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Ausgabe:

März/1999

Spalte:

312 f

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Peterson, Erik

Titel/Untertitel:

Der Brief an die Römer. Aus dem Nachlaß hrsg. von B. Nichtweiß unter Mitarb. von F. Hahn.

Verlag:

Würzburg: Echter 1997. XXXIII, 382 S. 8 = Erik Peterson. Ausgewählte Schriften, 6. Lw. DM 98,-.

Rezensent:

Peter Amberg

Nachdem 1994 mit den "Theologischen Traktaten" und 1995 den "Marginalien zur Theologie" die ersten beiden Bände der Werkausgabe des ehemals evangelischen und nach seiner 1930 erfolgten Konversion römisch-katholischen Kirchenhistorikers und Neutestamentlers Erik Peterson (1890-1960) erschienen sind, erfolgte 1997 die Herausgabe des 6. Bandes (die Numerierung ist generell nicht mit der Reihenfolge des Erscheinens identisch).

Es handelt sich dabei um den Nachlaß einer Vorlesung über den Römerbrief, welche Peterson 1925 bzw. 1927/28 in Göttingen hielt. 1925 schaffte er nur die erste Hälfte, im Wintersemester aber dann eine vollständige Vorlesung über den gesamten Brief. Diese wird hier veröffentlicht. Ferdinand Hahn hat aus der ersten Vorlesung wichtige Passagen ausgewählt und als Fußnoten dem Haupttext der zweiten Vorlesung zugeordnet. Er hat ebenso wie die Gesamtherausgeberin Barbara Nichtweiß eine gut einführende Einleitung vorangestellt.

Petersons Weggang von der Göttinger Fakultät zeichnet sich in dieser Vorlesung schon ab. Insbesondere setzte er sich mit der reformatorischen Rechtfertigungslehre auseinander, welcher er vorwarf, die Aussagen des Paulus falsch zu verstehen. Für Peterson selbst entscheidend ist der Gedanke der Thronbesteigung Jesu Christi. Damit ist das eschatologisch Wesentliche bereits geschehen. Die Vollendung steht allerdings noch aus und so befindet sich die Wirklichkeit der Welt unter dem "eschatologischen Vorbehalt", diesen Begriff hat Peterson geprägt.

Nicht unproblematisch ist sein Verhältnis zum Judentum. Exemplarisch sei zu Röm 11,32 zitiert: "Nicht nur, daß die Juden noch immer in Unglauben verhärtet sind, sie bringen auch noch die Heiden dahin, zu judaisieren oder sich der Herrschaft Israels zu unterstellen; wobei wir davon schweigen wollen, daß die Heiden den Glauben, aus dem heraus sie überhaupt allein Bestand haben (vgl. Röm 11,20), von sich werfen. Das Wieder-ungläubig-Werden der Heiden hält ja nicht das Kommen Christi auf, wohl aber das Noch-immer-ungläubig-Sein der Juden" (327). Allerdings ist die Zurückhaltung der Juden für ihn auch ein Zeichen des eschatologischen Vorbehalts. Die Kirche ist für Peterson wohl das neue Israel, aber deshalb ist die Problematik der Stellung der Juden im Reiche Gottes noch nicht erledigt und wird sich in der Zukunft erweisen.

Interessant ist die Auslegung zu Röm 13. Die Aussagen des Paulus sind für den Autor deshalb von Bede utung, weil auch eine ins Abstrakte gehende Aussage, wie diejenige, daß alle Obrigkeit "von Gott sei, letzthin doch einen konkreten Sinn hat, nämlich die Gleichgültigkeit gegenüber der politischen Sphäre zu bekunden, weil die Eschatologie das wesentliche Interesse beansprucht" (344). Auf der einen Seite wird hier einer Obrigkeitshörigkeit gewehrt, auf der anderen jedoch einer politischen Abstinenz Vorschub geleistet. Dennoch ist dieser Gedanke, wie viele dieser Auslegung Anregung zum Weiterdenken im Zusammenhang von Dogmatik, Exegese und Verkündigung. Besonders der fundamentaltheologische Gehalt macht die Lektüre auch heute wertvoll.

Die Vorlesung über den Römerbrief ist für diese Edition in fünf Haupt- und je zwei bis sechs Unterabschnitte gegliedert worden. Dieser Verzicht auf die alte Kapiteleinteilung ist den Herausgebern wichtig gewesen, um die Aussagekraft zu erhöhen.

Der Autor hat nur gelegentlich Verweise auf andere Kommentare vorgenommen. Auch daher wurden die Fußnoten um einige Nachweise ergänzt. Es handelt sich bei dem vorliegenden Band um die gelungene Herausgabe eines nachgelassenen Werkes, welche mit Vorfreude auf weitere Editionen warten läßt.