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Ausgabe:

März/2000

Spalte:

289–291

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Neirynck, F., Verheyden, J., and R. Corstjens

Titel/Untertitel:

The Gospel of Matthew and the Sayings Source Q. A cumulative Bibliography 1950-1995. Vol I and II.

Verlag:

Leuven: Leuven University Press. Leuven: Peeters 1998. VI, 1000 S. u. 420 S. gr.8 = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 140 A und B. Kart. Zus. BEF 3800. ISBN 90-6186-933-1 u. 90-429-0715-0.

Rezensent:

Ulrich Luz

Die beiden Bände sind eine Fortsetzung der 1992 erschienenen Bibliographie der Literatur über das Markusevangelium.1 Sie umfassen den Zeitraum von 1950-1995 und sind nach den selben bewährten Prinzipien angelegt: Der erste, umfangreichere Band enthält ein vollständiges Verzeichnis der Titel, alphabetisch nach Verfassern geordnet. Der zweite, kürzere, enthält Register. Am wichtigsten ist natürlich für Exegeten und Exegetinnen das nach Bibelstellen geordnete Register. Wichtig ist aber auch das Sachregister: Es ist sehr sorgfältig aufgeschlüsselt und enthält nicht nur die Literatur zu Textzeugen, Einleitungsfragen und theologischen Fragen, sondern auch zur patristischen Rezeption des matthäischen Textes, zu den griechischen Vorzugsvokabeln der matthäischen Sprache und zu wichtigen Matthäusauslegern bis zum 20. Jh. Zur Logienquelle gibt es separate Indices.

Drei Bemerkungen des Rezensenten sind am Platz:

1. Ein solches Opus kann man kaum kritisieren, sondern man kann nur dafür danken. Jeder Kundige weiß, dass solche Bände, wenn sie aus der Werkstatt von Frans Neirynck und seiner Mitarbeiter stammen, schlechthin vollkommen sind. Allen, die sich in der Zukunft durch den Urwald der Sekundärliteratur über Matthäus und Q durcharbeiten wollen, steht hier eine "Landkarte" zur Verfügung, die sie dankbar gebrauchen werden, um sich durch den - was den hier erfassten Zeitabschnitt 1950-1995 betrifft - dichtesten Teil des Dschungels der Sekundärliteratur zu Mt und Q durchzufinden.

2. Das Verzeichnis der Titel im ersten Band umfasst genau eintausend Seiten. Auf jeder Seite haben durchschnittlich 14,5 Eintragungen Platz. Das heißt also, dass in 45 Jahren etwa 14.500 (vierzehntausendfünfhundert!) Bücher oder Aufsätze zum Matthäusevangelium und zur Logienquelle geschrieben worden sind. Ich bin heilfroh, dass ich nicht alle gelesen habe! Wie soll das weitergehen? Wie ist innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin noch Kommunikation möglich, wenn alles das, was geschrieben wurde, auch rezipiert werden soll? Wie ist innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin noch Kreativität möglich, wenn innerhalb von 45 Jahren pro Nestlezeile über fünf Bücher oder Aufsätze geschrieben werden? Die Situation ist absurd. In dieser Überproduktion liegt m. E. ein Hauptgrund der Langweiligkeit des größten Teils dessen, was in unserer Disziplin geschrieben wird.

3. Ich habe sechzig zufällig herausgegriffene Seiten (je 20 aus den Buchstaben B-C, G und K-L) auf die Sprachen hin durchgesehen, in denen die Bücher und Artikel publiziert worden sind. Ergebnis: 354 englisch, 240 deutsch, 112 italienisch, spanisch oder portugiesisch, 95 französisch, 32 polnisch, 17 holländisch oder flämisch, 10 in skandinavischen Sprachen, 4 lateinisch, wenige in anderen Sprachen, darunter japanisch oder neugriechisch. Gewiss ist das nicht repräsentativ, und gewiss haben sich innerhalb der letzten 45 Jahre auch einige Umschichtungen (vor allem wohl zugunsten des Englischen) ergeben. Dennoch gibt der Befund zu drei Feststellungen Anlass:

1. Unsere Disziplin ist offenbar noch weit entfernt von einer eindeutigen Dominanz des Englischen als alleiniger Wissenschaftssprache. Zum Glück für sie! Jede hermeneutisch ausgerichtete Disziplin ist m. E. auf Multisprachlichkeit und Multikulturalität angewiesen.

2. Kolleginnen und Kollegen: Lernt Spanisch oder Italienisch! Sonst verpasst Ihr vieles, auch sehr Wichtiges von dem, was sich in unserer Disziplin tut!

3. Ist denn eigentlich in Sprachen wie Russisch, Ivrit, Rumänisch, Serbisch, Chinesisch, Ungarisch, Lettisch, Koreanisch, Arabisch, Hindi etc. nichts Nennenswertes zum Neuen Testament geschrieben worden? Hier erhebt sich doch eine kleine Frage, nicht in erster Linie an Frans Neirynck und seine Mitar beiter, sondern an die Rezeptionsmöglichkeiten in unserer Disziplin. In irgend einem wissenschaftlichen Organ, z. B. in der IZBG oder den New Testament Abstracts, müsste m. E. eine spezielle Abteilung geschaffen werden, in der Publikationen in für "Normalverbraucher" unzugänglichen Sprachen erfasst und relativ ausführlich zusammengefasst werden.

Fussnoten:

1) F. Neirynck, Verheyden, J., Segbroeck, F. van, Oyen, G. van, and R. Corstjens: The Gospel of Mark. A Cumulative Bibliography 1950-1990, Collectanea Biblica et Religiosa Antiqua III, BEThL 102, 1992.