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Ausgabe:

Juli/August/2000

Spalte:

839 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Mokrosch, Reinhold, u. Arnim Regenbogen [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Was heißt Gerechtigkeit? Ethische Perspektiven zu Erziehung, Politik und Religion.

Verlag:

Donauwörth: Auer 1999. 251 S. 8. Kart. DM 39,80. ISBN 3-403-03213-2.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der von dem Religionspädagogen Mokrosch und dem Philosophen Regenbogen, beide Professoren in Osnabrück, herausgegebene Sammelband enthält die - z.T. überarbeiteten - Beiträge des Symposiums "Gerechtigkeit als Herausforderung", das die interdisziplinäre "Arbeitsgruppe Wertforschung" an der dortigen Universität im Januar 1998 veranstaltete. Der dem Band im Anhang beigegebene Aufsatz "Frieden oder Wahrheit? Auf dem Weg zum Westfälischen Friedensschluß von 1648" (F. Krüger) macht die innere Verbindung dieser Fachtagung zu den Feierlichkeiten aus Anlass des 350-jährigen Jubiläums des Westfälischen Friedens von Münster und Osnabrück deutlich.

Der Band gliedert sich in fünf Kapitel, die das Thema "Gerechtigkeit" jeweils aus unterschiedlicher Perspektive behandeln. Im 1. Kap. bearbeiten H. Simon, A. Regenbogen und G. Bierbrauer/Edgar Klinger "Recht und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft?", wobei im einzelnen Fragen von Naturrecht und positivem Recht sowie moralphilosophische Theoriebildungen und sich aus neuen Entwicklungen wie dem Zuzug von Minderheiten ergebende Probleme bedacht werden. Aus philosophischer Perspektive nähern sich dann im 2. Kap. J. Zimmer, D. Birnbacher, Chr. Lumer und M. Kruse der Frage: "Gerechtigkeit für zukünftige Generationen? Welche Verantwortung haben wir für die Noch-Nicht-Geborenen?". Hier bildet die Auseinandersetzung mit der Verantwortungsethik von Hans Jonas einen gewissen Schwerpunkt. Wohl nicht nur formal, sondern auch inhaltlich steht das moral- und religionspädagogische Kapitel "Erziehung zur Gerechtigkeit?" in der Mitte des Buchs. Materialiter werden Theorie und Praxisversuche von Lawrence Kohlberg von D. Garz, R. Mokrosch und M. Schreiner dargestellt und (von Mokrosch) kritisch untersucht. J. Fellsches entwickelt dagegen seine Gerechtigkeitsvorstellung als Tugend des Lebenkönnens und ästhetische Lebenskunst, mit deutlich anderen erzieherischen Konsequenzen. Im 4. Kap. gilt das Nachdenken "Religiöse(r) Gerechtigkeit? Gerechtigkeitsvorstellungen in und zwischen Religionen und im konziliaren Prozeß". Vor allem K. Goßmann und R. Sauer steuern hier durch die Erinnerung an den konziliaren Prozess wichtige Einsichten bei. Schließlich wird gefragt: "Gerechtigkeitsentwicklung durch Wettkampfsport? Kann Sport Gerechtigkeitsverhalten und -vorstellungen fördern?" Hier kreisen die Überlegungen von E. Frank und G. A. Pilz um die Forderung des Fair Play im Wettkampf, F. Bockradt spitzt dies - unter Rückgriff auf Kohlberg - sozialisationstheoretisch zu.

Insgesamt liegt ein Band vor, der ein für Religionspädagogik (aber auch Ethikdidaktik) wichtiges Thema in meist recht kurzen Beiträgen von unterschiedlichen Fächern her beleuchtet und so ein interdisziplinäres Niveau vorgibt, unterhalb dessen eine pädagogische bzw. religionspädagogische Beschäftigung mit "Gerechtigkeit" zukünftig nicht mehr erfolgen sollte.