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Ausgabe:

September/2021

Spalte:

811–812

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

[Levin, Christoph]

Titel/Untertitel:

Fortgeschriebenes Gotteswort. Studien zu Geschichte, Theologie und Auslegung des Alten Testament. Festschrift für Christoph Levin zum 70. Geburtstag. Hgg. v. R. Müller, U. Nõmmik u. J. Pakkala.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2020. X, 566 S. Lw. EUR 129,00. ISBN 9783161592621.

Rezensent:

B. E.

Die vorliegende Festschrift greift ein Kernthema des Jubilars Christoph Levin auf und beleuchtet dieses mit einer Fülle von Einzeluntersuchungen. Der Titel »Fortgeschriebenes Gotteswort« be­nennt das Phänomen, dass die alttestamentlichen Texte als Fortschreibungen und damit Ausdeutungen und Aktualisierungen von älteren Vorlagen entstanden sind. Eine wesentliche Motivation dieses Prozesses gründet in der Annahme, dass die überkommenen Überlieferungen zeitlose Wahrheiten enthalten, deren Sinn in je neuen Zeitumständen verdeutlicht und offengelegt werden muss. So werden Literatur- und Redaktionskritik zu methodischen Schritten, die theologische Denkbewegungen freilegen.
Die knapp 40 Beiträge, die unter diesem Motto hier versammelt wurden, sind nach der kanonischen Folge des Alten Testaments angeordnet; nur der Abschnitt »Schriften« wurde durch Beiträge zur deuterokanonischen Literatur ergänzt. Weitere Artikel beziehen sich schließlich auf übergreifende Themen aus dem Bereich der jüdischen und christlichen Rezeptionsgeschichte, der Ge­schichte des Buchdrucks (zu reformationszeitlichen Druckersigneten) sowie zur methodischen Problematik eines linguistic dating. Der Bezug zum Motto des Bandes »Fortschreibung« erfolgt auf sehr unterschiedliche Art und Weise, zum Teil auch nur implizit und recht allgemein, so in der Form von literar- und redaktionskritischen Analysen zu einzelnen Texten, von Diskussionen genereller Entwürfe (z. B. zum Urdeuteromium und verschiedenen dtr. Fortschreibungen oder zur Problematik eines DtrG), textexternen Bearbeitungen traditioneller Stoffe (so zum Saulbild in der Chronik) sowie rezeptionsgeschichtlichen Prozessen in Judentum, Christentum und in der Musik und Literatur des 20. Jh.s. Wie nicht anders zu erwarten, liegen hier originelle und interessante Einzelstudien vor, die jedoch wegen des begrenzten Umfangs einer Kurzanzeige an dieser Stelle nicht einzeln gewürdigt werden können. Deshalb sei hier nur explizit auf die Beiträge verwiesen, in denen sich die Autoren direkt auf das Werk des Jubilars beziehen. Urmas Nõmmik greift die Diskussion um den Jahwisten wieder auf und zeigt, wie Christoph Levins These (Der Jahwist, FRLANT 157, Göttingen 1993) ihn für seine Habilitationsschrift, in welcher er die Nähe von J-Texten zur höfischen Tradition aufweist, inspiriert hat (1–13). Reinhard Kratz wiederum bietet eine luzide Auseinandersetzung mit Noths These eines DtrG bzw. deren späteren Modifikationen (117–151), und Konrad Schmid würdigt Levins Dissertation »Die Verheißung des Neuen Bundes in ihrem theologiegeschichtlichen Zusammenhang ausgelegt« (FRLANT 137, Göttingen 1985) als einen »Meilenstein für die Jeremiaforschung« (245.237–245). Schließlich unterzieht Juha Pakkala das Levinsche Fortschreibungsmodell, das häufig mit sehr kleinteiligen Elementen rechnet, einer methodischen Evaluation (497–508).
Der Anhang enthält die Bibliographie des Jubilars (mehr als zehn kleingedruckte Seiten!) sowie ein Stellen- und Autorenre-gister.
Der Band zeigt eindrücklich, in welch großen internationalen Kreis von Forschenden und in welch dynamische Interpretationsprozesse der Jubilar eingebunden ist. Gerne schließt man sich der Gratulantenschar an: Ad multos annos!