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Ausgabe:

Juli/August/2000

Spalte:

834 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Baldermann, Ingo

Titel/Untertitel:

Auferstehung sehen lernen. Entdeckendes Lernen an biblischen Hoffnungstexten.

Verlag:

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 1999. XI, 148 S. 8 = Wege des Lernens, 10. Kart. DM 29,80. ISBN 3-7887-1721-1.

Rezensent:

Werner Thiede

Wie so oft sagt auch bei dieser Neuerscheinung der Untertitel Genaueres als der Titel: Um Hoffnungsdidaktik geht es, die ihr Material gesamtbiblisch in den Blick nimmt. "Auferstehung" erscheint hier eher dem Hoffnungsbegriff bei- und untergeordnet; nur darum kann auch - merkwürdig genug! - von ihrem "Sehenlernen" die Rede sein. Meditativ und existentiell gefärbt sind diese Zugänge zur "Erfahrung" des Hoffens. Ihr Grundmuster wird in der Schöpfungsgeschichte und in den Psalmen ebenso wiedergefunden wie in den Wunder- und Ostergeschichten des Neuen Testaments.

Auf Grund solcher Einordnung neutestamentlicher Auferstehungshoffnung in ein breiteres Hoffnungsverständnis aber soll es gelingen, der "Engführung" einer Frömmigkeit zu entkommen, die die Auferstehungsbotschaft in autoritären Strukturen, also in exklusiver Bindung an einzelne geschichtliche Zeugnisse von Offenbarungsempfängern überliefert. Ebenso bezeichnend wie unhaltbar ist in diesem Zusammenhang die These B.s, die unabhängig gewonnene "eigene Wahrnehmung" des Auferstandenen durch Paulus öffne das weite Feld eigener selbständiger Entdeckungen auf gleicher Ebene (bes. 109). In Wahrheit stellt sich der Apostel mit seiner Erfahrung des Auferstandenen ja als "Spätgeburt" in die Folge der Erscheinungsgeschehnisse, weshalb diese Art der Begegnungen damit eher als abgeschlossen denn als quasi erst recht eröffnet verstanden ist. Der Grund, warum die Geschichten vom leeren Grab und vom Gesehenwerden des Auferstandenen sich nicht mit sonstigen Christus-Erfahrungen im Glauben auf eine Ebene stellen lassen, warum also von "Auferstehung" - gegen B. - durchaus zuerst im Perfekt und erst dann im Präsens zu reden ist, liegt in ihrer Gebundenheit an die Geschichtlichkeit der Gestalt Jesu. B.s Tendenz, hiervon zu abstrahieren, führt in ihrer Konsequenz gerade nicht zu sinnlichem "Sehen" der Auferstehung, sondern zu ihrer Spiritualisierung.

Den Auferstandenen erfahren lernen - dazu kann dieses Buch freilich insofern beitragen, als es christlichem Glauben und Hoffen ja sehr wohl um Lebendigkeit, Emotionalität und Gewissheit geht. B.s origineller, auf seine Weise sensibler Zugriff auf biblische Hoffnungstexte lehrt manches entdecken, was rein historisch-kritischer Methodik entgehen muss. Dennoch wird die Grundstruktur von Erfahrung als Einheit von Erleben und Deuten nicht hinreichend reflektiert; sonst hätte das Gewicht, das dem apokalyptischen Sinn- und Deutehorizont neutestamentlicher Auferstehungshoffnung eignet und das auch heute kognitiv zu berücksichtigen ist (W. Pannenberg), weniger vergleichgültigt werden dürfen, als es hier geschieht. Entdeckendes Lernen sollte sich religionsdidaktisch auf die schwere Aufgabe konzentrieren, Auferstehung glauben statt sehen zu lernen. Recht verstanden, bleibt B.s Polemik gegen "blindes" Vertrauen auf "bloße Behauptungen" autoritärer Art hin durchaus auch dann legitim.