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Ausgabe:

September/2021

Spalte:

799–800

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

[Blum, Erhard]

Titel/Untertitel:

Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel. Erhard Blum zum siebzigsten Geburtstag. Hgg. v. J. J. Krause, W. Oswald u. K. Weingart, unter Mitarbeit v. M. Rahn-Kächele u. D. Zecha.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2020. X, 628 S. = Forschungen zum Alten Testament, 136. Lw. EUR 199,00. ISBN 9783161563843.

Rezensent:

B. E.

Zu dieser Festschrift für Erhard Blum, der durch seine Arbeiten im Bereich der Pentateuchkritik zu den profiliertesten Vertretern der alttestamentlichen Wissenschaft in Deutschland der letzten Jahrzehnte gehört, haben über 30 Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland beigetragen; eine detaillierte Aufzählung aller Mitwirkenden würde somit den Rahmen einer Kurzanzeige sprengen. Da das Motto »Eigensinn und Entstehung der Hebräischen Bibel« sehr allgemein gehalten ist (letztlich besteht das Ziel der historisch-kritischen Methode ja generell darin, nach dem »Eigensinn« der Texte zu fragen und ihre diachrone Dimension offen-zulegen), verwundert es nicht, dass hier ein breites Spektrum von einzelnen Beiträgen geboten wird, die relativ unvermittelt nebeneinander stehen. Die Aufsätze beziehen sich sowohl auf Überlieferungen aus dem Pentateuch (Flutgeschichte, Gen 17, Gen 23, Gen 28, Josephsgeschichte, Dekalog, zur Konstituierung des Pentateuch durch K D, Lev 19,11–18 sowie zu den Traditionen um Gilead im Krieg gegen Sihon und Og), den Vorderen Propheten (zum DtrG, Überlegungen zu einer nordisraelitischen Landnahmetradition, Altarbau in Jos 22,9–34, Hannas Lobgesang, Ladeerzählung, Schreibertraditionen und biblische Geschichtsschreibung, Darstellung Davids in 1–2 Samuel, Motiv der Kulthöhen Jerobeams, Kulteinheitsforderung in DtrG), den Hinteren Propheten (Gerichtspräsenz in Jes 6, Jes 7,1–17, Entstehung des Jeremiabuches, Am 5,19) als auch auf die Schriften (Topos der »verkehrten Welt« in Prov 30,21–23 und 1 Sam 2,4–8, Ethos der Hingabe im Buch Rut, Heiligkeit in Chr). Weitere Aufsätze zu historischen Fragen im weitesten Sinn (Gen 2,21–23 und experimentelle Archäologie weiblicher Figurinen; Tarsisch), zu linguistischen Themen (syndetische Verbpaare im selben Stichus; Verbalsystem des klassischen biblischen Hebräisch) sowie zu hermeneutischen Fragen (Hermeneutik des AT im Kontext der pfarramtlichen Ausbildung und Praxis; systematische und philosophische Überlegungen zur Intentio auctoris; zur Auslegung des Endtexts) beschließen den Band.
Einige wenige Arbeiten setzen sich auch direkt und ausführlich mit Arbeiten des Jubilars auseinander. So bringt Konrad Schmid die Blumsche Frühdatierung der Josefsgeschichte mit Positionen ins Gespräch, die diese Überlieferung in der Perserzeit situieren (»Die Datierung der Josephsgeschichte. Ein Gespräch mit Erhard Blum und Kristin Weingart«, 99–110). Rainer Albertz diskutiert die Blumsche These einer KD-Komposition in ihrer Version von 1990 und macht diese für sein Pentateuchkritik-Modell fruchtbar (»Die erstmalige Konstituierung des Pentateuch durch die spät-deutero-nomische Redaktionsschicht [KD bzw. D]«, 129–146). Reinhard G. Kratz argumentiert gegen die Annahme eines DtrG, das eine enge Zusammengehörigkeit von Dtn und Jos voraussetzt (»Schittim. Eine narrative Verbindung zwischen Numeri und Josua«, 181–210). Matthias Köckert wiederum knüpft an die Blumsche Literarkritik zu Gen 28 an, die lediglich die Vision der Gottheit auf der Rampe, aber nicht die verheißende Gottesrede noch das Gelübde dem ur­sprünglichen Text zurechnen; er zeigt, dass das Traumbild mesopotamische Tempeltraditionen aufnimmt, und plädiert für eine Datierung ins 8. Jh. (»Die Traumerzählung Gen 28 im Licht orien talischer Tempeltheologie und Tempelbaunachrichten«, 77–98). Helmut Utzschneider schließlich führt die Diskussion um die Frage einer Interpretation des Endtextes weiter (»Lässt sich der ›Endtext‹ sachgemäß auslegen – und wenn ja, welcher? Ein Gespräch mit Erhard Blum samt einer Auslegung von Exodus 19,20–25«; 589–608). Möge die höchst interessante und anregende Sammlung mit einer Vielzahl von gewichtigen Beiträgen, die geradezu ein Panoptikum der aktuellen alttestamentlichen Forschung darstellt, so­wohl den Jubilar erfreuen als auch die wissenschaftliche Diskussion vorantreiben.