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Ausgabe:

Mai/2021

Spalte:

388–390

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Davies, Vanessa

Titel/Untertitel:

Peace in Ancient Egypt.

Verlag:

Leiden u. a.: Brill 2018. XV, 211 S. m. 17 Abb. = Harvard Egyptological Studies, 5. Geb. EUR 160,00. ISBN 9789004380219.

Rezensent:

Uroš Mati

Die hier besprochene Publikation geht auf die Chicagoer Dissertation (2010) von Vanessa Davies zurück, die sich mit dem Konzept des Friedens im alten Ägypten befasst. Die Einleitung führt in den theoretischen und methodischen Hintergrund der Arbeit ein. Als Ausgangspunkt wählte D. den zwischen Ramses II. und dem hethitischen König Ḫattušili III. geschlossenen Friedensvertrag. Sie be­tont, dass monumentale ägyptische Texte und Kunst oft Frieden mit Gewalt verbänden und dass das Friedensverständnis in ägyp-tischen Quellen aus der Perspektive der Elite komme (1–2).
Es gibt mehrere Wörter in der ägyptischen Sprache, die wir mit dem Wort Frieden übersetzen. D. setzt sich hierbei mit dem Wort ḥtp auseinander. Frieden sei nicht die einzige Bedeutung dieses Wortes, sondern es konnotiere auch Zufriedenheit, Ruhe, Opfer und, in verbaler Form, den Zustand, zufrieden zu sein (4). Sie stützt sich auf das von John Baines entwickelte Konzept des Dekorums (6). Das Dekorum bestimmt, was in welchem Kontext wann ge-schrieben und dargestellt werden darf. Für D. spielt die Frage des Publikums eine wichtige Rolle und sie argumentiert, dass die Gottheiten das Hauptpublikum monumentaler Texte und Bilder ge-wesen seien (13). D. analysiert das Konzept von ḥtp vor dem Hintergrund der Beziehung dieses Wortes zu seinem textlichen und künstlerischen Kontext (16). Sie argumentiert, dass der Friedensvertrag zwischen Ramses II. und Ḫattušili III. durch Überset-zung vom Akkadischen ins Ägyptische, nach ägyptischer Weltanschauung und für das ägyptische Publikum angepasst worden sei (17–18).
Das erste Kapitel beginnt mit dem Friedensvertrag. Ihr Argument ist, dass der Friedensvertrag unterzeichnet wurde, weil er den Interessen beider Seiten gedient hätte. Ḫattušili III. usurpierte den hethitischen Thron, wobei Ramses II. durch den Abschluss des Vertrags Ḫattušilis Herrschaft und die seiner Erben legitimiert hätte (27). Nach Zusammenfassung der Erklärungen anderer Autoren schreibt D. jedoch, dass das Interesse der Ägypter in der abstrakten Bedeutung von ḥtp gelegen hätte (28). Nach Erklärung der hieroglyphischen Schreibung für ḥtp (31–33) springt D. zurück zum Friedensvertrag (33–36).
Das zweite Kapitel befasst sich mit Gewalt und ḥtp. D. betont, dass der Pharao dabei mit Göttinnen wie Bastet und Sekhmet verbunden gewesen sei (44–49). D. argumentiert, dass die Ausländer Opfergaben gäben, um den Pharao zu beruhigen, genauso wie Ägypter der Göttin Opfergaben gäben, um sie ḥtp zu machen (56).
Das dritte Kapitel entfernt sich vom Bereich des Krieges und der Gewalt und führt zum Bereich der Opfergaben. Hier diskutiert D. Opfergaben für die Toten und ihre textlichen und visuellen Darstellungen zusammen mit archäologischen Beweisen (59–64). Sie bespricht auch die Opfergaben, die der König den Gottheiten gibt, und andere Möglichkeiten, die Gottheiten ḥtp zu machen, zum Beispiel durch den Bau von Tempeln oder die Organisation von Festivals (69). Gottheiten könnten ḥtp dem König geben, zum Beispiel durch jährliche Überschwemmungen (72). ḥtp könnte auch durch Beilegung von Streitigkeiten gebracht werden (73).
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Beziehung zwischen ḥtp und m3c.t und erklärt ḥtp als Aktion in Übereinstimmung mit m3c.t (82). ḥtp-Opfergaben zu geben und zu verursachen bedeutete, einen abstrakten ḥtp zu geben und zu verursachen. Eine Empfängerin/ ein Empfänger sei ḥtp, wenn eine Aktion gerecht oder korrekt ist, wie zum Beispiel sogar eine mündliche Rezitation der Opferformel in einem Grabkontext (90).
Das fünfte Kapitel setzt die Diskussion aus dem vorigen Kapitel fort, konzentriert auf die Opferszene. D. argumentiert, dass der Hauptzweck der funäreren Kunst darin bestehe, Leben in das Grab zu ziehen, um Rituale für die Toten durchzuführen (103).
Das sechste Kapitel befasst sich mit der Beziehung zwischen ḥtp und dem Lebenshauch. D. kehrt hier zum Thema Krieg und Gewalt zurück. Wenn Ausländer nicht gemäß m3c.t handeln, reagiere der König mit Gewalt, um die Störung zu beheben und so ḥtp zu verursachen. Wenn Ausländer nach m3c.t handeln, gebe der König ih­nen den Lebenshauch (128). Eine solche Beziehung zu den Fremden setze den Pharao in beherrschende Stellung (132).
Das siebte Kapitel behandelt die einseitige Sichtweise ägyptischer Quellen (141). D. diskutiert die Autobiographie von Harkhuf, die Geschichte von Sinuhe und den Friedensvertrag zwischen Ramses II. und Ḫattušili III. Sie rekonstruiert ein Netzwerk von Interaktionen, die ḥtp bringen (159). Ausländer führten nicht dazu, dass Gottheiten und nichtkönigliche Ägypter ḥtp sind. Sie schließt mit einem Hinweis auf die untergeordnete Position von Ḫattušili III. im Friedensvertrag, da er als Petent von ḥtp auftrete (160).
Das achte Kapitel kommt wieder auf den Friedensvertrag zu­rück. Hier spricht D. auch über die Ernährung der Toten in der Unterwelt und warum sie darauf bestehen, dass sie nicht von ihren eigenen Exkrementen leben sollten. Dies liegt daran, dass eine solche Ernährung keine ḥtp -Beziehung zu anderen erfordere (182). Im Anhang diskutiert sie einige ungewöhnliche Bedeutungen von ḥtp. Leider endet das Buch abrupt ohne klare Schlussfolgerung oder Zusammenfassung der Hauptergebnisse.
Als Fazit ist festzuhalten: Dieses Buch ist ein erster Versuch, das Konzept des Friedens (ḥtp) im alten Ägypten aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren. Die untersuchten Quellen sind zahlreich, jedoch wären einige Kapitel und die Hauptidee leichter zu verfolgen gewesen, wenn sie besser und mit weniger Wiederholungen organisiert worden wären. Dennoch ist das Buch von D. eine wichtige Studie, insbesondere, weil sie Frieden in den Kontext von Gewalt und Religion stellt.