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Ausgabe:

November/2021

Spalte:

1001–1016

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Ulrich H. J. Körtner

Titel/Untertitel:

»Wer so stirbt, der stirbt wohl« (Paul Gerhardt)?

Die theologisch-ethische Kontroverse zum assistierten Suizid


I Recht und Ethik in der pluralistischen Gesellschaft

Euthanasie – die Tötung auf Verlangen –, Suizid und Hilfe zur Selbsttötung galten in christlich geprägten Ländern über Jahrhunderte als Tabu. Man hielt sie für unvereinbar mit dem Grundsatz des unbedingten Lebensschutzes, für den man sich auf das De-kaloggebot berufen konnte: »Du sollst nicht töten«. Christliches Ethos und christliche Ethik übten ihren Einfluss auch auf die weltliche Rechtsordnung aus, wobei die kirchliche und theologische Tradition über weite Strecken eine Konvergenz zwischen biblisch begründeter Ethik und Naturrecht unterstellt, weshalb die Grundsätze christlicher Ethik von allen Menschen guten Willens als vernünftig eingesehen werden könnten. Das gilt auch noch für die modernen Rechtsordnungen bis ins 20. Jahrhundert hinein.

Die pauschale Behauptung, die Selbsttötung sei als »Selbstmord« grundsätzlich als strafwürdiges Verbrechen eingestuft worden, trifft historisch allerdings nicht zu.1 Die Constitutio Criminalis Carolina, die Peinliche Gerichtsordnung Kaisers Karl V. aus dem Jahr 1532, sah nicht den Suizid grundsätzlich als strafwürdige Tat an, sondern nur in solchen Fällen, in denen sich ein Verurteilter durch Selbsttötung der mit dem Einzug des Vermögens verbundenen Todesstrafe entzog. Dieser ließ sich durch den Suizid nicht aufhalten. Davon unterschieden wurden solche Fälle des Suizids, in denen sich ein Delinquent der Todesstrafe ohne Vermögenseinzug entziehen wollte, sowie Fälle, in denen sich jemand »wegen Krankheit, Melancholie, Gebrechlichkeit der Sinne oder aus anderen dergleichen Blödigkeiten« das Leben genommen hatte. Ob auch die Beihilfe zur Selbsttötung strafrechtlich verfolgt wurde, ist rechtshistorisch umstritten. Landgerichtsordnungen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vollziehen jedoch einen Wandel und stufen nun den Suizid selbst als strafwürdige Tat ein, wobei allerdings weiterhin zwischen vorsätzlicher Tat und einer im Zuge von Depressionen, Verzweiflung oder Kurzschlussreaktionen vollzogenen Handlung unterschieden wurde.

Seit etwa 1980 hat sich allerdings ein Umbruch vollzogen, der nun auch Deutschland und Österreich erfasst hat. Die Erinnerung an die NS-Zeit und die systematische Tötung von Menschen mit körperlichen, psychischen und geistigen Beeinträchtigungen im Rahmen der staatlichen Aktion T4,2 aus denen eine besondere historische Verantwortung in Sachen Lebensschutz folgt, hat ihre prägende Kraft verloren. Auch der Einfluss der Kirchen, unter dem noch die deutsche Gesetzgebung zum Verbot der gewerbsmäßigen Suizidhilfe (§ 217 StGB) aus dem Jahr 2015 stand, ist deutlich spürbar zurückgegangen, und das nicht nur wegen ihrer dramatisch ab­nehmenden Mitgliederzahlen, sondern auch, weil sich das kulturelle und weltanschauliche Klima in der pluralistischen Gesellschaft einschneidend gewandelt hat.

In der pluralistischen Gesellschaft von heute, deren Kennzeichen nicht nur der moderne Individualismus, sondern auch eine Vielfalt kultureller, religiöser und weltanschaulicher Prägungen und Überzeugungen ist, gibt es keine gemeinsamen Überzeugungen vom guten Leben und vom guten Sterben, die fraglos von allen Menschen geteilt werden. Das führt zu Verunsicherungen, etwa im Arzt-Patienten-Verhältnis, aber auch bei Angehörigen des Pflegeberufs, wenn sich beispielsweise die Frage stellt, wie man mit Sterb ewünschen umgehen soll, die von Patienten oder Bewohnern einer Pflegeeinrichtung geäußert werden. Die Probleme verkomplizieren sich, wenn nicht nur die ethische Einstellung von Sterbenden oder Sterbewilligen, von Ärzten und Pflegenden, von Angehörigen und gesetzlichen Vertretern, sondern auch die Ethik des Krankenhaus- oder Pflegeheimträgers ins Spiel kommt.

Nach dem vielzitierten Diktum Ernst-Wolfgang Böckenfördes, das allerdings unterschiedliche Deutungen erfahren hat,3 lebt der »freiheitliche, säkularisierte« – und das heißt eben pluralistisch verfasste – Staat »von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann«4. Auch das Recht kann nicht ohne moralische und weltanschauliche Hintergrundannahmen bestehen, selbst wenn man der Tradition des Rechtspositivismus und ihres Begründers Hans Kelsen folgt. Das gilt auch für das europäische Recht, etwa für die Auslegung der Menschenrechte. Wiederholt hat der Europäische Ge­richtshof für Menschenrechte in seinen Urteilen der vergangenen Jahre – etwa zu religiösen Symbolen im öffentlichen Raum, zur Reproduktionsmedizin oder zum assistierten Suizid – auf bestehende Unterschiede zwischen den Rechtskulturen der europäischen Länder verwiesen, die einen gewissen Korridor für eine im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention be­findliche na­tionale Rechtsordnung zulassen. Die jüngste Rechtsprechung zum assistierten Suizid des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland im Februar 2020 und des österreichischen Verfassungsgerichtshofs im Dezember zeigt freilich auch, wie sehr die Rechtsprechung und d ie Auslegung grundlegender Texte wie des Grundgesetzes vom Wandel moralischer Einstellungen in der Gesellschaft beeinflusst wird.

In einem Interview zum 100. Geburtstag des österreichischen Verfassungsgerichtshofes erklärte sein Präsident Christoph Grabenwarter in einem Zeitungsinterview sinngemäß, Moral sei kein Maßstab für den Verfassungsgerichtshof, der seine Urteile ausschließlich nach den Maßstäben des Rechts zu fällen habe.5 Tatsächlich sind Recht und Moral zu unterscheiden, gleichwohl besteht zwischen beiden keine strikte Trennung, wie der deutsche Rechtsphilosoph und Professor für Öffentliches Recht Uwe Volkmann aufzeigt.6 Zumindest, wenn es um die Auslegung von Prinzipien wie der Menschenwürde und der Autonomie geht, lässt sich die Moral nicht aus dem Recht heraushalten, »weil auch die Prinzipien, um deren Zuordnung es geht – Menschenwürde, individuelle Freiheit, das Recht auf Leben –, in ihrem inneren Kern zugleich auch moralische Prinzipien sind«7. Was Volkmann am Beispiel des deutschen Grundgesetzes und der Geschichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts veranschaulicht, lässt sich meines Erachtens auch für das österreichische Verfassungsrecht und seine Auslegungsgeschichte zeigen. Moral und Recht sind miteinander in einem hermeneutischen Zirkel verwoben, in welchem sich die Ge­schichtlichkeit und Veränderlichkeit beider zeigt, selbst wenn der Wortlaut bestehender Gesetze – etwa einer Verfassung – unverändert bleibt. Mit diesem grundsätzlichen Phänomen haben wir es auch im Streit um die Verfassungsgemäßheit oder Verfassungswidrigkeit des ausnahmslosen Verbotes der Suizidbeihilfe zu tun.

II Vorstoß zum assistierten Suizid in kirchlich-diakonischen Einrichtungen


Der Einstellungswandel bei ethischen Fragen am Lebensende lässt sich auch in den Kirchen beobachten. In der Schweiz nehmen die protestantischen Kirchen eine offene Haltung gegenüber dem as-sistierten Suizid ein, in den Niederlanden auch gegenüber der Tötung auf Verlangen. Die Lage in der Schweiz unterscheidet sich von derjenigen in Deutschland allerdings insofern grundlegend, als Suizidhilfe nicht von Ärztinnen und Ärzten, sondern nur durch Sterbehilfeorganisationen geleistet wird. Ärzte verschreiben lediglich das tödliche Natrium-Pentobarbital. Pflegeeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft stehen eigentlich »nur« vor der Frage, ob sie Sterbehilfeorganisationen den Zugang gestatten. Die Zahl der kirchlichen Häuser in der Schweiz, die dazu bereit sind, ist allerdings in der letzten Zeit stark gestiegen.8 Freilich muss man sich vergegenwärtigen, dass es im Vergleich zu Deutschland oder Österreich nur wenige stationäre diakonische Einrichtungen gibt.

Die traditionelle Auffassung, wonach der Suizid, sofern er nicht durch psychische Erkrankung oder eine seelische Notlage zu erklären, sondern als freiverantwortliche Tat anzusehen ist, eine moralisch verwerfliche oder doch zumindest höchst problematische Tat ist, findet unter Kirchenmitgliedern kaum noch Zustimmung. Im Unterschied zum katholischen Lehramt wird sie in dieser Schärfe auch in Deutschland nicht mehr von den evangelischen Kirchen vertreten. Deren ethische Position ist freilich zunehmend undeutlich, weil sich zeigt, dass nicht einmal kirchenleitende Gremien wie der Rat der EKD in der Frage des assistierten Suizids noch mit einer Stimme sprechen können. Hier lässt sich zwischen 2014 und 2020 eine deutliche Veränderung beobachten, wie die innerkirchliche Diskussion zu der durch Reiner Anselm, Isolde Karle und Ulrich Lilie mit ihrem FAZ-Artikel vom 11.1.20219 ausgelösten Kontroverse darüber, ob der assistierte professionelle Suizid künftig auch in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen ermöglicht werden soll, nachdem das Bundesverfassungsgericht den § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt hat, zeigt.

Die genannten Autoren haben ihre Position in einem FAZ-Beitrag vom 25.5.2021, mit dem eine in dieser Zeitung über mehrere Monate geführte Debatte ihren vorläufigen Abschluss gefunden hat, nochmals erläutert und präzisiert, aber nicht grundlegend korrigiert, sondern im Gegenteil bekräftigt.10 Wie schon der erste Artikel vom Januar 2021 ist auch der zweite das Ergebnis von Ge­sprächen, welche die Autoren mit drei weiteren namentlich ge­nannten Personen geführt haben, nämlich dem Juristen Jakob Joussen, dem Landesbischof der Evangelischen Kirchen von Hannover, Ralf Meister, und dem Palliativmediziner Friedemann Nauck. Nachdem Kirche und Diakonie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts anzuerkennen haben, wonach das Recht der freien Selbstbestimmung die Freiheit einschließt, sich zu jedem Zeitpunkt das Leben nehmen zu dürfen, auch mit Hilfe von Dritten, die dazu freiwillig bereit sind, solle der assistierte Suizid auch in diakonischen Einrichtungen bzw. in Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft ermöglicht werden. Im Unterschied zum Bundesverfassungsgericht plädieren die Autoren und ihre Mitstreiter allerdings »für einen verantwortlichen, restriktiven Umgang mit der Suizidhilfe«11. Suizidprophylaxe und die Verhinderung voreiliger Entschlüsse sollen Vorrang haben. Außerdem plädieren die Autoren dafür, »Praktiken des assistierten Suizids ausschließlich auf die Situation schwerst- und sterbenskranker Menschen« einzuschränken. Sie »teilen die Ansicht, dass der assistierte Suizid die Ausnahme bleiben muss. Einer Normalisierung gilt es deshalb entgegenzutreten. Es geht um individuelle Grenzsituationen, nicht um ein ›Regelangebot‹ für alle, die des Lebens müde sind.«

Der Gefahr vor einer problematischen Ausweitung der Suizidhilfe möchten die Verfasser durch »eine in klaren Grenzen restriktive und verantwortliche Öffnung« begegnen. Professionelle und regelhafte Suizidhilfe sei im Übrigen nicht mit Regelmäßigkeit zu verwechseln. Man teile die Überzeugung, dass gerade kirchliche Einrichtungen dem Lebensschutz verpflichtet seien, gibt aber zu bedenken, dass »diese symbolische Funktion« möglicherweise zu­rücktreten müsse, wenn die Aufgabe darin bestehe, einzelne Menschen in Grenzsituationen zu begleiten. »Die Zuwendung zum konkreten Einzelfall sollte in unseren Augen Vorrang haben vor Interessen der Institution«. Der Forderung, der assistierte Suizid dürfe niemals ein Regelangebot der Diakonie und nur in Grenzfällen zulässig sein, ist offenbar nach Ansicht der Autoren Genüge getan, wenn sichergestellt wird, dass die Initiative zum assistierten Suizid niemals von der diakonischen Einrichtung selbst ausgeht. Das versteht sich nun freilich von selbst, könnte man darin doch den Tatbestand der Verleitung zum Suizid sehen, durch welche die Freiwilligkeit der Entscheidung des Suizidenten in Frage gestellt wäre.

Den Sterbewunsch eines Menschen zu akzeptieren, der an ihm auch nach eingehender Beratung und trotz seelsorglicher Begleitung festhält, könne »ein Akt christlicher Barmherzigkeit sein […] – und zwar auch dann, wenn man die Situation anders einschätzt«. Dagegen halten sie es für »fragwürdig, Menschen, die ein extremes Leid durchleben oder bei manchen Erkrankungen trotz palliativer Möglichkeiten einen schlimmen Tod fürchten müssen, prinzipiell eine Hilfe vorzuenthalten, die sich darauf bezieht, ein subjektiv nicht mehr erträgliches und ohnehin zu Ende gehendes Leben zu verkürzen«. Wenn man aber an diesen Punkt gelangt, halten es die Verfasser für angebracht, Suizidhilfe nicht nur in der eigenen Institution, sondern auch durch eigenes Personal zu leisten. Abgesehen davon, dass Sterbewillige andernfalls darauf angewiesen wären, ihren letzten Weg mit Hilfe anderer, ihnen möglicherweise fremder Personen zu gehen, stelle »sich die Frage, ob eine Sterbehilfeorganisation im Hinblick auf die Werthaltung mit der diakonischen, medizinischen und seelsorglichen Begleitung vergleichbar ist«. Man wolle diese zwar nicht diskreditieren, doch hätte »eine Sterbehilfeorganisation eine gewisse Eigendynamik und Programmatik, die es eher unwahrscheinlich macht, dass eine sterbewillige Person im letzten Moment noch den Mut findet, sich gegen den finalen Schritt zu entscheiden.«

Auch in seiner modifizierten Form ist der von Anselm, Karle und Lilie gemachte Vorschlag für diakonieeigene Formen der Suizidhilfe fragwürdig. Das Bundesverfassungsgericht bindet das Recht auf Suizid und Suizidhilfe in keiner Weise an Krankheitszustände, schon gar nicht an das Vorliegen einer unheilbaren und zum Tode führenden Erkrankung. Mit welchem Recht wollen diakonische Einrichtungen, sofern sie sich nicht aus grundsätzlichen Erwägungen der Suizidhilfe verschließen, Menschen, die von ihnen betreut werden, also zum Beispiel Bewohner einer Alten- oder Pflegeeinrichtung ihren Wunsch nach einem assistierten Suizid nicht erfüllen, wenn sie einfach keine Lust mehr zu leben haben, wenn sie also nicht an einer Krankheit, sondern an ihrem Leben leiden oder sich im biblischen Sinne alt und lebenssatt fühlen? Irgendwelche Gründe, warum auch in diesem Fall Suizidhilfe einschließ lich seelsorglicher Begleitung »ein Akt der Barmherzigkeit« ist, werden sich wohl schon finden. Die Autoren geraten mit dem Barmherzigkeitsbegriff in das Fahrwasser einer auf der Theorieebene unzureichenden Mitleidsethik. Ihre Beteuerung, assistierter Suizid dürfe nicht zum Normalfall werden, soll offenbar nur der kirchenpolitischen Beruhigung in der emotional aufgeladenen De­batte dienen.

Fragwürdig sind aber auch die gegen Sterbehilfeorganisationen erhobenen Einwände. Es mag ja sein, dass auch in Zukunft eine grundsätzlich positive Sicht des Suizids als »Freitod«, wie sie Sterbehilfeorganisationen propagieren, in der Diakonie nicht die Regel ist. Es gibt aber z. B. in der Schweiz genügend Christen und Theologen, die nicht nur Mitglieder solcher Vereine sind, sondern sogar zu ihren Gründungsmitgliedern zählen und die Möglichkeit, sein Leben ak­tiv zu beenden, aus theologischen Gründen gutheißen. So argu-mentiert beispielsweise der Schweizer evangelische Theologe Heinz Rüegger, Gott habe dem Menschen grundsätzlich das Leben in die eigene Verantwortung übertragen und interessiere sich letztlich nicht dafür, ob ein Mensch aufgrund des Umstandes sterbe, dass seine biologischen Systeme versagen, oder ob er seinem Leben freiver antwortlich selbst ein Ende setze. Die Vorstellung eines von uns Rechenschaft fordernden Gottes, der uns nicht nur das Leben gebe, sondern dem auch der Zeitpunkt unseres Lebensendes zu überlassen sei, sei dagegen eine völlig überholte Vorstellung.12

Abgesehen davon leuchtet nicht ein, weshalb nur in Sterbehilfeorganisationen »eine gewisse Eigendynamik« walten soll und nicht auch in diakonischen Einrichtungen, wenn erst einmal eine professionalisierte Praxis einschließlich der als »erweiterte Kasualpraxis« bezeichneten Begleitung auch von Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung Einzug gehalten hat. Dass Regelhaftigkeit und Regelmäßigkeit zu unterscheiden ist, mag grundsätzlich zutreffen. Bei mehr als 1.000 assistierten Suiziden in der Schweiz, die sich die Autoren zum Vorbild nehmen, wird man allerdings kaum noch von Grenzfällen und tragischen Dilemmata sprechen können. Es handelt sich vielmehr um eine gesellschaftlich und kirchlich breit akzeptierte Praxis. Das wissen auch die drei Autoren und zeigen sich von den reformierten Kirchen in der Schweiz beeindruckt, die »zeigen, wie selbstverständlich [!] Seelsorgende Suizidwillige« im Sinne einer »kritisch-solidarische[n] Seelsorge« »begleiten und ihnen beistehen können«. Während übrigens die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn in ihrem Positionspapier den assistierten Suizid immer nur als Grenzfall für möglich halten,13 dann aber von ihren Pfarrerinnen und Pfarrern »bedingungslose Solidarität«14 in der seelsorglichen Be­gleitung von Sterbewilligen erwarten – und für den Fall, dass sich jemand dazu aus Gewissensgründen nicht in der Lage sieht, für eine Vertretung zu sorgen haben –, plädiert Rüegger unumwunden dafür, dass selbstbestimmtes Sterben normal wird und der Suizid dabei gleichrangig eine Option neben anderen ist.

In theologisch-ethischer Hinsicht argumentieren Anselm, Karle und Lilie widersprüchlicher als Rüegger, dessen Position man zwar theologisch kritisieren kann, der aber eine innere Konsequenz nicht abzusprechen ist. Sie vertreten die Ansicht, das Leben sei eine von Gott anvertraute Gabe, lassen dann aber im Unklaren, was das ethisch für das Selbstverhältnis, das Verhältnis zu anderen und für das Gottesverhältnis und Gottesverständnis grundsätzlich bedeuten soll. Auch wenn man der These zustimmen kann, dass es nach christlichem Verständnis ein uneingeschränktes Recht, aber keine Pflicht zum Leben gibt, bleibt doch zu fragen, ob sich der »christlich gebotene Schutz des Lebens« in erster Linie nur auf den An-deren, oder auch auf das Individuum in seinem Selbstverhältnis erstreckt. Die Verfasser kritisieren, dass bei Gegnern ihrer Position möglicherweise »noch die moralische Missbilligung des Suizids als einer Handlung« mitspielt, »die an sich und nicht etwa wegen möglicher negativer Auswirkungen auf andere sittlich böse ist«. Heißt das nun aber, dass der Suizid nur dann ein moralisches Problem ist, wenn möglicherweise Dritte von ihm mitbetroffen sein können? Wenn dem aber so ist, weshalb sollte es dann nicht mit dem christlichen Glauben grundsätzlich vereinbar sein, sich auch aus ganz anderen Gründen als schwerer Krankheit und für unerträglich gehaltenem Leiden das Leben zu nehmen?

Von »Sünde« möchten die Autoren höchstens in Anführungszeichen sprechen – »ein Suizid, der als Machtdemonstration angelegt ist und die Angehörigen vor den Kopf stoßen und verletzen will, kann so interpretiert werden«.

Dass sich der Sündenbegriff doch auch und zuerst auf das Gottesverhältnis bezieht, scheint nicht ausreichend im Blick zu sein. Allerdings haben die Autoren recht, dass ein (assistierter) Suizid »nicht zwangsläufig als gegen Gott gerichtet zu deuten« ist. Ob ein Suizid »auch Ausdruck eines spirituellen Einverständnisses, der Akzeptanz des Todes und der Endlichkeit sein« kann, bedürfte einer eigenen Diskussion. Jochen Klepper, den die Autoren als Beispiel anführen, sah für sich, seine Frau und ihre Tochter keinen anderen Ausweg, als ihre Deportation bevorstand. Er sprach freilich von »Selbstmord«, von »dreifache[m] Mord, Ungehorsam gegen Gott, Preisgabe der Geduld, Flucht aus der Führung Gottes … Aber er ist nicht die unvergebbare Sünde gegen den Heiligen Geist.«15

Das auf Augustin zurückgehende Argument, durch seinen Suizid nehme ein Mensch Gottes Urteil über das eigene Leben vorweg, mag man in seiner Pauschalität theologisch kritisieren.16 Weshalb es aber prinzipiell »den Szenarien […], die derzeit im Angesicht der Hochleistungsmedizin thematisiert werden«, nicht standhält, wird nicht begründet. Tatsächlich gehört doch eine positive Grundeinstellung zum Suizid als Ausdruck menschlicher Autonomie und Würde zum Erbe der Stoa – »exitus patet« –, die ebenso wenig wie Augustin etwas von der modernen Hochleistungsmedizin unserer Tage wusste. Wenn es um medizinisch kaum wirksam behandelbare Leidenszustände und die Angst vor ihnen geht, hatten vergangene Generationen doch wohl weit eher als wir Heutigen Grund, im Suizid einen Ausweg zu suchen.

Wenn es die Autoren in bestimmten Fällen für einen Akt der Barmherzigkeit halten, Menschen, die »trotz palliativer Möglichkeiten einen schlimmen Tod fürchten müssen«, Suizidhilfe zu leisten, weshalb soll dann nicht auch die Tötung auf Verlangen moralisch und christlich vertretbar sein? Auch sie wird doch von ihren Befürwortern als »Hilfe« verstanden, »die sich darauf bezieht, ein subjektiv nicht mehr erträgliches und ohnehin zu Ende gehendes Leben zu verkürzen«. Die Autoren schreiben: »Menschen müssen aus christlicher Sicht keine Helden sein.« Es gehört aber doch auch einiger Mut dazu, Hand an sich zu legen, und gewiss gibt es Menschen, die es lieber einem anderen, z. B. einen dazu bereiten Arzt, überlassen möchten, ihnen ein tödliches Mittel zu verabreichen, a ls diesen Schritt selbst zu setzen. Zugegebenermaßen macht es einen Unterschied, ob die Tatherrschaft beim Suizidenten verbleibt oder an einen anderen übergeht, aber wenn man schon von Akten der Barmherzigkeit und verweigerter Hilfe spricht, ist doch nicht einzusehen, weshalb dann nicht auch die Tötung auf Verlangen »in gut begründeten Einzelfällen«, um mit den Autoren zu sprechen, eine sittlich vertretbare Möglichkeit sein soll. Und schließlich ist der Bereich der Behindertenhilfe in den Blick zu nehmen. Dauerhafte körperliche oder geistige Beeinträchtigungen sind von Krankheit zu unterscheiden. Es erstaunt, dass dieser doch so wichtige Arbeitsbereich der Diakonie von Anselm, Karle und Lilie nicht angesprochen wird.

Denen, die Suizidhilfe in diakonischen Einrichtungen durch eigene Mitarbeiter ablehnen, wird entgegengehalten, dies bedeute, dass man einen Menschen, der in einer Einrichtung lebt und sich dort suizidieren will, »in einer sehr schwierigen Situation alleinließe. Gerade dann, wenn er es am nötigsten hätte, würde der Suizidwillige nicht mehr seelsorglich begleitet. Die vertrauten und über Jahre gewachsenen Beziehungen brächen ab. Der oder die Suizidwillige begäbe sich für die letzten Lebenstage in die Hände von Personen, die er oder sie nicht kennt.« Das trifft dann freilich auch auf Suizidwillige zu, die nicht unter die restriktiven Indikationen der drei Autoren fallen. Hat man sich dann die vorgeschlagene Praxis so vorzustellen, dass nach eingehenden Beratungsgesprächen mit allen Beteiligten eine Entscheidung der Einrichtung getroffen wird, ob Suizidhilfe durch das eigene Personal geleistet werden kann oder nicht? Und wird im Fall der Ablehnung auf die Möglichkeit verwiesen, Suizidhilfe von externen Personen – z. B. einer Sterbehilfeorganisation – zu erbitten? Oder bleibt die Ablehnung doch nur eine abstrakte Behauptung, um Kritiker in der laufenden Debatte zu besänftigen? Was ist, wenn ein hauseigener Seelsorger oder eine Seelsorgerin zur Suizidbegleitung nicht bereit ist? Hat er oder sie dann nach Schweizer Vorbild für Ersatz zu sorgen? Oder wird bei der Rekrutierung von Personal in diakonischen Einrich tungen darauf geachtet, dass künftig nur solche Personen angestellt werden, die grundsätzlich zur Suizidhilfe und zu seelsorglichen Begleitung bereit sind? Dann kann freilich von Grenzfällen keine Rede mehr sein, sondern es entsteht eine neue, sich verfestigende Praxis, eine neue Normalität.

III Selbstbestimmung, Menschenwürde und Lebensschutz


Auch wenn die Kirchen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht ignorieren können, räumen Anselm, Karle und Lilie doch ein, dass manche Passagen aus kirchlicher Sicht möglicherweise »kritik- oder zumindest diskussionswürdig« sind. Dazu zählt nun al­lerdings die weitreichende und in dieser Form durchaus neuartige Auslegung der Menschenwürde, die das Gericht in seinem Urteil vom Februar 2020 vorgenommen hat.

Die verfassungsrechtliche Frage, ob Menschenwürde und allgemeines Persönlichkeitsrecht zwingend nur in der Weise auszulegen sind, wie es das Bundesverfassungsgericht getan hat, wird unterschiedlich beantwortet. Art. 2 GG, mit dem das Gericht sein Urteil begründet, lautet: »Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.« In einer pluralistischen Gesellschaft lässt sich über die Exis-tenz eines universalgültigen Sittengesetzes und seinen Inhalt kaum noch ein Konsens erzielen. Man kann das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Dokument dieser Problematik lesen.

Bei genauer Lektüre zeigt sich, dass das Gericht ein Verständnis menschlicher Autonomie vertritt, das mit einem christlichen Verständnis von Menschenwürde als Ausdruck der Gottebenbildlichkeit und dem Verständnis des Lebens als Gabe Gottes, die es vom ersten Moment bis zum letzten Atemzug zu achten und zu schützen gilt, nicht deckungsgleich ist.17 Auch geht es mit seiner Auslegung des Selbstbestimmungsrechtes, das Recht auf Selbsttötung und die Freiheit zur Inanspruchnahme von Suizidbeihilfe bestehe »in jeder Phase menschlicher Existenz«, über die Entscheidung an­derer Länder zur Liberalisierung der Sterbehilfe weit hinaus.

In der ethischen und juristischen Diskussion steht außer Frage, dass Menschenwürde und Selbstbestimmung bzw. Autonomie aufs Engste miteinander zusammenhängen. Strittig ist allerdings, ob Autonomie den inneren Kern der Menschenwürde ausmacht, so dass Menschenwürde und Autonomie geradezu synonym sind. Der Verlust der Autonomie kann in diesem Fall als Verlust der Menschenwürde gedeutet werden, was für die Frage, ob und unter welchen Umständen das Leben eines Menschen – z. B. im irreversiblen Wachkoma – beendet werden darf.

Autonomie lässt sich als wesentlicher Ausdruck der Menschenwürde interpretieren, ist mit ihr aber nicht deckungsgleich. Die biblische Tradition spricht an dieser Stelle von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, die sich nicht auf seine Moralfähigkeit reduzieren lässt, so gewiss der Mensch seinem Wesen nach zu einem selbstbestimmten und bewussten Leben bestimmt ist.

Mit der Gottebenbildlichkeit begründet die Bibel das Verbot, einen Menschen zu töten (vgl. Gen 9,6). Zwar ist an dieser Stelle nicht von der Möglichkeit der Selbsttötung die Rede, sondern an die Tötung eines Anderen gedacht. Aber es stellt sich doch die Frage, ob es dem Menschen nach biblischem Verständnis nicht geboten ist, die Gottebenbildlichkeit nicht nur des anderen, sondern auch die eigene Gottebenbildlichkeit dadurch zu achten, dass die Selbsttötung ebenso wie die Fremdtötung grundsätzlich abzulehnen ist, was die Möglichkeit ethischer Grenzfälle nicht ausschließt.

Unser Personsein ist mit unserer leiblichen Existenz gegeben. Auch Menschen im sogenannten Wachkoma, auch Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder mit einer fortgeschrittenen Demenz sind ebenso wie ungeborene Kinder Personen, weil auch sie dazu bestimmt sind, dass wir mit ihnen in einer von Liebe getragenen personalen Beziehung stehen und sie als Personen in unsere menschliche Kommunikationsgemeinschaft einbeziehen. Paulus deutet die Gottebenbildlichkeit in 2Kor 4,4 christologisch: Der gekreuzigte und auferstandene Christus ist das wahre Ebenbild Gottes. Auf dem Antlitz des Gekreuzigten scheint die Herrlichkeit Gottes auf. Als Ebenbild Gottes ist jeder Mensch ein Abbild der göttlichen Liebe, unabhängig von seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung, seinen Leistungen, Stärken und Schwächen, seiner Gesundheit, Krankheit oder Behinderung. Darin gründen die Würde und der Sinn unseres Daseins im Leben wie im Sterben und eine Hoffnung, die über den Tod hinausreicht.

Weil der Mensch ein Beziehungswesen ist, bedeutet selbstbestimmtes Leben verantwortungsvoll zu leben. Die Verantwortung, die wir für uns selbst tragen, besteht nicht nur allein uns selbst gegenüber. Wir tragen sie auch gegenüber den Menschen, zu denen wir in Beziehung stehen, und vor Gott, dem wir das Leben als Gabe und Aufgabe verdanken.

Das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende zu achten und zu stärken, ist aus medizinethischer Sicht, aber auch aus der Sicht christlicher Ethik gutzuheißen. Der Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen, Therapieverzicht und Therapieabbruch, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten sind grundsätzlich zu akzeptieren. Auch die Möglichkeit des freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit ist in Betracht zu ziehen. Die Achtung und Stärkung des Selbstbestimmungsrechtes von Patienten entspricht insoweit auch christlichen Grundsätzen, als es wohl ein uneingeschränktes Recht auf Leben, aber keine Pflicht zum Leben gibt, aus der das Recht des Staates abzuleiten wäre, einen Menschen gegen seinen ausdrücklichen Willen zum Weiterleben zu zwingen. Autonomie und Gewissensfreiheit sind auch aus christlicher Sicht ein hohes Gut. Religiös gesprochen ist jeder Mensch allein vor Gott für sein Leben verantwortlich. Wohl gilt der Grundsatz: »Im Zweifel für das Leben«, aber der Lebensschutz schließt im Grundsatz den Schutz einer selbstbestimmten Lebensführung ein.

Die Achtung der Selbstbestimmung eines Patienten steht nicht notwendigerweise im Gegensatz zur Fürsorge. Sie ist vielmehr als Element der Fürsorge zu verstehen. Allerdings kann die auch von Anselm, Karle und Lilie geäußerte Furcht vor paternalistischer Bevormundung in die Verweigerung von gebotener Zuwendung und Fürsorge umschlagen. Zur Fürsorge im christlichen Sinne gehört die grundsätzliche Verantwortung, unseres Bruders und unserer Schwester Hüter zu sein (vgl. Gen 4,9).

Die einseitige Betonung des Selbstbestimmungsrechts, ganz unabhängig davon, ob jemand schwerkrank oder nur seines Lebens überdrüssig ist, birgt jedoch Gefahren für den Lebensschutz. Zwar ist gegenüber Dammbruchargumenten Vorsicht geboten. Die Entwicklung in den Beneluxstaaten zeigt aber, dass die Erweiterung des Angebotes die Nachfrage steigert. Daher steht zu befürchten, dass sich der Rechtfertigungsdruck für Patienten und pflegebedürftige Menschen erhöht, welche von erweiterten Möglichkeiten der Suizidbeihilfe keinen Gebrauch machen wollen. In Anbetracht steigender Kosten im Gesundheitswesen und in der Pflege wäre eine solche Entwicklung verhängnisvoll.

IV Der Suizid in der

theologisch-ethischen Diskussion


Zu Recht fordern Anselm, Karle und Lilie von Kirche und Diakonie, in der Frage des Suizids »jede Form der Belehrung und jede Attitüde moralischer Überlegenheit« zu vermeiden. Das entbindet sie jedoch nicht von der Aufgabe, für ihre Sicht des Lebens und des Umgangs mit dem Lebensende öffentlich wie auch gegenüber Einzelnen einzutreten – vorausgesetzt, dass in diesen Fragen in Kirche und Diakonie noch ein Konsens besteht.

Die theologische Diskussion kann sich nicht allein auf das An­liegen des Lebensschutzes beschränken, sondern muss sich auch mit unterschiedlichen Positionen zur generellen ethischen Bewertung des Suizids in Geschichte und Gegenwart des Christentums auseinandersetzen. Man wird dabei Fragen einer normativen Ethik nicht ausweichen können. In der Geschichte des Christentums finden sich drei Argumentationstypen.18 Der erste argumentiert, der Suizid verstoße gegen das 5. bzw. 6. Gebot: »Du sollst nicht töten«. Neben Augustin ist für die Position auch Immanuel Kant zu nennen. Dem steht die Position gegenüber, wonach der Suizid grundsätzlich ein Menschenrecht ist. In der Neuzeit finden wir diese bereits aus der Stoa bekannte Auffassung bei John Donne, David Hume und Jean-Jacques Rousseau. Sie wird auch von den protestantischen Theologen Friedrich-Wilhelm Graf19 und Michael Frieß20 vertreten. Eine dritte, von mir selbst geteilte Auffassung lautet, dass der Suizid weder zu den absolut verbotenen noch zu den schlechthin erlaubten Handlungen zählt, sondern als ethischer Grenzfall zu betrachten ist.

Eine christliche Ethik hat sich maßgeblich am biblischen Zeugnis zu orientieren, auch wenn biblische Aussagen und Weisungen nicht umstandslos mit Gottes Gebot gleichzusetzen sind. Die Bezugnahme jeder Ethik auf das biblische Zeugnis erfordert eine solide Bibelhermeneutik. Das gilt auch im Fall der biblischen Aussagen, die für die Suizidproblematik relevant sind oder sein könnten. Die in der christlich-theologischen Tradition lange Zeit vorherrschende Auffassung, der Suizid sei in jedem Fall eine in sich schlechte Handlung und als schwere Sünde zu verwerfen, kann jedenfalls aus dem biblischen Gesamtzeugnis nicht hinreichend begründet werden.

Tatsächlich urteilt die Bibel nicht einhellig. Das Tötungsverbot des Dekalogs lässt sich nicht ohne Weiteres auf den Suizid beziehen, weil es sinngemäß nur das Töten eines Anderen in den Blick nimmt, wobei dem ursprünglichen Sinne nach weder das Töten im Krieg noch der Vollzug der Todesstrafe ausgeschlossen ist. Narrative Texte im Alten und Neuen Testament ergeben ein widersprüchliches Bild. Einerseits finden sich negative Beispiele wie dasjenige Sauls (1Sam 31,3–6) oder die Erzählungen von Ahitophel (2Sam 17,23) und Judas, der Jesus verriet und sich nach der Überlieferung in Mt 27,1–10 erhängte. Andererseits wird die Selbsttötung Simsons, der seine Feinde gleich mit in den Tod reißt, verherrlicht (Ri 16,21–31; vgl. Hebr 11,32).

Wenn es Fälle der Selbsttötung geben kann, in denen sich ein moralisches und erst recht ein theologisches Urteil verbietet, so gilt dies entsprechend auch für Fälle der Suizidbeihilfe. Es kann Situationen geben, in denen ein Mensch – auch wenn er sein Gewissen vor Gott prüft – für sich keinen anderen Weg sieht, als einem anderen Menschen bei der Selbsttötung zu helfen oder zur Seite zu stehen. Das kann im Einzelfall auch als eine Aufgabe der seelsorglichen Begleitung gesehen werden. Solche Fälle können als Grenzfälle vorkommen, als tragische Situation oder als ethisches Dilemma, in dem sich die Betroffenen vor die unmögliche Wahl einer tragic choice gestellt sehen. Es entspricht der grundlegenden evangelischen Sichtweise von Sünde, Glaube und Rechtfertigung, von Freiheit, Liebe und Verantwortung vor Gott und den Menschen sowie den Grenzen der Ethik und des Ethischen, wenn eine solche Handlungsweise im konkreten Einzelfall dem göttlichen Urteil überlassen bleibt. Keinesfalls darf aber daraus gefolgert werden, dass der Einsatz für das Leben und die Entscheidung für den Tod aus christlicher Sicht gleichrangige Optionen sind.

Sodann ist zu unterscheiden, ob die Entscheidung für den Suizid oder die Suizidbeihilfe in einer schwerwiegenden Leidenssituation getroffen wird, etwa nachdem ein unheilbar erkrankter Mensch nach einem langen und schweren Leidensweg für sich keinen anderen Weg mehr sieht, oder ob die Entscheidung für den Suizid schon getroffen wird, bevor eine derartige Konfliktsituation überhaupt eingetreten ist. Grenzfälle können nicht vorweggenommen werden, und sie bleiben auch darin Grenzfälle, dass sich aus ihnen keine verallgemeinerbare Regel ableiten lässt, die als ethische oder als Rechtsnorm kodifiziert wird.

Eine hypothetische Festlegung nach dem Muster: Sollte ich einmal an dieser oder jener unheilbaren und fortschreitenden Krankheit erkranken, werde ich mir in jedem Fall das Leben nehmen und sicherstellen, dass mir dabei jemand hilft, halte ich daher für ethisch fragwürdig. Es besteht auch ein ethisch relevanter Unterschied zwischen der individuellen Entscheidung für den Suizid oder die Suizidbeihilfe in einer konkreten Konfliktlage und der grundsätzlichen Befürwortung des Suizids und der Beihilfe zur Selbsttötung.

V Seelsorge am Suizidwilligen


Auch wenn jede Haltung moralischer Überlegenheit oder der Belehrung in der Seelsorge unangebracht ist, kann christliche Seelsorge doch niemals ethisch neutral sein. Vom Evangelium der bedingungslosen Annahme des sündigen Menschen her ist zwar Zu­rückhaltung zu üben, wenn es darum geht, über die moralischen Überzeugungen anderer und ihre ethisch begründeten Entscheidungen mit Zurückhaltung zu urteilen. Die grundsätzlich zutreffende Bemerkung des evangelischen Ethikers Trutz Rendtorff, Ethik sei kein Bescheidwissen, sondern Begleitwissen,21 wie das berechtigte Anliegen, Ethik im Sinne einer deskriptiv-hermeneutischen Theorie der Moral prozesshaft und als Form der Personen zugewandten Beratung zu verstehen, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in seelsorglicher Kommunikation auch Fragen normativer Ethik aufbrechen können.22

Aus Sicht des österreichischen Verfassungsgerichtshofs macht es rechtlich keinen Unterschied, ob jemand durch eine Patientenverfügung lebenserhaltende Maßnahmen verweigert, ein Palliativmediziner im Rahmen der Schmerztherapie Lebensverkürzung in Kauf nimmt, oder ob jemand mit Hilfe eines Anderen freiwillig aus dem Leben scheidet. Aus ethischer Sicht macht es jedoch sehr wohl einen Unterschied, ob jemand selbstbestimmt verfügt, dass man ihn sterben lässt, oder ob er sich mit Hilfe eines Anderen das Leben nehmen will, sofern man der Unterscheidung zwischen Tun und Lassen eine moralische Relevanz beimisst. Auch im Umgang mit Sterbewünschen gilt es zu unterscheiden. Psychologisch, aber auch moralisch macht es auch einen Unterschied, ob ein Mensch sagt: »Ich will so nicht mehr leben«, oder: »Ich will nicht mehr leben«. Es ist nicht dasselbe, ob ein Mensch den Wunsch äußert: »Ich will nicht mehr leben, ich will sterben«, oder ob er den Vorsatz fasst: »Ich will meinem Leben ein Ende setzen, ich will mich töten«. Und schließlich macht es moralisch einen erheblichen Unterschied, ob jemand zu einem anderen, beispielsweise seinem behandelnden Arzt sagt: »Lass mich sterben«, oder ob er ihn bittet: »Hilf mir, mein Leben selbst zu beenden«. Hilfe beim oder im Sterben ist eben nicht das Gleiche wie Hilfe zum Sterben, und dieser Unterschied sollte auch in der Seelsorge nicht verwischt werden.

Das Prinzip bedingungsloser Solidarität in der Seelsorge, das nach Ansicht des 2018 vom Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn veröffentlichen Positionspapiers zu pastoralen Fragen rund um den assistierten Suizid gelten soll,23 ist meines Erachtens zumindest missverständlich, wenn nicht proble-matisch. Nach meinem Verständnis hat Seelsorge als christliche Hilfe zur Lebensgestaltung24 einen zweifachen Auftrag: Sie ist Handeln im Auftrag der Kirche, und sie hat den Auftrag, das Evangelium zu bezeugen, dem sie verpflichtet ist. Sie hat sich demjenigen, der Seelsorge wünscht, vorbehaltlos zuzuwenden, bleibt aber sein Gegenüber. Zuwendung und Solidarität bedeuten nicht, sich immer und vorbehaltlos den Standpunkt des Anderen zu eigen machen.

Nun gehört es sehr wohl zu den Aufgaben von Diakonie und Seelsorge, Medizin und Pflege, Sterbewünsche von Patienten und Be­wohnern wahrzunehmen und darüber mit den Betroffenen in ein vertrauensvolles Gespräch zu kommen, statt sie mit ihren Wünschen und Gedanken alleinzulassen oder diese unterschiedslos zu pathologisieren. Dazu braucht es in den Einrichtungen Instrumente der strukturierten, prozessorientierten Ethikberatung.

In diesem Zusammenhang sei ein Wort Dietrich Bonhoeffers in Erinnerung gerufen: »Wer nicht mehr leben kann, dem hilft auch der Befehl, dass er leben soll, nicht weiter, sondern allein ein neuer Geist.«25 Aus christlicher Sicht ist niemand zum Leben oder Weiterleben zu zwingen, wohl aber zum Leben zu ermutigen.

Es gilt, geäußerte Sterbewünsche und Suizidabsichten ernst zu nehmen. Sie dürfen aber auch nicht unbedacht als Ausdruck eines autonomen Willens und einer wohlüberlegten freien Entscheidung genommen werden, sondern können auch zu einem Krankheitsbild gehören oder ein Hilferuf und ein Symptom für tieferliegende Probleme sein, auf die eine andere Antwort als die Umsetzung des Suizidwunsches in die Tat gegeben werden muss. Menschen mit suizidaler Absicht können krankheitsbedingt phasenweise in ihrer Willens- und Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sein. Deshalb sind vorbeugende Schutzkonzepte unerlässlich.

Seelsorge schließt die am biblischen Zeugnis ausgerichtete kritische Stellungnahme zu dem ein, was Menschen sagen oder zu tun und zu lassen gedenken. Seelsorgliche Zuwendung bedeutet nicht völlige Identifikation. Andernfalls bliebe man es dem Gegenüber schuldig, Alternativen aufzuzeigen und neue Wege zu öffnen. Das Gespräch kann auch an einen Punkt kommen, wo der Seelsorger oder die Seelsorgerin zu der Auffassung gelangt, sich aus Gewissensgründen der Bitte nach Begleitung beim Suizid nicht entziehen zu können. Es kann auch die Situation eintreten, dass die Seelsorgerin oder der Seelsorge aus Gewissensgründen meint, sich dem an ihn gerichteten Ansinnen verweigern zu müssen. Deshalb er­scheint mir der Begriff der kritischen Solidarität, den Isolde Karle in die aktuelle Diskussion zum assistierten Suizid eingeführt hat,26 besser geeignet als derjenige der bedingungslosen Solidarität. Das ist für Karle, Anselm und Lilie jedoch kein Anlass, sich mit dem Modell der Schweizer reformierten Kirchen kritisch auseinanderzusetzen. Sie nehmen es sich im Gegenteil zum Vorbild.

Für den seelsorglichen Umgang mit Sterbewünschen kann die Erinnerung hilfreich sein, dass solche auch in der Bibel offen ausgesprochen und vor Gott gebracht werden, von den Propheten Elia (1Kön 19,4) und Jeremia, der den Tag seiner Geburt verflucht (Jer 20,14–18), über Hiob bis zu Paulus, der sich den Tod wünscht, um bei Christus zu sein (Phil 1,23). Der menschlich verständliche Wunsch zu sterben wird nicht verurteilt, aber auch nicht suizidal in die Tat umgesetzt. Vielmehr erzählt die biblische Tradition, wie den am Leben Verzweifelnden neue Kräfte geschenkt werden, auch durch Hilfe von außen.

VI Organisations- und trägerethische Fragen


All die angesprochenen Fragen sind nicht nur auf der individual- und der personalethischen Ebene, sondern auch professionsethisch, organisations- und trägerethisch zu diskutieren.27 Wenn diakonische Einrichtungen Vorbehalte gegenüber der Möglichkeit des assistierten Suizids äußern, geht es doch keineswegs bloß um eine »symbolische Funktion« des Lebensschutzes für die diakonische Identität und die Interessen der Institution, die hinter der Zuwendung zum konkreten Einzelfall zurückzustehen hat, wie Anselm, Karle und Lilie argumentieren. Es geht vielmehr konkret um den Schutz Dritter, von Patienten, Bewohnern ebenso wie von Mitarbeitern.

Anselm, Karle und Lilie sehen eine Aufgabe der Diakonie darin, qualvolle Suizide zu verhindern.28 Es mag sein, dass ein unter ärztlicher Assistenz durch Einnahme von Barbituraten vollzogener Suizid, der ohne äußere Qualen verläuft, als gewaltarm empfunden wird. Für den Suizidwilligen und diejenigen, die ihn begleiten, mag das zutreffen. Es ist aber doch auch zu bedenken, welche Folgen die Etablierung einer professionalisierten Suizidassistenz für Mitbewohner einer Einrichtung, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch für die Angehörigen anderer Heimbewohnerinnen und -bewohner und somit für die gesamte Kultur des Hauses hat. Was löst es bei Bewohnern aus, wenn sie wissen, dass mit Hilfe des Personals regelhaft Suizide ausgeführt werden? Wie weit wird dadurch möglicherweise der Lebenswille der übrigen Bewohner geschwächt und somit die Suizidprävention in der Einrichtung konterkariert? Ist nicht auch das eine Form von Gewalt?

Nicht nur wird das Vertrauensverhältnis zu einer Pflegeperson möglicherweise tiefgreifend belastet, wenn diese Person im Nachbarzimmer das tödliche Medikament reicht. Auch die Seelsorge, die eine Suizidhandlung begleitet, kann an Vertrauen bei anderen Bewohnern einbüßen, so dass letztlich die Möglichkeit beeinträchtigt wird, von einem konsequenten Eintreten für den Schutz des Lebens aus den Lebenswunsch Suizidwilliger zu unterstützen.

Organisierte Suizidhilfe einschließlich einer professionalisierten seelsorglichen Begleitung macht aus möglichen Grenzfällen ein regelhaftes, institutionalisiertes Handeln. Das widerspricht je­ner ethischen Position, die im vorliegenden Beitrag eingenommen wird. Es besteht zudem die Gefahr, dass die Legalisierung – und das heißt auch Reglementierung – organisierter Suizidhilfe Auswirkungen auf die gesellschaftliche Einstellung zu Sterben und Tod hat, die wiederum Rückwirkungen auf den Einzelfall haben, in denen ein schwerkranker Patient und seine Angehörigen vor der drängenden Frage stehen, wie sie die Situation ertragen können und welche Hilfe es für sie gibt.

Auch wenn es diakonische Einrichtungen weiterhin ablehnen sollten, durch eigene Mitarbeiter Suizidhilfe zu leisten, werden sie aufgrund des Verfassungsgerichtsurteils zumindest Suizidhilfe durch Dritte zulassen müssen. Hierbei ist wohl, was das Hausrecht und Aktivitäten Dritter betrifft, zwischen Krankenhäusern, Hos-pizen und Pflegeeinrichtungen zu unterscheiden. Ob oder in welchen Fällen kraft Hausrecht oder durch Heimverträge Suizidhelfern der Zutritt verweigert werden darf, ist eine hier nicht zu beantwortende rechtliche Frage. Im Unterschied zu Krankenhäusern sind stationäre Pflegeeinrichtungen der dauerhafte Wohnort für ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Bewohnerverträge, die es Bewohnerinnen und Bewohnern untersagen, Suizidhelfer zu sich zu lassen, stellen möglicherweise einen unzulässigen Eingriff in Grundrechte dar. Sollte dies der Fall sein, wäre die Möglichkeit verfassungskonformer Weisen der Duldung von Suizidbeihilfe Dritter in kirchlich-diakonischen Häusern zu prüfen, die sich nicht als Billigung missverstehen lassen.

Der Heidelberger Altersforscher Andreas Kruse macht auf den Zusammenhang zwischen möglichem Suizidwunsch und Einsamkeit aufmerksam. »Die Entscheidung, aus dem Leben zu gehen, bildet nicht selten auch das Ergebnis von länger bestehender, unfreiwilliger Isolation und daraus hervorgehender Einsamkeit. Die Studienlage ist hier eindeutig: Im Falle lange bestehender Einsamkeit und Isolation nimmt die Lebensbindung des Menschen immer weiter ab, die Intensität der Suizidgedanken immer weiter zu.«29

Kruse sieht hier eine gesamtgesellschaftliche Problematik, weil sich Isolation und Vereinsamung nicht auf Probleme der individuellen Pathologie reduzieren lassen. Vereinzelung, soziale Ungleichheit, materielle Existenzrisiken nach Arbeitsverlust haben auch soziale Ursachen. Einsamkeit und Isolation können aber auch im Erleben von Schwerkranken an Gewicht gewinnen, zumal, wenn das Krankheitsbild in hohem Maße angstbesetzt ist, wie etwa bei einer progredienten Demenz.

Umso mehr ist auf den weiteren Ausbau der Palliativmedizin und -pflege als Teil der Regelversorgung in Gesundheitswesen zu dringen. Gefordert ist eine Kultur der Solidarität mit den Sterbenden. Sie schließt praktische Maßnahmen zur Beseitigung von personellen, räumlichen und strukturellen Engpässen in der Pflege sowie eine gesellschaftliche, aber auch finanzielle Aufwertung des Pflegeberufs ein. Gefordert ist eine Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse, aber auch der Medizin und der Pflege in Kliniken und Pflegeheimen, welche die Würde des Menschen im Leben wie im Sterben achtet.

Abstract


The ruling of the German Federal Constitutional Court on assisted suicide has triggered a heated debate in the church and social welfare organizations, in which university theologians from various disciplines are also participating. The controversy is coming to a head over the question of whether church-run institutions should in future allow and support assisted suicide under certain condi-tions, not only in principle but also through their own staff. The theological discussion cannot be limited to the concern for the protection of life and pastoral care, but must also deal with different positions on the general ethical evaluation of suicide in the history and present of Christianity. It is such questions of normative ethics that this article discusses. Biblical-theological aspects are analyzed as well as organizational and institutional ethical aspects.

Fussnoten:

1) Die folgenden Hinweise verdanke ich meinem Kollegen Univ.-Prof. Dr. Michael Memmer von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der mir freundlicherweise das Manuskript eines Vortrags zur Verfügung gestellt hat, den er am 22.4.2021 im Rahmen einer Online-Tagung des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien gehalten hat.
2) Vgl. Ernst Klee, »Euthanasie« im NS-Staat. Die »Vernichtung unwerten Lebens«, Frankfurt 22010; Götz Aly, Aktion T4: 1939–1945. Die »Euthanasie«-Zentrale in der Tiergartenstraße 4, Berlin 21989.
3) Vgl. Horst Dreier, Staat ohne Gott. Religion in der säkularen Moderne, München 2018, 188–214.
4) Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: ders., Recht, Staat, Freiheit. Studien zur Rechtsphilosophie, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte (stw 914), Frankfurt a. M. 1991, 92–114, hier 112 (im Orig. kursiv).
5) »Moral ist kein Maßstab für den Verfassungsgerichtshof«, Die Presse, 18.9.2020 (https://www.diepresse.com/5869482/grabenwarter-moral-ist-kein-massstab-fur-den-verfassungsgerichtshof).
6) Vgl. Uwe Volkmann, Gras im Wind?, FAZ, 6.4.2021, 6.
7) Volkmann, ebd.
8) Vgl. Matthias Zeindler, Vier Jahrzehnte Erfahrung. Die Kirchen und der assistierte Suizid in der Schweiz, https://zeitzeichen.net/node/8847, 17.2.2021 (letzter Zugriff: 19.5.2021). Siehe auch Christoph Morgenthaler/David Plüss/Matthias Zeindler, Assistierter Suizid und kirchliches Handeln. Fallbeispiele – Kommentare – Reflexionen, Zürich 2017.
9) Reiner Anselm/Isolde Karle/Ulrich Lilie, Den assistierten professionellen Suizid ermöglichen, FAZ, 11.2.2021, 6.
10) Reiner Anselm/Isolde Karle/Ulrich Lilie, Suizid: Vorbeugen und helfen, FAZ, 25.5.2021, 6.
11) Alle folgenden Zitate aus dem in Anm. 10 zitierten Artikel.
12) Vgl. Heinz Rüegger/Roland Kunz, Über selbstbestimmtes Sterben. Zwischen Freiheit, Verantwortung und Überforderung, Zürich 2020.
13) Solidarität bis zum Ende. Position des Synodalrats der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn zu pastoralen Fragen rund um den assistierten Suizid, 2018, 2.
14) Ebd., 5.
15) Jochen Klepper, Unter dem Schatten deiner Flügel – Aus den Tagebüchern der Jahre 1932–1942, hg. v. Hildegard Klepper, Stuttgart 1956, 969.
16) Günter Thomas wendet das augustinische Argument christologisch: Der Suizid sei ein »Fehlurteil«, weil er ein Nein zum Leben spreche, über das Gott in seiner aufrichtenden Barmherzigkeit in Christus sein Ja gesprochen habe. Vgl. Günter Thomas, Von der aufrichtenden Barmherzigkeit Gottes, in: FAZ, 28.2.2021, 6.
17) Vgl. auch Dietrich Korsch, Selbstwiderspruch der Selbstbestimmung, https://zeitzeichen.net/node/8191, April 2020 (letzter Zugriff: 12.6.2021); Elisabeth Gräb-Schmidt, Die Würde wahren. Warum evangelische Ethik Selbstbestimmung und Lebensschutz verbinden muss, zeitzeichen 3/2021, 36–37.
18) Vgl. Martin Honecker, Art. Suizid V. Ethisch, RGG4 VII, Tübingen 2004, 1855–1857.
19) Vgl. Friedrich-Wilhelm Graf, Apodiktische Ethik mit Lügen. Die deutschen Kirchen und der ärztlich assistierte Suizid 2015, Merkur 69, 2015, H. 792, 4–17.
20) Vgl. Michael Frieß, Sterbehilfe. Zur theologischen Akzeptanz von assistiertem Suizid und aktiver Sterbehilfe, Stuttgart 2010.
21) Vgl. Trutz Rendtorff. Ethik für die Wissenschaft – Begleitwissen oder Bescheidwissen?, in: Freiheit und Programm in Natur und Gesellschaft. Gaterslebener Begegnung 324/2001 (2002), 177–189.
22) Vgl. Ulrich H. J. Körtner, Ethik im Krankenhaus. Diakonie – Seelsorge – Medizin, Göttingen 2007, 99–144.
23) S. o. Anm. 13.
24) Vgl. Christoph Schneider-Harpprecht, Seelsorge – christliche Hilfe zur Lebensgestaltung: Aufsätze zur interdisziplinären Grundlegung praktischer Theologie, Münster 2012.
25) Dietrich Bonhoeffer, Ethik, hgg. v. Ilse Tödt u. a. (DBW 6), Gütersloh 21998, 196.
26) Zitiert nach https://www.domradio.de/themen/sch%C3%B6pfung/2021-02-09/nicht-zum-tabuthema-machen-theologin-sieht-grossen-konsens-zu-suizidbeihilfe-bei-protestanten (letzter Zugriff: 21.5.2021). Der Begriff stammt aus der Militär- und Polizeiseelsorge. Vgl. Isolde Karle, Praktische Theologie (LETh 7), Leipzig 22021, 451.
27) Zur Diskussion innerhalb der Diakonie in Deutschland vgl. Selbstbestimmung und Lebensschutz: Ambivalenzen im Umgang mit assistiertem Suizid Ein Diskussionspapier der Diakonie Deutschland, www.diakonie.de/ fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Diakonie-Texte_PDF/Selbstbestimmung_und_Lebensschutz_Ambivalenzen_im_Umgang_mit_assistiertem_Suizid_Diskussionspapier_Diakonie_2020.pdf (letzter Zugriff: 12.6.2021).
28) Anselm/Karle/Lilie, a. a. O. (Anm. 9), 6.
29) Andreas Kruse, Einfühlsame Störfragen, in: FAZ, 14.3.2021, 6.