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Ausgabe:

Juni/2000

Spalte:

608 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Särkiö, Pekka

Titel/Untertitel:

Exodus und Salomo. Erwägungen zur verdeckten Salomokritik anhand von Ex 1-2; 5; 14 und 32.

Verlag:

Helsinki: Finnische Exegetische Gesellschaft; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1998. VI, 185 S. 8 = Schriften der Finnischen Exegetischen Gesellschaft, 71. ISBN 951-9217-26-6 u. 3-525-53648-8.

Rezensent:

Ludwig Schmidt

In seiner literarkritischen und traditionsgeschichtlichen Untersuchung kommt S. zu dem Ergebnis (vgl. die Zusammenfassung 165 ff.), dass der Jahwist, der "vermutlich in der zweiten Hälfte des 7. Jh.s" gewirkt habe (169), für seine Darstellung in Ex u. a. vordeuteronomistische Traditionen aus 1Kön 1-12 als Vorlage benutzte. Die Begriffe für das Fronwesen in Ex 1,11 seien aus der Salomotradition entlehnt. Hier kritisiere J verdeckt Salomo. Die Verschärfung der Fron in Ex 5* gehe auf 1Kön 12 zurück. Für Ex 2* habe J u. a. auf die Erzählungen über Hadad und Jerobeam in 1Kön 11* zurückgegriffen. Das Motiv des Kindermords stamme aus der Hadaderzählung. Auf sie gehe in Ex 5* die Weigerung des Pharao zurück, die Israeliten ziehen zu lassen. Mit dem Grundbestand von Ex 32* wolle J Jerobeam für die Anfertigung des goldenen Kalbs entschuldigen. Hinter der Gestalt des Mose verberge sich hier Jerobeam. Die nachexilische Priesterschrift enthalte zwar keine verdeckte Salomokritik. Ihr Verfasser habe aber einige Termini aus der Salomo- bzw. Jerobeamtradition entlehnt (z. B. "harter Dienst" in Ex 1,14 aus 1Kön 12,4).

Die Meerwundererzählung in Ex 13,17 ff. geht nach S. auf einen komplizierten Entstehungsprozess zurück (vgl. das Schaubild 110). In ihr werde erst von einem späten Ergänzer, der die Verbindung von J und P voraussetze, Salomo kritisiert. Er habe "Wagen und Pferde" und "dritte Männer" aus 1Kön 9,22b entlehnt. Außerdem werde das Wunder von ihm mit 13,18 am Golf von Akaba (= Schilfmeer) lokalisiert. Für ihn bedeute der Golf von Akaba ein Ausgangstor, "durch das die Israeliten aus der salomonischen Gefangenschaft zum Sinai und zurück in das gelobte Land, ins Nordreich, gehen" (173).

Aber ist eine solche Salomokritik bei einem (spät)nachexilischen und doch wohl judäischen Ergänzer wahrscheinlich? Schon für den Jahwisten kann S. diese Kritik m. E. nicht befriedigend erklären. Nach S. wandte sich J an Flüchtlinge, die nach dem Untergang des Nordreichs nach Juda gekommen waren. "Ihre Vorväter waren Salomos Fronpflichtige, die Jerobeam aus dem ,Sklavenhaus’ Juda befreite und in das ,Gelobte Land’, das Nordreich Israel, brachte" (170). Doch ihre Beziehung zum davidischen Königshaus war schwerlich ein Thema für Menschen, die vor den Assyrern nach Juda geflohen waren. Die historische Einordnung der Salomokritik durch S. kann somit nicht überzeugen. Die Untersuchung ist aber auch methodisch bedenklich. S. stellt mit Recht fest: "Der moderne Forscher steht ... in der Gefahr, daß er ohne befriedigende Kriterien intertextuelle Hinweise zu finden versucht" (22). Dieser Gefahr ist S. m. E. oft erlegen. Dafür können hier nur zwei Beispiele genannt werden. Nach S. war für Entlassungsforderung und Weigerung des Pharao in Ex 5* 1Kön 11,21 f. das Vorbild. Dagegen sprechen aber die erheblichen inhaltlichen Unterschiede. S. hält die Erzählung von dem salomonischen Urteil in 1Kön 3,16 ff. für die Vorlage der Hebammenerzählung in Ex 1,15 ff. (48). Auch hier abstrahiert S. jedoch völlig von dem konkreten Inhalt der beiden Erzählungen. Sie haben nicht einmal ein gemeinsames Grundgerüst. Trotz der Untersuchung von S. ist somit m. E. offen, ob zwischen Ex 1-14 und 1Kön 1-12 literarische Beziehungen bestehen.