit in britische Hände. 1920 übergaben die Leipziger Missionare vor ihrer vom Versailler Vertrag festgesetzten Ausweisung Gemeinden und Schulen an einheimische Lehrer. Amerikanische Lutheraner kamen der sogenannten verwaisten Mission für ein paar Jahre zu Hilfe. Als die ersten Leipziger Missionare 1925 auf das nun britische Tanganyika Territory zurückkehren durften, war die Zahl der Gemeindeglieder um mehr als 3000 angewachsen. - Vielleicht hätten auch die für das Geschehen im Missionsgebiet wichtigen "Heimatfragen" (Fleisch-Originalausgabe, 311-315) dem englischen Leser zur Verfügung gestellt werden sollen.

Dass aus dem unscheinbaren Beginn der LM in Ostafrika in 100 Jahren eine große Kirche entstanden ist, deutet Jaeschke in seinem Nachwort (181-182) an. Die Statistik des Jahres 1993 zählt in diesem Gebiet 680.827 lutherische (sic!) Christen.

Jaeschke hat auch die Anmerkungen übersetzt; sie stehen nun nicht wie im Original auf der entsprechenden Seite, sondern sind gesondert in einem Appendix auf den Seiten 183-198 abgedruckt. Leider ist der für ein schnelles Nachschlagen von Personen, Orten und anderen Stichworten wichtige "Index of Names" (199-208) nicht so sorgfältig gearbeitet. Beim kurzen Vergleich mit dem deutschen Original fehlten beim Buchstaben A folgende Stichworte: Adventists, Agha Khan, Anton Tarimo und African Inland Mission.

Die Übersetzung des aus europäischer Sicht geschriebenen Werkes gehört in die Hand eines jeden, der sich mit den Anfängen der lutherischen Kirchen in Ostafrika befasst. Noch fehlt eine ausführliche Arbeit1 zu diesem Zeitraum, die auch afrikanisches Quellenmaterial und Interviews mit Einheimischen verarbeitet.

Fussnoten:

1) Einen ersten Versuch stellt das Werk von Anza Lema "The Foundation of the Lutheran Church in Kilimajaro", Hong Kong 1981, dar.