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Ausgabe:

März/2021

Spalte:

145-147

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Escolano-Poveda, Marina

Titel/Untertitel:

The Egyptian Priests of the Graeco-Roman Period. An Analysis on the Basis of the Egyptian and Graeco-Roman Literary and Paraliterary Sources.

Verlag:

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2020. XIII, 395 S. = Studien zur spätägyptischen Religion, 29. Geb. EUR 98,00. ISBN 9783447114257.

Rezensent:

Stefan Bojowald

Die Publikation bietet die revidierte Fassung der Doktorarbeit von Marina Escolano-Poveda dar, die 2017 an der Johns Hopkins University verteidigt wurde. Die Studie setzt sich mit schriftlichen Zeugnissen für Priester im griechisch-römischen Ägypten und deren Rezeption auseinander. Der Inhalt ist folgendermaßen aufgebaut:
Kapitel 1 dient als Einführung. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den ägyptischen Priestern fing bereits im Jahr 1768 an (3).
Kapitel 2 ist Priestern in demotischen Erzählungen gewidmet. Im »Kampf um die Pfründe des Amun« kommen fünf Priestertypen vor, unter denen der Priester des Horus von Pe in Buto am wichtigsten ist (15). Der im Text anonym gelassene Priester lässt sich vielleicht als göttliche/halbgöttliche Person bestimmen (20). Der Peteisis in der »Geschichte des Peteisis« kann vielleicht mit dem Peteisis in der Einleitung des astrologischen Traktates in P. CtYBR inv. 422 vo und P. Lund inv. 2058 vo identifiziert werden (29). Die Kinderlosigkeit der Frau eines Priesters in einer demotischen Kurzgeschichte weist Parallelen zur Chariklesepisode des Heliodor auf (42). In der Rahmenerzählung des Anchsheshonqy marschieren mehrere Pries-ter auf (47). Der P. Carlsberg 207 ragt unter den Setnageschichten mit besonders vielen priesterlichen Charakteren hervor (48). Das zentralste Merkmal des Setna stellt dessen Eigenschaft als Magier dar (50). Das Lachen des alten Priesters in Setna I und des Si-Osiris in Setna II hängt wohl mit der Offenbarung von Informationen zusammen (59–60). In »Eine neue demotische Erzählung« ist der einzige Hinweis für einen Priester mit astronomischen Spezialkenntnissen in der demotischen Literatur zu finden (80).
Kapitel 3 nimmt die Priester in der graeco-ägyptischen Literatur in den Blick. Im griechischen Alexanderroman taucht Nectanebo als ägyptischer Prophet mit magischen Fähigkeiten auf (88). Das gleiche Buch schreibt ihm astronomisches/astrologisches Wissen zu (89). Die Schrift »Aigyptiaka« des ägyptischen Priesters Manetho liegt in Zitaten bei Flavius Josephus, Sextus Julius Afrikanus, Eusebius und Georgios Synkelos vor (92). Der einzige ptolemäerzeitliche Beleg für Manetho stammt aus P. Hibeh 1 72 (93). Die Bezeichnung des ägyptischen Priesters Chaeremon als Philosoph zieht besonderes Interesse auf sich (105). Der erste Alchemist mit bekannten biographischen Daten wird durch Zosimos von Panopolis gebildet (140). Die Autoren der technischen und philosophischen Hermetica sind im ägyptischen Priestermilieu zu suchen (153).
Kapitel 4 befasst sich mit ägyptischen Priestern in der graeco-römischen Literatur. Die Priesterwürde des Kalisiris in der »Aithiopika« des Heliodor drückt sich durch ein hohes Alter und griechische Erziehung aus (163–165). Die Vertrautheit mit Büchern wurde ebenso zur Sprache gebracht (171). Die Charakterisierung der beiden ägyptischen Weisheitstypen durch Kalasiris steht der Kritik der schlechten Theurgisten bei Iamblich nahe (176). Die Vorstellung des Priesters Pankrates mit geschorenem Kopf und Leinengewändern im Dialog »Philopseudes« des Lucian von Samosata entspricht dem Standard in der griechischen Literatur seit Herodot (183). Der Priester Zatchlas in den »Metamorphosen« des Apuleius sticht durch sein junges Alter hervor (190). Der Prolog zu einem astrobotanischen Traktat des Thessalos hebt das intellektuelle Niveau, den hohen Rang und das hohe Alter der ägyptischen Priester hervor (206). Die dortige Funktion des Priesters als Medium zwischen Schüler und Gottheit ist besonders zu erwähnen (206). Der Priester Harnuphis bei Cassius Dio, der die römischen Truppen unter Mark Aurel in der Quadenschlacht durch ein Regenwunder rettete, kehrt vielleicht als Arnuphis in einer Altarinschrift aus Aquilea wieder (212). Die Distanzierung vom zeitgenössischen Vorwurf der Magie spielt in der Schrift »De mysteriis« des Iamblich eine wichtige Rolle (234).
Kapitel 5 wird als Zusammenfassung der Ergebnisse der vorherigen Kapitel gebraucht, wobei das sechste Kapitel von Dielemanns Buch »Priests, Tongues, and Rites« (2005) als Vergleich bemüht wird. Die demotische Literatur räumt ägyptischen Priesterinnen keinen großen Platz ein (239). Die ägyptischen Priester nehmen dort eine hohe gesellschaftliche Stellung ein (240). Die ägyptischen Priester führten dabei oft ein Familienleben mit Ehefrauen und Kindern (241). Die graeco-ägyptische und graeco-römische Literatur misst ägyptischen Priestern ebenfalls einen hohen sozialen Status bei (254). Das Opus von Dielemann greift auf eine sehr viel schmalere Materialbasis zurück (261).
Kapitel 6 geht der Frage nach der römischen Ägyptenpolitik und dem möglichen Verfall der Tempel nach. Die Vorstellung von der harten Linie Roms gegenüber den ägyptischen Tempeln muss wohl aufgegeben werden (291).
Kapitel 7 beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Priestern und Magie. Die griechisch-ägyptischen magischen Papyri markieren keinen Bruch zur früheren rituellen Tradition (300). Die angebliche Dezentralisierung des Kultes hat es wohl so nie gegeben (300).
Kapitel 8 bezieht das Modell der »Stereotype Appropriation« in die Diskussion ein. Im 3. Jh. n. Chr. eigneten sich griechische Philosophen die Identität als ägyptische Priester an (314). Die griechisch-römische Literatur lehnt sich bei der Porträtierung der ägyptischen Priester an uralte Schemata an (316).
Kapitel 9 ist für die komplette Zusammenfassung vorgesehen. Am Ende des Buches stehen Bibliographie (341–373) und Index (375–395).
Der Band hinterlässt einen soliden Eindruck. Die große Informationsfülle der Arbeit ist besonders lobend zu erwähnen, auch wenn die Bedeutung mancher Details leicht überbewertet wird wie z. B. der Gebrauch des Wortes »itn« »Boden« in Setna II 3.19 und in der »Geschichte des Peteisis« (51).