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Ausgabe:

September/2000

Spalte:

922 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Ioannis, Calvini

Titel/Untertitel:

Opera Omnia. Series II: Opera Exegetica Veteris et Novi Testamenti. Vol. XIII: Commentarius in Epistolam Pauli ad Romanos. Ediderunt Th. H. L. Parker and D. C. Parker.

Verlag:

Genève: Droz 1999. LXXXII, 356 S. gr.8. ISBN 2-600-00347-9.

Rezensent:

Joachim Rogge

Die neue Gesamtausgabe der Werke des Genfer Reformators Johannes Calvin kommt in Einzelbänden gut voran. Über die bisher erschienenen Kommentare zum Neuen Testament (Johannesevangelium, Hebräerbrief, 2. Korintherbrief) und die Schrift "De Aeterna Dei Praedestinatione" ist in der ThLZ berichtet worden, vorab selbstverständlich über das ganze editorische Unternehmen in seinen einzelnen in Aussicht genommenen Abteilungen (I. Institutio Christianae Religionis, II. Opera exegetica, III. Scripta ecclesiastica, IV. Scripta didactica et polemica, V. Sermones, VI. Epistolae, VII. Varia, s. ThLZ 120, 1995, 1097 f.).

Thomas H. L. Parker, der schon die Hebräerbriefkommentar-Ausgabe besorgt (ThLZ 123, 1998, 167 f.) und eine in den USA und England veröffentlichte Calvin-Biographie (1975) verfasst hatte, widmet sich nun auch, zusammen mit seinem Sohn D. C. Parker, der Bearbeitung des Römerbriefkommentars. Der Band enthält eine Textausgabe mit zwei Anmerkungsapparaten und eine überaus ausführliche Einleitung mit einer ausgedehnten Bibliographie (XI-LXXXII). Ein Anhang enthält Hinweise auf theologische Schriftsteller, die Calvin direkt oder indirekt herangezogen hat (319-334). Ein dreiteiliger Index zu Bibelstellen, Sachen und Namen schließt den Band ab.

Parker hatte eine Römerbriefkommentar-Ausgabe bereits 1981 bei Brill in Leiden im Rahmen der "Studies in the History of Christian Thought XXII" vorgelegt (LXXI). Die hier anzuzeigende Edition zeichnet sich durch die erhebliche Erweiterung der Einleitung und die Anpassung an die Editionskriterien der Gesamtausgabe aus. Geboten wird der Originaltext der drei Kommentarauflagen Calvins aus den Jahren 1540 (A), 1551 (B) und 1556 (C). Abgedruckt in der jetzt gewählten Textfassung ist die Version C, allerdings mit Nachweisen der Textgestalten von A und B im Anmerkungsapparat. Dazu kommen Marginalhinweise, die die Textinhalte betreffen (LXXIV). So kann der heutige Leser die Entwicklung des Kommentarwerkes in der Hand Calvins über fast zwei Jahrzehnte verfolgen. Der gedruckte Kommentar geht auf Vorlesungen zurück, die Calvin in den Genfer Reformationsjahren fast ununterbrochen gehalten hat. - Die Bearbeiter haben sich auch um den Nachweis anonymer Zitationen bemüht. Die Punktation ist für den heutigen Leser modernisiert.

Ein besonderer Vorzug der Gesamtausgabe mit einer ganzen Reihe von Mitarbeitern besteht darin, dass man sich im Einzelfall untereinander je nach besonderem Forschungstrend hilft. Das ist offensichtlich auch beim Römerbriefkommentar mit internationaler Unterstützung geschehen, so dass die Zuverlässigkeit auf dem Hintergrund weltweiter Calvin-Kenntnis außer Frage steht (IX).

Die Bearbeiter widmen sich ausführlich den biblischen Textgrundlagen für Calvins Auslegung. Die in der Mitte des 16. Jh.s vorliegenden griechischen und lateinischen Ausgaben werden von Fall zu Fall nachgewiesen. Dabei spielen die Vulgata und die Textfassungen des großen Humanisten der Zeit, Erasmus, eine besondere Rolle. Dazu belegen philosophische und theologische Schriftstellerzitate ein übriges Mal Calvins Gelehrsamkeit auf der Basis seines humanistischen Ansatzes. Calvin rekurriert auf 13 kirchliche Autoren, darunter Ambrosius, Augustin, Bucer, Budé, Chrysostomos, Erasmus, Eusebius und Origenes. Außerdem begegnet die Auseinandersetzung mit Anabaptisten, Katharern, römisch-katholischen Theologen sowie klassischen Autoren, darunter Cicero, Josephus, Ovid und Plato (XIX).

Auffällige Aufmerksamkeit schenken die Bearbeiter den Lemmata-Gestaltungen (den lateinisch gegebenen Bibelverse, die ausgelegt werden) in Beziehung zu dem "Running Text" (die bisweilen von Calvin abgewandelten Bibelwort-Wiedergaben im laufenden Kommentartext, z. B. XXXIV), indem die Varianten von Auflage zu Auflage kolumnenmäßig aufgelistet werden, und zwar unter Heranziehung von Vulgata, Erasmus und Faber Stapulensis, dem französischen Humanisten (XXXV).

Calvin widmete seinen Kommentar einem weiteren Humanisten, und zwar dem Heidelberger Altphilologen und württembergischen Mitreformator Simon Grynäus (3-6), und zwar wohl aus folgendem Grund: "In Grynée Calvin had an older and more experienced friend with wide connections and an awareness of what was taking place in Lutheran and Reformed circles" (LI).

Es gilt im ganzen Duktus des Römerbriefkommentars Calvins, was generell über den Auslegungsskopus dieses Paulusbriefes zu sagen ist: "Die Reformatoren sehen den Römerbrief als das Buch an, das par excellence die Zentrallehre der Bibel darstellt, einen Maßstab, aus dem heraus die ganze Bibel ausgelegt werden sollte" (LV).

Dass ein wie oben bezeichnetes Kernstück der Heiligen Schrift in der Kommentierung durch einen der Hauptreformatoren in so vorbildlicher Edition zur Verfügung steht und zur Weiterarbeit anregt, kann beiden Bearbeitern nur mit großem Dank quittiert werden!