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Ausgabe:

Juni/2000

Spalte:

624 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Eckstein, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Verheißung und Gesetz. Eine exegetische Untersuchung zu Galater 2,15-4,7.

Verlag:

Tübingen: Mohr 1996. X, 297 S. gr.8 = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 86. Lw. DM 178,-. ISBN 3-16-146426-5.

Rezensent:

Dieter Lührmann

H.-J. Eckstein, inzwischen Professor in Heidelberg, gibt - für eine Habilitationsschrift (WS 1993/94 Tübingen) eher ungewöhnlich - eine Interpretation von Gal 2,15 bis 4,7 nach Art eines Abschnitt für Abschnitt, darin Vers für Vers vorgehenden Kommentars. Es finden sich jeweils Zusammenfassungen, aber nur zu 2,15-21 auch eine (abschließende) Übersetzung (81).1 Die Beschränkung auf diesen Textbereich entspricht dem Thema des Buches; der jeweilige Umfang schwankt ein wenig. Den Abschluss (vor Literaturverzeichnis und Registern) bilden ein sehr knapper Überblick zum Rest des Briefes 4,8 bis 6,18 (246-252) sowie ein "Schluß" (253-257), der die wichtigsten Gesichtspunkte noch einmal rekapituliert.

Die zum Gal vorliegenden Kommentare sind ausführlich berücksichtigt, zumeist in Auflistungen in den Anmerkungen, gelegentlich freilich etwas karikierend charakterisiert (149: der "klassisch-existentialistische Ansatz", was immer der Bindestrich bedeuten soll, bei H. Schlier), durchweg aber sachgerecht aufgenommen. Die Stärke des Buches liegt in der philologischen Analyse der Texte nach Syntax und Semantik, wobei zur Grammatik auch die Notierung rhetorischer Stilmittel gehört. Auffällig bleibt freilich, dass E. nirgends auf die seit H. D. Betz' Kommentar so breit verhandelte Frage der Rhetorik als Gliederungsprinzip des ganzen Briefes eingeht.

Hervorzuheben ist auch der durchgehende Wille, den Text theologisch verstehen. Sinnvoll ist dabei zunächst durchaus, die Aussagen des Gal nicht sofort mit denen anderer Briefe zu verrechnen, sinnvoll auch, dem Gedankengang dieses Briefes zu folgen und ihn nicht thematischen Oberbegriffen zu unterstellen. Es fällt aber auf, dass zwar durchgehend die Diskussion geführt wird mit der neueren Literatur zum paulinischen Gesetzesverständnis,2 andere thematische Bereiche jedoch nicht in gleicher Weise intensiv behandelt sind, sondern wesentlich über die Kommentare vermittelt erscheinen, nicht im Rückgriff auf eigenständige Bearbeitungen. In Kommentaren gibt es zum Ausgleich die hier ganz fehlenden thematischen "Exkurse", die eine strikte Textbegrenzung auffangen können, gelegentlich freilich die konkreten Texte auch wieder überdecken. Der erwähnte "Schluß" kommt dem nur beschränkt entgegen.

Strittig bleibt wohl vor allem das mit nur leichten Einschränkungen (z. B. 158) durchgehend als grundlegend vorausgesetzte Verständnis der Christologie vom Motivkomplex der Sühne her. Fraglich ist doch, ob tatsächlich so "offensichtlich" (58) ein atl. Sühneverständnis die Vorstellung der "Stellvertretung" in 1,4 (153), 2,19 f. 3,13 oder 2Kor 5,21 (58 f.) prägt, bis hin zu der überzogenen Identifikation des Sühnegeschehens nicht nur mit dem Tod, sondern mit "Tod und Auferstehung Christi" (67; modifiziert, auch auch nicht klarer 163: "Mit der Auferweckung Jesu hat Gott dieses Sühnegeschehen vollendet und bestätigt"). Bei diesem so entscheidenden Thema sollte jedenfalls die Begrifflichkeit klar bleiben. Daraus und unabhängig davon sich ergebende Fragen sind ebenfalls eine Diskussion wert, z. B. im Blick auf das Schrift- und das Geschichtsverständnis - jedenfalls aber eine in ihrem theologischen Anspruch bedenkenswerte Arbeit.

Fussnoten:

1) Fraglich bleibt mir hier, ob die der Interpunktion der 26./27. Auflage des Nestle/Aland folgende Überserzung von 2,15 als thetischer Aussagesatz (statt konzessiv als erweitertes Subjekt der folgenden Satzperiode) sachgemäß ist.

2) Für die Interpretation der Wendung "Werke des Gesetzes" fehlten seinerzeit (etwa 25 f.) noch die wichtigen Belege aus 4QMMT.