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Ausgabe: | Mai/2000 |
Spalte: | 582 f |
Kategorie: | Ökumenik, Konfessionskunde |
Autor/Hrsg.: | Pfitzner, Victor, and Hilary Regan [Eds.] |
Titel/Untertitel: | The Task of Theology Today. Doctrines and Dogmas. |
Verlag: | Edinburgh: Clark 1999. XI, 224 S. 8. Kart. £ 14.95. ISBN 0-567-08674-7. |
Rezensent: | Ingolf U. Dalferth |
Der Band eröffnet eine Reihe von Kolloquiumsbänden zum Themenkreis "The Task of Theology Today" des ökumenisch ausgerichteten Australian Theological Forum. Dieses sieht seine Aufgabe programmatisch darin, auf der Basis des trinitarischen Glaubensbekenntnisses von Nizäa das Gespräch zwischen den verschiedenen christlichen Traditionen und Theologien sowie zwischen Theologie und anderen wissenschaftlichen Disziplinen zu fördern, die sich mit sozialen und kulturellen Problemen der Gegenwart im Schnittfeld von Glauben und Leben auseinandersetzen. Dazu sind eine Reihe von Kolloquien geplant, die sich auf einzelne Aspekte des Gesamtthemas konzentrieren und dazu beitragen sollen "to bring the theological world to Australia and Australia to the theological world" (X).
Der vorliegende Band versammelt acht Beiträge zu einem Kolloqiuum über die Rolle von Lehre, Dogma und Theologie in der Kirche, das im Juli 1997 in Brisbane stattgefunden hat. Die theologische Welt außerhalb Australiens wird durch Carl E. Braaten (Minnesota), Colin Gunton (London), Sue Patterson (Bristol) und Murray Rae (Auckland) repräsentiert, Australien durch Stylianos Harkianakis, Stephen Pickard, Denis Minnis, Winfred Wing Han Lamb, Victor Pfitzner und Hilary Regan. Die ersten drei Beiträge untersuchen das Tagungsthema programmatisch aus reformierter (C. Gunton: "Dogma, the Church and the Task of Theology"), lutherischer (C. E. Braaten: "The Role of Dogma in Church and Theology") und griechisch-orthodoxer Sicht (St. Harkianakis: "Dogma and Authority in the Church"). Mit den charakteristischen Argumenten ihrer jeweiligen theologischen Tradition verteidigen sie die Auffassung, dass es eine Kirche ohne Dogmen nicht geben könne und eine theologische Vergegenwärtigung von Dogmen stets die Priorität des gelebten Glaubens der Kirche berücksichtigen müsse. Am pointiertesten sind die Überlegungen C. Braatens, der den Folgen der Umstellung von einer an Tradition und Dogma orientierten kirchenbezogenen Theologie auf eine auf religiöse Erfahrung rekurrierende akademische Theologie in den USA im Verlauf des 20. Jh.s nachgeht. Sie habe nicht nur zur Auflösung des Lehrbegriffs und zu einer radikalen Pluralisierung von Theologien geführt, sondern zu einer verbreiteten Instrumentalisierung theologischen Denkens für sozialpolitische Interessen (feministische Theologien, Befreiungstheologien, Theologien der Religion) und, vor allem, zum Siegeszug neognostischer Positionen innerhalb und außerhalb der Kirchen. Während H. Bloom kürzlich die These vertreten hat: "Gnosticism ... is now and always has been the hidden religion of the United States, the American religion proper" (The American Religion. The Emergence of the Post Christian Nation, New York 1999, 50), fordert Braaten: "Today American Christianity needs to reclaim the classical function of dogma in its struggle against neo-Gnosticism" (25).
Ob das auch für Australien gilt, bleibt offen. Aber das gilt ähnlich auch für die übrigen fünf Texte, die etwas beliebige Einzelthemen im näheren und teilweise auch recht fernen Umkreis des Leitthemas bearbeiten: Schöpfungslehre und Postmoderne (S. Patterson, "Creation and Postmodernity"); die Erkenntnislehre John Lockes als Grund für die Schwierigkeiten, in England eine Tradition systematischer Theologie auszubilden (St. Pickard, "Unable to See the Wood for the Trees: John Locke and the Fate of Systematic Theology"); die Spannungen zwischen dem antiken Weltbild altkirchlicher Dogmen und ihren veränderten Verstehensbedingungen in der Gegenwart am Beispiel von Jungfrauengeburt und Erbsünde (D. Minnis, "Traditional Doctrine and the Antique World-View: Two Case Studies, the Virgin Birth and Original Sin"); die Bedeutung einer ,Phänomenologie des Verstehens für die christliche Würdigung anderer Religionen (W. W. H. Lamb, "The Open Heaven: Understanding Other Faiths in Gods World"); und schließlich der Status inkarnationstheologischer Lehraussagen aus der Sicht von Kierkegaards Johannes Climacus als ein später Beitrag zur Debatte um den ,Mythos vom inkarnierten Gott aus den siebziger Jahren (M. Rae, "The Status of Doctrine: Kierkegaardian Explorations").
Die meisten dieser Texte stehen im Kontext theologischer Debatten in Großbritannien und scheinen nur zufällig in diesen Band des Australian Theological Forum geraten zu sein. Über die Situation oder die Aufgaben der Theologie in Australien erfährt man in diesem Band nichts. Allenfalls wird deutlich, dass ,Theologie heute eine Theologie ohne Ortsbezug und Australien theologisch noch immer eine Provinz Großbritanniens ist.