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Ausgabe:

Juli/August/2000

Spalte:

835 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Biehl, Peter

Titel/Untertitel:

Festsymbole. Zum Beispiel: Ostern. Kreative Wahrnehmung als Ort der Symboldidaktik.

Verlag:

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 1999. XIV, 327 S. 8. Kart. DM 48,-. ISBN 3-7887-1688-6.

Rezensent:

Friedrich Schweitzer

Das Buch kann zunächst als dritter Band von Biehls Symboldidaktik verstanden werden (Symbole geben zu lernen, 1989; Symbole geben zu lernen II, 1993). Nach Intention und Aufbau entspricht es den Vorgängerbänden, überholt diese aber inhaltlich und kann als Summe oder maßgebliche Darstellung von B.s Symboldidaktik gelten. Verdient der Band schon deshalb erhöhte Aufmerksamkeit, so sei darüber hinaus vorab gesagt, dass es sich um eine außerordentlich anregende, mit enormer Sorgfalt ausgearbeitete und theologisch wie didaktisch sehr bereichernde Monographie handelt, die mit großem Gewinn zu lesen ist.

In gewisser Weise enthält das Buch drei Teilbände: erstens eine Darstellung und Fortschreibung der Symboldidaktik als Theorie, zweitens ein symboldidaktisch akzentuiertes Kompendium der neueren Oster- und Auferstehungstheologie, drittens unterrichtsbezogene Reflexionen und Modelle besonders für die Sekundarstufe, die durch einen reichen Anhang mit Materialien und Bildern ergänzt werden. Obwohl auch die beiden letzten Teile des Buches - mit der Diskussion theologischer Auferstehungsdeutungen (R. Bultmann, W. Pannenberg, J. Moltmann) oder etwa der Aufnahme literarischer Interpretationen (beispielsweise F. Dürrenmatt) - eigenes Gewicht besitzen, beschränken wir uns aus Raumgründen im Folgenden auf den didaktisch-theoretischen ersten Teil.

Im Rückblick auf 20 Jahre Symboldidaktik und in Aufnahme auch kritischer Stimmen vor allem aus Entwicklungspsychologie und Semiotik sowie in Wahrnehmung der veränderten Sozialisation in einer "Mediengesellschaft" unternimmt B. eine "Umorientierung und Umgestaltung" seiner Symboldidaktik (X). B. sucht einen gleichsam dritten Weg zwischen einem Verständnis, das nur auf die objektive Bedeutung von Symbolen verweist, und einer gegenteiligen Auffassung, die alles von der subjektiven Symbolrezeption abhängig machen will. "Die Theologie lässt sich von der didaktischen Frage, von der Frage nach der Relevanz ihrer Inhalte für Lebensgeschichte und Lebenswelt, von der Frage nach der Vermittelbarkeit der Inhalte nicht suspendieren. Ohne diese Frage nach öffentlicher Relevanz der Symbole wird die Symboldidaktik zur Initiation als Einführung in das Heilsgeheimnis. Ohne die Theologie fehlt der Didaktik der Religion die Kraft der Unterscheidung der Geister" (14).

Gelingt Biehl damit eine m. E. in hohem Maße zustimmungs- und zukunftsfähige Positionsbestimmung, können seine auf den Begriff der "Wahrnehmung" bezogenen weitreichenden Erwartungen zu Rückfragen führen. Trifft es wirklich zu, dass sich in der Praktischen Theologie ein "Paradigmenwechsel" abzeichnet - "von der Handlungswissenschaft zur Wahrnehmungslehre"? Und können Praktische Theologie und Religionspädagogik angemessen "vornehmlich als Ästhetik" (22) begriffen werden? - Unter Berufung auf B.s eigene Einschätzungen (23, 110) könnte dem entgegengehalten werden, dass Religionspädagogik und Praktische Theologie auch in Zukunft ebenso konstitutiv auf Erfahren und Handeln verwiesen bleiben wie auf die Wahrnehmung.

Eine gewinnbringende Lektüre des Buches hängt freilich nicht davon ab, dass das - paradigmatisch gemeinte - Wahrnehmungsverständnis B.s voll geteilt wird. Seine Ausführungen zur Mediengesellschaft, zum Bildungsverständnis einschließlich der kommunikativen Didaktik sowie zur Symbolkunde bieten zahlreiche Anregungen für diverse religionspädagogische Diskussionszusammenhänge weit über die Symboldidaktik hinaus. Besondere Würdigung verdient der Abschnitt zur "Symbolkunde" (95 ff.), der mit der Unterscheidung zwischen lebensweltlichen, religiösen und christlichen Symbolen, die aufeinander bezogen werden sollen, an B.s - schon 1989 formulierte - theologische Grundthese anknüpft ("christologische Brechung" lebensweltlicher und religiöser Symbole, 98) und der besonders deutlich die gelungene Verbindung sozialwissenschaftlicher, religionswissenschaftlicher und theologischer Zugänge belegt.

Alles in allem wird die vom Vf. selbst beschriebene Aufgabe einer Fortschreibung und Neukonzeption von Symboldidaktik unter veränderten Bedingungen in eindrucksvoller Weise erfüllt. Die nunmehr dreibändige Symboldidaktik Biehls gehört ohne Zweifel zu den religionspädagogischen Leitveröffentlichungen der letzten beiden Jahrzehnte!