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Ausgabe:

April/2000

Spalte:

407 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Ruck-Schröder, Adelheid

Titel/Untertitel:

Der Name Gottes und der Name Jesu. Eine neutestamentliche Studie.

Verlag:

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 1999. XVI, 304 S. gr. 8 = Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament, 80. Geb. DM 98,-. ISBN 3-7887-1706-8.

Rezensent:

René Kieffer

Die Vfn. bietet eine überarbeitete und gekürzte Fassung ihrer 1997/98 angenommenen Dissertation an. Neutestamentler können ihr dankbar sein für die klare Bearbeitung eines zentralen Themas der neutestamentlichen Theologie.

Wie der erste Teil über die Forschungsgeschichte zeigt, sind bis jetzt nur Teilaspekte über den Namen Gottes und den Namen Jesu im Neuen Testament veröffentlicht worden, besonders Monographien und Aufsätze aus der Zeit um die Jahrhundertwende. In der Nachfolge von Hans Bietenhards Beitrag im Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament werden hier alle neutestamentlichen Texte befragt, aber natürlich gründlicher als dies in einem Wörterbuch möglich war.

Die Forschungsgeschichte wird übersichtlich und zuverlässig dargestellt. Der Streit um die Jahrhundertwende galt dem Ausdruck "im Namen". Die Debatte wurde von der damals weithin vorherrschenden Annahme der Existenz spezifisch neutestamentlicher Wörter beeinflusst. Man meinte, die Wendung Âå Ùe ùÓÔÌ wäre erst über das Christentum in die griechische Sprache gelangt.

Wilhelm Brandt hatte 1891 das rabbinische lschm und Julius Boehmer 1898 das hebräische bschm zur Erklärung der neutestamentlichen Formeln mit onoma (eis to onoma; en/epi to onomati) herangezogen. Aufgrund der neuentdeckten ägyptischen und kleinasiatischen Papyri und Inschriften machten Adolf Deissmann und besonders Wilhelm Heitmüller auf den griechischen Ursprung der onoma-Formeln im Neuen Testament aufmerksam.

Die Vfn. beschreibt ausführlich den Streit um den hebräischen, aramäischen oder griechischen Ursprung der Taufformeln, in dem Christen das Alte Testament gern als magisch-verunreinigt beschrieben, und jüdische Forscher wie Ernest L. Jacob umgekehrt das Neue Testament auf dem Hintergrund von Zauberformeln beleuchteten. Typisch für die Neuzeit ist die Aussage von Otto Kuss: "Es ist nicht von entscheidender Bedeutung, ob man die Formel eis to onoma aus dem griechischen ... oder aus dem semitischen ... Sprachgebrauch ableitet" (zitiert auf 59), da die inhaltlichen Erklärungen durchaus einander ähneln können: "Zueignung an Christus" oder "auf das Konto Jesu übertragen". Lars Hartman meint, die onoma-Formel gäbe die grundlegende Beziehung des Taufritus an.

Nach dieser Übersicht beschreibt die Autorin ihr eigenes Anliegen: die Texte - wie bereits Jacob - in ihrem Kontext zu beleuchten. Dabei vermeidet sie die Kategorie "Magie" und will eher die Begriffe der Kraft (dynamis) und des Geistes (pneuma) heranziehen. Sie unterstreicht mit Adam Simon van der Woude und Rüdiger Liwak den Kennzeichnungscharakter eines Namens. Mit Oskar Grether will sie "den Zusammenhang zwischen dem onoma tu theu und dem onoma Jesu in den neutestamentlichen Namensaussagen vor dem Hintergrund jeweils relevanter alttestamentlicher Namensaussagen" suchen (62). Eine wichtige Frage für die Vfn. ist: "Wahrt das Neue Testament die Einzigkeit Gottes, wenn es den Namensbegriff auch auf Jesus bezieht?" (62). Die Ausführungen im zweiten Teil bejahen diese Frage.

Die Exegese der neutestamentlichen Stellen folgt einem modifizierten chronologischen Plan: Die paulinischen Briefe, die deuteropaulinischen Briefe, die synoptische Tradition, Matthäusevangelium, Lukasevangelium und Apostelgeschichte, Johannesevangelium, Johannesbriefe, Hebräerbrief, die Katholischen Briefe, Offenbarung des Johannes.

In den einzelnen Untersuchungen werden die Texte mit Hilfe neuerer Literatur untersucht. Die französische Literatur wird nur spärlich verwendet. Die Textmenge erlaubt es nicht, alles gründlich zu beleuchten. Natürlich vermisst jeder Neutestamentler hier Aspekte, die nicht untersucht werden. Ich hätte aber z. B. ein Studium der Apostelgeschichte auf dem Hintergrund der Magie, die Lukas gut kennt und bekämpft, erwartet. Für die Evangelien hätte eine narrative Methode die Konzentration auf die Christustitel nuanciert. Die Analyse des Johannesevangeliums hätte die Formeln "in meinem Namen" und "im Namen des Vaters" in Joh 13-17 schärfer profilieren können. In der Behandlung des Hebräerbriefes vermisse ich jede Bezugnahme zu Walter Übelackers Studie über Hebr 1:4.

Im Großen und Ganzen kann man jedoch sagen, dass das Buch die neutestamentliche Theologie in christologischer, ekklesiologischer und eschatologischer Hinsicht bereichert. Die Autorin bemüht sich um eine durchdachte Exegese, die extreme Positionen vermeidet. Die Textanalyse ist in ihren wichtigsten Stellungnahmen zuverlässig, zudem übersichtlich und mit guten Zusammenfassungen dargeboten.